Imperator 01 - Die Tore von Rom
sich aufzustehen.
»Was soll ich denn schon groß machen? Ich werde einfach in mein Gewand schlüpfen und zum Tor laufen! Noch zwei Stunden bis Tagesanbruch klingt für mich sehr verlockend.«
»Du kannst dich waschen und frühstücken«, sagte Marcus mit hellwachen Augen.
»Ich habe mich gestern gewaschen, und vor Mittag esse ich nie viel. Verschwinde.«
Marcus ließ ihn liegen und schloss sich den anderen an, die ein wenig Brot mit Honig zu sich nahmen und es mit heißem, gewürztem Wein hinunterspülten, der ihnen den Magen wärmte. Sie hatten kein Wort über die Geschehnisse der vergangenen Nacht verloren, und beide spürten deutlich eine leise Spannung, die zwischen ihnen lag, und ein Schweigen in den Augenblicken, die sie normalerweise mit Plaudereien gefüllt hätten.
Schließlich holte Gaius tief Luft.
»Wenn sie dich mag, halte ich mich eben raus«, sagte er und betonte jedes Wort sehr deutlich.
»Sehr anständig von dir«, erwiderte Marcus lächelnd. Er trank seinen Becher heißen Wein aus und verließ das Zimmer, wobei er sich mit einer Hand die Haare glatt strich.
Tubruk betrachtete Gaius’ Miene und stieß ein bellendes Lachen aus, ehe er Marcus folgte.
Marius, der frisch und ausgeruht aussah, trat unter dem Poltern eisenbeschlagener Sandalen auf Stein in die Gartenräume. In seiner Legatenuniform wirkte er noch größer, eine imponierende Erscheinung. Marcus merkte, wie er im Gang des anderen nach Schwächen suchte, so wie er jeden Gegner zu beobachten gelernt hatte. Hielt er eine Schulter nach einer alten Verletzung etwas tiefer, oder schonte er ein etwas schwächeres Knie? Da war nichts. Hier war ein Mann, der dem Tode nie nahe gewesen war, der nie die Verzweiflung kennen gelernt hatte. Obwohl … er hatte keine Kinder. Seine einzige Schwäche. Marcus fragte sich, ob wohl Marius oder seine Frau unfruchtbar war. Die Götter waren bekannt für ihre Launen, doch dass einem Mann so viel gegeben wurde, ohne die Möglichkeit, es weiterzureichen, war ein schlechter Scherz. Marius trug einen Brustpanzer aus Bronze und einen langen roten Umhang über den Schultern. Er hatte den einfachen Gladius eines Legionärs umgeschnallt, obwohl Marcus der silberne Griff auffiel, der ihn von gewöhnlichen Schwertern unterschied. Seine braunen Beine unter dem Lederrock waren größtenteils nackt. Er bewegte sich gut, ungewöhnlich gut für einen Mann seines Alters. Seine Augen funkelten kaum wahrnehmbar vor Aufregung und Erwartung.
»Es freut mich, dass ihr schon alle auf seid. Willst du mit meinen Männern marschieren?« Seine Stimme klang tief und ruhig, ohne eine Spur von Nervosität.
Gaius lächelte und freute sich, nicht fragen zu müssen.
»Das wollen wir alle. Mit deiner Erlaubnis … Onkel.«
Marius nickte bei diesem Wort mit dem Kopf.
»Natürlich, aber haltet euch im Hintergrund. Dies ist ein gefährliches Morgenvergnügen, ganz egal, wie es ausgeht. Und noch etwas. Du kennst die Stadt nicht, und falls wir getrennt werden, ist dieses Haus vielleicht nicht mehr sicher. Suche Valcinus in den öffentlichen Bädern auf. Sie sind bis zum Mittag geschlossen, aber er wird dich einlassen, wenn du meinen Namen nennst. Seid ihr bereit?«
Marcus, Gaius und Tubruk blickten einander an, wie benommen von dem Tempo der Ereignisse. Wenigstens zwei von ihnen waren zugleich ein wenig aufgeregt. Sie schlossen sich Marius an, der in den Hof hinausmarschierte, wo seine Männer geduldig warteten.
Cabera stieß im letzten Augenblick zu ihnen. Seine Augen blinkten so aufgeweckt wie immer, doch auf Wangen und Kinn zeigten sich weiße Stoppeln. Marcus grinste ihn an, was mit einem finsteren Blick beantwortet wurde. Sie standen fast am Ende des Trupps, und Gaius betrachtete die Mienen der Soldaten um ihn herum. Sie waren alle braun gebrannt, hatten dunkles Haar und trugen rechteckige Schilde an den linken Arm geschnallt. Auf dem Messing der Vorderseite jeden Schilds war das einfache Wappen des Hauses von Marius zu sehen: drei gekreuzte Pfeile. In diesem Augenblick verstand Gaius, was Marius gemeint hatte. Dies hier waren römische Soldaten, die ihre Stadt bis zum Letzten verteidigen würden, ihre Ergebenheit jedoch galt dem Wappen, das sie trugen.
Alle schwiegen, während sie darauf warteten, dass die Flügel des großen Tores aufschwangen. Metella trat aus der Dunkelheit und küsste Marius, der den Kuss leidenschaftlich erwiderte und seiner Frau mit einer Hand ans Gesäß griff. Seine Männer, die seine aufgekratzte
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