Imperator 04 - Die Götter des Krieges
schlossen. Vor lauter Panik brachte er keinen Befehl mehr heraus, um der Bedrohung etwas entgegenzusetzen. Es waren einfach viel zu viele Feinde, und er wusste, dass er sterben würde. Die gallischen Legionen hielten mit geschulterten Speeren inne, und der Gedanke an das kommende Gemetzel ließ die Straßenwachen noch weiter in die Mitte zurückweichen.
Ahenobarbus brüllte seine Rekruten an, stehen zu bleiben. Die Reihen und Glieder waren bis zur Unkenntlichkeit verschoben, bis schließlich nur noch ein Haufen wütender und verstörter Männer im Korn stand. Seneca hatte das Brüllen aufgegeben und sah genauso verloren aus wie alle anderen. In den Handbüchern stand nichts davon, wie man mit einer solchen Situation umging. Keuchend verzog Ahenobarbus das Gesicht zu einer Grimasse und wartete auf den Angriff. Obwohl die Lage völlig hoffnungslos war, hoben viele der Männer um ihn herum trotzig die Schwerter, und ihr Mut im Angesicht der kommenden Niederlage erfüllte ihn mit Stolz.
Ahenobarbus sah Reiter näher kommen. Einerseits war er aufgebracht darüber, dass er solchen Männern gegenübertreten musste. Er mochte ihnen nicht in die Augen schauen und erniedrigt werden, aber alles, was das Gemetzel noch eine Weile hinauszögerte, war mehr als willkommen. Jetzt war jeder einzelne Augenblick kostbar.
Er sah zwei von ihnen ihre Schilde vor den Dritten halten und wusste, dass er den Mann vor sich hatte, der Gallien unterworfen hatte und jetzt ihre eigene Stadt bedrohte. Der Reiter trug keinen Helm, nur eine einfache Rüstung mit einem roten Umhang, der halb unter ihm eingeschlagen war und halb über die Flanken seines Pferdes hing. In einer Menschenmenge wäre er Ahenobarbus womöglich überhaupt nicht aufgefallen, nach den Manövern jedoch, die seine eigenen Straßenwachen ohne auch nur einen einzigen Speer- oder Schwertstreich aufgerieben hatten, erschien er ihm jetzt wie eine Gestalt vom dunklen Fluss, die gekommen war, um ihn zu verhöhnen. Es war leicht, sich das römische Blut vorzustellen, das seinen Mantel beflecken würde.
Ahenobarbus richtete sich auf. »Wenn er näher kommt, Jungs, dann stürmen wir auf meinen Befehl auf ihn zu. Gebt das weiter! Wir können diese Bastarde vielleicht nicht besiegen, aber wenn wir es schaffen, ihren Anführer zu töten, haben wir wenigstens nicht umsonst gelebt.«
Seneca starrte ihn an, und Ahenobarbus starrte so lange zurück, bis der andere den Blick abwandte. Der junge Mann hielt das hier immer noch für eine Art raffiniertes taktisches Spiel, während Rom offen hinter ihnen lag. Aber einige wussten es besser, und Ahenobarbus sah, wie ringsum immer mehr Köpfe nickten. Manchmal konnte man durchaus vergessen, dass das eigene Leben nicht das Wichtigste auf Erden war, dass es Dinge gab, für die es sich zu sterben lohnte. Im Chaos und in der Panik zuvor war Ahenobarbus beinahe bereit gewesen, sich zu ergeben. Jetzt jedoch setzte sein Verstand wieder ein. Das hier war ein Feind, ob es nun Römer waren oder nicht!
Seneca rückte näher, damit die Männer ihn nicht hören konnten. »Herr, wir können jetzt nicht angreifen. Wir müssen uns ergeben«, flüsterte ihm der junge Mann ins Ohr.
Ahenobarbus schaute ihn an und sah nackte Angst in seinem Gesicht. »Geh zurück auf deine Position, mein Junge. Zeig ihnen, dass du deinen Posten hältst. Sobald er nahe genug heran ist, mähen wir ihn nieder.«
Seneca stand der Mund offen. Die finstere Entschlossenheit, die er auf dem Antlitz seines Kommandeurs sah, war ihm schlichtweg unverständlich. So etwas hatte es noch nie zuvor gegeben, und sprachlos und schockiert kehrte er an seine Position zurück.
Ahenobarbus lachte kurz in sich hinein und richtete den Blick wieder auf die grimmig entschlossenen Legionen vor ihm. Nach ihrem perfekten Manöver waren auch sie jetzt stehen geblieben. Widerstrebend musste er ihre Überlegenheit anerkennen. Es war wirklich beeindruckend gewesen, mit anzusehen, wie geschickt sie seine grobschlächtigen Formationen auseinander genommen hatten. Die Reiter sahen aus, als brannten sie darauf, endlich lospreschen zu dürfen, und der Anblick dieser kaltblütigen Mörder ließ ihn erschauern. Auf dem Rücken ihrer Pferde wirkten sie riesengroß, und natürlich kannte Ahenobarbus ihren Ruf genauso gut wie jeder andere, der die Berichte aus Gallien gelesen hatte. Dieser Ruf verlieh dem Feind einen Glanz, den er ihm beim besten Willen nicht abstreiten konnte, und er wollte sich lieber nicht vorstellen, was
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