Imperator 04 - Die Götter des Krieges
auf und davon machen und das alles weit hinter sich lassen.
Zunächst war es ein berauschendes Gefühl gewesen, die Macht zu haben, das alles zu verändern. Alles, was er sich vorzustellen vermochte, konnte umgesetzt und neu erschaffen werden. Es war eine flüchtige Freude gewesen, wie so vieles andere auch. Es verlangte ihn nach etwas, das er nicht recht benennen konnte, und als Generäle mit jungen Gesichtern die Nachricht von Unruhen bei den Parthern gebracht hatten, hatte er sie nicht weggeschickt. Marcus Antonius würde Rom wieder regieren, oder vielleicht Octavian. Er hatte es verdient, der Stadt seinen Stempel aufzudrücken, außerdem brauchte Julius’ Sohn, bis er zum Manne gereift war, einen starken Beschützer. Octavian würde es sein, beschloss Julius und stellte sich bereits sein Gesicht vor, wenn er die Neuigkeit hörte.
Draußen vor der Stadt sammelten sich Legionen junger Männer, um gegen die Parther zu marschieren. Bei dem Gedanken an so viel jugendfrische Hoffnung verflüchtigte sich seine Beklemmung. Sie waren noch nicht zynisch, sie trugen mehr als ein Schwert und einen Schild für Rom, dachte er und tastete nach dieser Vorstellung. Wenn sie in die Welt zogen, nahmen sie die Stadt in destillierter Form mit sich, rein und unverfälscht. Sie half ihnen durch Schmerz und Erschöpfung, sie hielt ihre Disziplin aufrecht, wenn sie den Tod kommen sahen und mit einem Mal wussten, dass er diesmal nicht an ihnen vorübergehen würde. Indem sie ihre Kraft verpfändeten, verlieh jeder von ihnen dem, was er zurückließ, einen besonderen Wert. Sie sagten: »Das ist mein Leben wert.« Und so handelten sie auch. Eine Stadt selbst konnte keinen Wert haben ohne diese jungen Männer, die dort draußen auf dem Campus standen.
Julius erinnerte sich daran, was Brutus hinsichtlich seiner Nase und der Frühlingsluft gesagt hatte, und schritt lächelnd aus. Es stimmte, dass der Gedanke an einen neuerlichen Feldzug sein Blut in Wallung brachte. Seine Zeit in Rom war all das gewesen, was er sich davon erhofft hatte. Von seinen Triumphzügen würde man noch in Generationen sprechen, und der Senat hatte ihm Ehre und Anerkennung gezollt wie keinem Manne Roms vor ihm. Scipio hätte für die Titel, die man ihm verliehen hatte, seinen rechten Arm hergegeben. Marius hätte jeden Augenblick genossen.
Ehe Julius den Fuß des Hügels erreicht hatte, sah er eine einsame Gestalt in einer Toga, die so weiß war, dass sie wie winterlicher Frost aussah. Er runzelte die Stirn, als er sah, dass der Mann auf ihn zukam. Brachten sie denn nichts zuwege, bevor er bei ihnen war? Was gab es wieder für ein neues, dringliches Problem, dass sie ihn in seinen Gedanken stören mussten, noch bevor der Tag begonnen hatte? Als der Mann näher kam und sich kurz verneigte, erkannte er Cassius.
»Cäsar, der Senat kommt heute Morgen im Theater des Pompeius zusammen. Ich habe auf dich gewartet, um es dir mitzuteilen.«
»Warum denn? Was ist geschehen?«, erkundigte sich Julius, dessen Ruhe verflog.
»Die Iden des März fallen mit dem Datum zusammen, an dem Pompeius zum Konsul gewählt wurde, Herr«, antwortete Cassius. »Es ist beschlossen worden, seine Familie auf diese Weise zu ehren. Der Beschluss wurde in deiner Abwesenheit gefasst. Ich fürchtete, er könnte dich nicht rechtzeitig erreichen, deshalb bin ich …«
»Schon gut«, fuhr ihn Julius an. »Ich habe keine Zeit, jede Zeile der Reden zu lesen.«
Cassius verneigte sich abermals, und Julius ließ sich seine Verärgerung über die Störung nicht weiter anmerken. Sie gingen im Gleichschritt nebeneinanderher, überquerten die Straße auf den Trittsteinen und bogen nach rechts zum Kapitol-Hügel ab.
Ohne Vorwarnung blieb Julius plötzlich stehen.
»Herr?«, fragte Cassius.
»Nein, es ist nichts. Ich musste nur an einen alten Mann denken, den ich vor langer Zeit gekannt habe.«
»Ach so, Herr«, erwiderte Cassius automatisch.
»Du schwitzt, Cassius«, stellte Julius fest. »Du solltest öfter zu Fuß gehen, das ist gesund.«
»Es ist nur eine kleine Erkältung, Herr, mehr nicht«, antwortete Cassius und starrte geradeaus.
Das Theater des Pompeius war seit seiner Fertigstellung des Öfteren als zweites Senatsgebäude benutzt worden. Es war sogar groß genug, um die vielen neuen Senatoren aufzunehmen, die Julius seit seiner Rückkehr in die Stadt ernannt hatte. Es war ein ganz eigenes Vergnügen, mit den römischen Senatoren zu Füßen von Pompeius’ Statue zu debattieren. Sie
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