Imperator 04 - Die Götter des Krieges
genommen hatte, Servilia an seinem ersten Tag in Rom zu besuchen, noch bevor die Sonne untergegangen war.
»Ich brauche dich nicht, Domitius«, sagte er, und zu dem Sklaven: »Geh voran!« Er folgte ihm nach draußen und die Haupttreppe des Hauses hinunter. Die Türen standen für ihn offen, und so konnte er direkt in die Kutsche steigen, die draußen wartete.
»Du bist nicht zu mir gekommen«, sagte Servilia eisig, als er sie anlächelte. Im Mondlicht hatte sie schon immer besonders schön ausgesehen. Im Augenblick war er vollends damit zufrieden, ihren Anblick in sich aufzunehmen.
»Genug jetzt davon, Julius«, schnappte sie. »Du hättest zu mir kommen sollen, wie du es versprochen hast. Es gibt viel zu bereden.«
In der behaglichen Enge der Kutsche hörte man, wie ihr Kutscher die Peitsche über das Pferd schnalzen ließ. Das Gefährt rollte über die Pflastersteine davon und ließ die bemalten Römerinnen zurück, die nun ohne den Feldherrn über seine Vorlieben diskutieren mussten.
6
Die sommerliche Morgendämmerung zog sehr früh herauf, und doch war es noch grau und kalt, als Brutus in den öffentlichen Ställen den Kopf in ein Wasserfass tauchte. Prustend kam er wieder hoch und rieb sich energisch Gesicht und Nacken, bis sich die Haut rötete und er sich etwas wacher fühlte. Es war ein Risiko gewesen, die Nacht in der Stadt zu verbringen. Julius hatte die Zeit sicher gut genutzt, um seinen Zugriff auf Rom zu festigen. Bestimmt bewachten seine Männer inzwischen sämtliche Stadttore, und Brutus wusste, dass er sich den Weg hinaus vielleicht irgendwie würde erschleichen müssen. Er hatte schon überlegt, die Rüstung zu verstecken, aber das Pferd trug das Brandzeichen der Legion, und Legionäre zeigten weitaus mehr Interesse für einen Pferdedieb als für einen General auf einem morgendlichen Ausritt.
Er benutzte den Aufsteigeblock, um sich in den Sattel zu schwingen, und das Pferd machte unter dem plötzlichen Gewicht einen Schritt zur Seite. Mit festerem Griff als gewöhnlich nahm Brutus die Zügel auf. Tabbics Gesellschaft war zwar wie Balsam auf eine offene Wunde gewesen, doch er hätte direkt zur Küste reiten sollen.
Mit grimmigem Gesicht warf er einem der Stalljungen eine Münze zu und ritt hinaus auf die Straße. Das nächste Tor war das am Quirinal, doch er lenkte das Pferd lieber in Richtung des Esquilins im Osten. Es war ein Handelstor und wurde selbst zu dieser frühen Stunde bestimmt von zahllosen Kaufleuten und Arbeitern benutzt. Wenn die Götter ein wenig Glück beisteuerten, würden die Wachen dort höchstens einen flüchtigen Blick auf ihn werfen und ihn einfach durchwinken.
Mit steif durchgedrücktem Rücken ritt Brutus durch die Stadt und spürte, wie er den Alkohol der letzten Nacht ausschwitzte. Es fiel ihm schwer, an den Optimismus zurückzudenken, mit dem er mit den anderen zusammen in die Stadt eingeritten war. Allein der Gedanke daran ließ seinen Zorn wieder aufbrodeln. Unbewusst kniff er wütend die Augen zusammen, und die Passanten, die ihm ins Gesicht sahen, senkten erschrocken den Blick, bis er an ihnen vorbei war.
Es gab nur einen Ort auf dieser Welt, wo man ihn willkommen heißen würde, obwohl er ihn seiner Mutter gegenüber eigentlich nur als bitteren Scherz erwähnt hatte. Warum sollte eine alte Freundschaft eine Rolle in seinem Leben spielen? Julius scherte sich doch sowieso nicht darum, so viel zumindest war ihm klar geworden. Niemals würde der Tag kommen, an dem Julius sich an ihn wandte und sagte: »Du bist von Anfang an immer meine rechte Hand gewesen«, und ihm dann ein Land schenkte, einen Thron oder irgendetwas anderes, das seinem Wert wirklich gerecht wurde.
Ungehindert ritt er durch das Esquilin-Tor, mit einer Leichtigkeit, die seine vorherigen Befürchtungen Lügen strafte. Julius hatte also nicht daran gedacht, die Wachen zu verständigen, und Brutus erwiderte deren militärischen Gruß gelassen. Ja, er würde nach Griechenland gehen. Er würde zu Pompeius stoßen und Julius damit zeigen, was er verloren hatte, indem er ihn übergangen hatte.
Mit Rom im Rücken ritt Brutus schnell und rücksichtslos, konzentrierte sich nur noch auf die Anstrengung und die Gefahren des harten Bodens. Der scharfe Ritt wirkte befreiend, wie ein Gegengift gegen die hartnäckig anhaltende Wirkung von Tabbics Wein. Das vertraute Gefühl, im Rhythmus eines Kavalleriekundschafters zu reiten, half ihm anfangs auch, seine Gedanken in Zaum zu halten. Nein, er wollte die
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