Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
gewartet hatte, doch ich schüttelte den Kopf. „Wer weiß, ob das in den Regeln steht…“, witzelte ich, doch dann wurde ich wieder ernst.
„Kennst du das? Dass man sich etwas aus tiefstem Herzen wünscht und irgendwann vergisst, warum das so ist?“ fragte ich, gab das Herumgraben in den Tüten auf, weil ich gerade in ein paar Dessous herumgewühlt und so gar keine Lust hatte, meiner ohnehin schon überschäumenden Fantasie noch mehr Futter zu geben.
Ben nickte. „Ja. Ist mir nicht nur einmal passiert.“
„Ist doch komisch, oder?“
„Nein. Ich finde das ganz normal. Und man lernt dabei was über sich selbst.“
Ich runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“
„Unsere Wünsche und die Art, wie wir damit umgehen, sagen immer was über uns selbst aus“, behauptete Ben.
Jetzt wurde es interessant. Ich kreuzte die Arme vor der Brust und sah ihn auffordernd an. „Erklären!“ befahl ich und er musste lachen.
„Okay, ich versuch’s. Also… es gab da mal diesen Teddybären, der bei uns in der Grundschule total in war und um den jeder, der ihn besaß, beneidet wurde. Ich wollte unbedingt auch so einen. Ich hab gejammert und geheult und dann selbst dafür gespart… Was hab ich gekämpft. Und irgendwann hatte ich ihn dann und war… enttäuscht. Er war toll, weich und kuschelig, aber viel zu groß und sperrig. Der passte gar nicht richtig in mein Bett. Entweder ich lag drin und er fiel raus oder er lag drin und ich fiel raus…“
Ich gab ein leises Lachen von mir und Ben grinste breit. „Na ja, das Ende vom Lied war dann, dass er bei mir nur noch auf dem Schrank saß und ich mich gar nicht mehr richtig für ihn interessierte. Ich hab ihn dann an meinen kleinen Neffen verschenkt, als ich zu alt für Kuscheltiere wurde.“
„Wie traurig“, sagte ich betrübt, doch er schüttelte sofort den Kopf.
„Nein, das war wichtig für mich. Im Grunde ging das alles gar nicht um den Teddy sondern um mich. Ich wollte mir beweisen, dass auch ich es schaffe, ihn zu bekommen, dass ich nicht zu arm oder zu wenig hartnäckig dafür bin, dass ich ihn wert bin, es verdiene, ihn zu haben. Und das konnte ich mir damit beweisen. Ich hab nie wieder andere Kinder um deren Besitztümer beneidet. Ich wusste ja, dass ich sie auch kriegen kann und sie nichts darüber aussagen, wer ich bin.“
Ich lächelte, doch Bens Worte machten mich tief nachdenklich, denn eine Frage tat sich sofort in meinem Verstand auf: War Colin vielleicht mein Super-Teddy? Vielleicht wollte ich ihn nur unbedingt, um mir zu beweisen, dass auch ich einen Kerl wie ihn haben konnte, dass ich genauso sexy und begehrenswert war, wie die Frauen, die er immer abschleppte. Vielleicht wollte ich ihn nur, um mein Selbstbewusstsein aufzuwerten. Was für eine grausame Vorstellung! Und sie ließ mich in einem so unschönen Licht da stehen. Nein. So egoistisch war ich nicht – noch nicht mal im Unterbewussten! Ich wollte Colin, weil… wir gut zusammenpassten. Gut, wir waren sehr verschieden. Das war mir bewusst. Deswegen stritten wir uns des Öfteren und brauchten auch ab und an ein wenig Abstand. Aber das war ja bekanntlich gesund und wichtig für eine Beziehung. Wie hieß es doch so schön: Was sich neckt, das liebt sich. Wir waren halt kein perfektes Paar… eher ein unperfektes. Und das würde auch so bleiben, wenn wir tatsächlich zusammenkamen. Aber es war ja auch nicht so, dass uns nichts verband… Oder?
Was genau verband mich eigentlich mit Colin? Meine beste und längste Freundschaft und eine einseitig anvisierte Partnerschaft. Viele gemeinsame Interessen und Ziele fürs Leben hatten wir nicht, aber wir waren immer füreinander da. Und wir nahmen den anderen so, wie er war und waren von daher in unserem Umgang miteinander angenehm ungehemmt. Gab es noch mehr? Shit! Meine Überlegungen brachten mich ganz durcheinander!
Die Zeit im London Eye musste schneller vergangen sein als angenommen, denn Ben winkte auf einmal und ich sah Colin und Anna von der anderen Seite auf uns zukommen. Während sie über das ganze Gesicht strahlte und sofort von der unglaublichen Aussicht zu schwärmen begann, sah er ziemlich missmutig aus. Ob sie ihn hatte abblitzen lassen?
„Ich will nach Hause, ich glaube, ich werde krank“, sagte Colin in eine Redepause hinein, bekam bei den letzten drei Worten gleich eine ganz krächzende Stimme und fasste sich an die Stirn. Blass war er schon, aber das konnte auch am Licht liegen.
„Ach papperlapapp, jetzt ist Sommer“, sagte
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