Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
allen wichtigen Entscheidungen. Eine so gute, dass irgendetwas mich ebenfalls innehalten ließ, als meine Hand mit dem Penny schon über dem Brunnen schwebte.
War der Wunsch, dass Colin sich in mich verliebte, wirklich derjenige, den ich unbedingt erfüllt haben wollte? Wann genau hatte ich mich eigentlich in ihn verliebt? Diese Fragen tauchten plötzlich in meinem Kopf auf und ich zog meine Hand wieder zurück und trat zur Seite, um anderen Leuten den Vortritt zu lassen. Viele Pärchen wussten später noch ganz genau, wann es bei ihnen das berühmte ‚Klick‘ gemacht hatte, doch ich stellte fest, dass ich über diese Frage noch nie so richtig nachgedacht hatte. Vermutlich hatte das Schicksal aufgrund dieses unverzeihlichen ‚Fauxpas‘ beschlossen, mir und Colin keine Chance auf eine gemeinsame Zukunft einzuräumen. Zumindest keine, die ich als Mrs. O’Kelley verbringen würde.
Also, wann hatte ich mich in ihn verliebt? Wenn ich zurückdachte, war Colin fast mein halbes Leben lang bei mir gewesen. Für ihn geschwärmt hatte ich schon früher – vermutlich auch, weil er (neben Andrew –auch er war erst nur ein guter Freund gewesen, bevor mehr draus geworden war) der einzige Junge und später Mann war, mit dem ich genug Zeit verbrachte, um ihn überhaupt näher zu kennen. Ich hatte nicht sonderlich viele Freunde – eigentlich nur zwei: Colin und eben Anna. Es war nicht so, dass ich sonst niemanden kannte; ich nahm auch nicht gleich Reißaus bei neuen Bekanntschaften, aber eben das blieben die meisten für mich: Bekanntschaften, Leute, mit denen ich ein bisschen Smalltalk machte, wenn ich sie zufällig traf oder Colin sie zu uns einlud. Nicht mehr. Die Auszeichnung ‚Freund‘ vergab ich nur sehr selten.
War es also der pure Vertrautheitsfaktor, der mein Herz bei ihm ab einem bestimmten Zeitpunkt hatte höher schlagen lassen? Hatte ich all seine Schwächen und Stärken oft genug erlebt, um mir ein finales Urteil darüber erlauben zu können, das mich annehmen ließ, es wäre möglich mit uns? Oder gewöhnte man sich vielleicht so sehr an Menschen, dass man diese Gewohnheit irgendwann mit Liebe verwechselte? Was fand ich an Colin? Was hielt ich von ihm?
Er war charmant, witzig, spontan, tierlieb, sah gut aus… doch das waren nicht die wichtigsten Qualitäten eines potentiellen Partners. Er war ein guter Freund und ich konnte mich auf ihn verlassen. Konnte ich das in Hinsicht auf seine Loyalität nur tun, weil ich sein Kumpel war? Immerhin hatte ich oft genug mitbekommen, wie wenig treu er weiblichen Wesen war. Seine Loyalität konnte also nicht der Grund für meine Gefühle für ihn sein. Was dann?
Ich hatte vor kurzem einen Film gesehen, in dem die Hauptdarstellerin immer eine Checkliste mit Dingen hatte, die sie an einem Mann anziehend fand und von der jeder potentielle Partner zumindest ein paar Kriterien erfüllen musste, um interessant für sie zu sein. Ich hatte keine. Höchstens eine eben erstellte, die mir deutlich zeigte, wie wenig er für mich in Frage kam.
Colin hatte in seinen immer mal wieder aufflammenden Bemühungen Emma ‚an den Mann‘ zu bringen wiederholt gefragt, auf was ich stehen würde. ‘Dich, du Idiot‘, hatte ich ja wohl schlecht antworten können, auch wenn er bei einem meiner Versuche, meinen ‚Traummann‘ zu beschreiben gesagt hatte „Also im Grunde mich!“, allerdings lachend und natürlich ohne mich in dieser Hinsicht ernst zu nehmen.
„Wär ja auch noch schöner, wenn ich durch eine doofe Nacht voller besoffener Notgeilheit meinen besten Kumpel poppen und somit meine Freundschaft zu ihm riskieren würde.“ Wie immer hatte er daraufhin meine Haare zerstrubbelt, mir auf die Schulter gehauen und war dann zu einem Date mit einer neuen Bald-Ex-Freundin gegangen. Ich hätte ‚besoffene Notgeilheit‘ gerne genommen.
Night hatte einmal gesagt, dass ich ‚Colin-Emma‘ im Grunde genommen einfach zu wichtig war, ‚sie‘ sich nicht auf der Suche nach dem Einen befand und es doch sehr für ‚sie‘ spräche, dass ‚sie‘ mich nicht als weiteren One-Night-Stand missbrauchte. Und was hatte ich dumme Kuh gemacht? Ja, vielleicht hast du recht geschrieben und mir gleichzeitig melodramatisch vor dem PC die Augen ausgeheult.
Die Münze wanderte in meinen Fingern hin und her und fiel schließlich in eine der Tüten. Toll, Emma. Wenn das mal kein Zeichen war.
„Warte, ich geb dir eine andere“, bot Ben an, der die ganze Zeit geduldig und ohne zu murren
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