Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
Colin.“
Ich unterdrückte einen Seufzer. Colin war das Paradebeispiel des kranken Machos. Seine ganze ‚Lass mich mal machen‘-Mentalität löste sich augenblicklich auf, wenn er sich schlecht fühlte, und alles, in was er dann seinen Elan steckte, war zu jammern, was das Zeug hielt.
„Herzloses Wesen! Du sorgst dich gar nicht um mich!“
Ach ja, und in Vorwürfe.
„Aber ich werde dir auf meinem Sterbebett vergeben.“
Und Übertreibungen.
„Bekomme ich auch deine Fußballbildchensammlung?“ fragte ich, was Ben neben mir zu einem Brauenhochziehen und Colin zu entsetzter Stille veranlasste.
‚Er stirbt‘, formte ich tonlos mit den Lippen und Ben bekreuzigte sich theatralisch, wisperte aber gleich, ob er vielleicht Colins iPhone haben könnte. Ich meine, wie sollte man diesen Kerl denn nicht mögen? Er dachte mit!
„Du, mir geht’s echt schlecht!“ beschwerte sich Colin weiter. „Mache ich auf deine Kosten Witze, wenn du krank bist?“
Machte er nicht. Das war wahr. Ich musste zugeben, dass er ein toller Krankenpfleger war und sich meist rührend um mich kümmerte, wenn ich so schlapp war, dass ich im Bett liegenblieb – was vielleicht alle Jubeljahre mal passierte.
„Nein“, gestand ich ein wenig kleinlaut ein. „Tut mir leid. Aber du kennst mich ja. Nach außen hin ein netter Kumpel, aber im Kern ein fieses Biest.“
„Ist doch gar nicht wahr“, widersprach mir Colin sofort vehement. „Du bist die beste Freundin, die man sich wünschen kann – was glaubst du, warum ich nicht allein sein will?“
Jetzt hatte er mich. Seine Worte ließen mich dahinschmelzen und butterweich werden. Alle Genervtheit fiel von mir ab. Übrig blieb nur noch mein schlechtes Gewissen.
„Ich bin ja gleich wieder da“, sagte ich in diesem sanften Ton, den Mütter oft ihren kleinen Kindern gegenüber annahmen.
„Wann?“ fragte er sehnsüchtig.
Ich warf einen raschen Blick auf meine Armbanduhr. „So in zwanzig Minuten?“
Ganz so schnell wollte ich dann meine Freizeit für ihn doch nicht aufgeben. Vor allem, weil Ben jetzt da war.
„ So lange?“
„Die Apotheke ist ganz schön weit weg!“ log ich. „Und ich werde jetzt nicht rennen.“
Ich hörte Colin kurz schniefen. „Na gut“, räumte er mir großzügig ein. „Aber komm nicht noch später.“
„Nein, versprochen“, sagte ich leichthin, verabschiedete mich und legte dann auf.
Ben grinste von einem Ohr zum anderen. „Das bestätigt wohl das Klischee.“
„Dass Männer Mimosen und unerträglich sind, wenn sie krank werden?“ hakte ich nach und er nickte. „Bist du auch so?“
„Vielleicht nicht ganz so schlimm, aber… wer will nicht gern Zuwendung und Mitleid, wenn er krank ist?“
„Auch wieder wahr“, stimmte ich ihm zu.
„Colin ist allerdings der Oberhammer“, räumte Ben schmunzelnd ein. „Er hat mich vorhin doch ernsthaft gefragt, ob ich mit dem Auto da bin, falls er doch noch ins Krankenhaus muss.“
„ Ich sollte seine Mutter anrufen, um nochmal nachzufragen, ob er als Kind wirklich schon Scharlach gehabt hat“, berichtete ich ihm grinsend. „Das muss ich jedes Mal, wenn er ein bisschen Halskratzen hat.“
Innerlich musste ich über mich selbst den Kopf schütteln. Begann ich gerade mit Ben über den Mann zu lästern, in den ich so schwer verliebt war? Es sah ganz danach aus, als würde Colins Verhalten der letzten Tage und nun sein anstrengendes Herumgequengel mich langsam vergraulen und in Bens Arme treiben. Wobei ‚treiben‘ eigentlich der falsche Ausdruck war – ich flog ihm von ganz allein entgegen, so wie meine Laune sich mit seinem Auftauchen gehoben hatte. Er sah heute aber auch verdammt niedlich aus, mit diesem ‚Out-of-bed-Look‘: zerzausten Locken und leichtem Bartwuchs. Da hatte sich wohl jemand heut nicht rasiert. Stand ihm gut. Leider.
„Wie hoch ist sein Fieber denn?“ erkundigte sich mein Gegenüber schon deutlich ernsthafter.
„Sage und schreibe 37,8 Grad!“ brachte ich mit gespieltem Entsetzen heraus und Ben presste sich die Hand auf den Mund.
„Du liebe Güte! Das ist ja kurz vor dem Exitus! Viele Männer vertragen maximal ein Fieber von 38 Grad. Ich hatte das letztens und seitdem liegt mein Testament fertig geschrieben in einer Schublade.“
„Und? Wer erbt deine ungeheuren Reichtümer?“
„Snowball und meine Schwester. Kann schon sein, dass es harte Kämpfe zwischen den beiden gibt, wenn es um die leckere Salami geht, die ich regelmäßig kaufe, und diese bei meinem Ableben
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