Imperium
Gabel und hob sofort zum drittenmal ab. Diesmal wählte er eine Nummer, die er auswendig kannte. Obwohl augenblicklich abgenommen wurde, blieb es am anderen Ende still.
»Ich bin’s, Dick«, begann er. »Leg nicht auf. Ich habe Sally soeben gefeuert. Sie hat das Haus bereits verlassen.«
»Das ist eine wundervolle Neuigkeit, Darling«, freute sich Sharon. »Wann fange ich an?«
»Montag morgen.« Er zögerte. »Als meine Sekretärin.«
»Als Chefsekretärin!« erinnerte sie ihn. »Aber mir ist lieber, wenn du mich anderen gegenüber als deine Assistentin
bezeichnest.«
»Ja, sicher, wie du willst. Wie wär’s, wenn wir übers Wochenende die Einzelheiten besprechen? Wir könnten zur Jacht fliegen …«
»Aber was ist mit deiner Frau?«
»Ich habe sie gleich heute früh angerufen und ihr gesagt, daß ich dieses Wochenende nicht nach Hause komme.«
Erst nach einer langen Pause sagte Sharon: »Ja, ich würde das Wochenende gern mit dir auf deiner Jacht verbringen, Dick. Aber wenn uns in Monte Carlo irgendeiner von deinen Bekannten begegnet, wirst du mich als deine Assistentin vorstellen, nicht wahr?«
Sally wartete vergeblich auf ihren Gehaltsscheck, und Dick machte keine Anstalten, sich mit ihr in Verbindung zu setzen.
Freunde im Büro erzählten ihr, daß Miß Levitt – sie bestand darauf, so genannt zu werden – bereits als Chefsekretärin angefangen hatte und im Büro das absolute Chaos herrsche.
Armstrong wußte nie, wann er wo sein sollte; seine Schreiben blieben unbeantwortet, und seine Laune verschlechterte sich von Tag zu Tag. Doch niemand wagte es, ihn darauf
aufmerksam zu machen, daß es an ihm lag, das Problem mit 457
einem Anruf zu lösen – wenn er wollte.
Bei einem Drink in einem Pub in der Nähe machte ein
befreundeter Anwalt Sally darauf aufmerksam, daß sie –
aufgrund eines vor kurzem erlassenen Gesetzes – nach
einundzwanzigjähriger, ununterbrochener Anstellung rechtlich in einer sehr guten Position war, Armstrong wegen ungerecht-fertigter Kündigung zu belangen. Sally erinnerte den Anwalt, daß sie keinen Anstellungsvertrag habe und niemand besser wisse als sie, zu welchen Taktiken Armstrong fähig sei, wenn sie versuchte, gerichtlich gegen ihn vorzugehen. Schon nach einem Monat würde sie die Anwaltskosten nicht mehr bezahlen können und hätte keine Wahl, als sich geschlagen zu geben.
Wie oft hatte sie in der Vergangenheit miterlebt, wie wirkungsvoll Armstrong diese Taktiken bei anderen angewandt hatte, die es gewagt hatten, sich gegen ihn zu wehren.
Eines Nachmittags kam Sally von einem Aushilfsjob nach Hause, als das Telefon läutete. Jemand bat sie über eine sehr knisternde Leitung, am Apparat zu bleiben; man würde sie mit Sydney verbinden. Sie fragte sich, warum sie nicht einfach auflegte, doch bereits wenige Sekunden später sagte eine andere Stimme: »Guten Abend, Mrs. Carr. Ich bin Keith Townsend, der…«
»Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Townsend.«
»Ich rufe an, um Ihnen zu sagen, wie entsetzt ich war, als ich erfuhr, wie Ihr ehemaliger Chef Sie behandelt hat.«
Sally schwieg.
»Es mag überraschend für Sie kommen, daß ich Ihnen eine Stellung anbieten möchte …«
»Damit Sie herausfinden können, worauf Dick Armstrong hinarbeitet und welche Zeitung er kaufen will?«
Längeres Schweigen setzte ein. Nur das Knistern ließ Sally erkennen, daß die Leitung nicht tot war. »Ja«, erwiderte Townsend schließlich. »Genau das habe ich vor. Aber Sie könnten sich dann wenigstens den Urlaub in Italien gönnen, auf 458
den Sie bereits eine Anzahlung geleistet haben.«
Sally war sprachlos.
Townsend fuhr fort: »Ich weiß auch, daß Sie der Abfindung verlustig gehen, die Ihnen nach einundzwanzig ununter-brochenen Arbeitsjahren zusteht. Sie bekommen das Geld von mir.«
Sally begriff plötzlich, weshalb Dick in diesem Mann einen so beachtlichen Konkurrenten sah. »Vielen Dank für Ihr Angebot, Mr. Townsend, aber ich bin nicht interessiert«, sagte sie fest und legte auf.
Ihre unmittelbare Reaktion bestand darin, die Lohnbuchhaltung des Armstrong House anzurufen, um nachzufragen, weshalb ihr letzter Gehaltsscheck noch nicht eingegangen sei.
Sie mußte eine Zeitlang warten, bevor der Buchhaltungschef an den Apparat kam.
»Wann bekomme ich meinen letzten Gehaltsscheck, Fred?«
fragte Sally. »Er ist seit mehr als zwei Wochen überfällig.«
»Ich weiß, aber ich habe die Anweisung, ihn nicht
auszustellen, Sally.«
»Warum nicht?« fragte sie. »Er steht
Weitere Kostenlose Bücher