Imperium
seines Vaters stehen. Er erinnerte sich, wie er sich als Kind emporgereckt und versucht hatte, ans Haar heranzukommen. Doch diese Reminiszenzen machten ihn nur noch nervöser.
Er schritt weiter durchs Foyer und schloß sich einer kleinen Gruppe Herren an, die in den ersten Fahrstuhl stiegen, der in der Eingangshalle hielt. Die Herren verstummten, als sie Keith erkannten. Er drückte auf den Knopf, und die Tür des Lifts glitt zu. Keith war seit über dreißig Jahren nicht mehr in diesem Haus gewesen, doch er erinnerte sich noch gut daran, wo sich 545
der Konferenzsaal befand: auf demselben Korridor wie das Büro seines Vaters, nur ein paar Meter weiter.
Die Lifttür glitt in der Vertriebsabteilung auf, dann bei den Kleinanzeigen, dann auf der Redaktionsetage, bis Keith schließlich allein im Fahrstuhl stand. In der Chefetage angelangt, trat er zögernd hinaus auf den Korridor und blickte in beide Richtungen. Niemand war zu sehen. Er wandte sich nach rechts und schritt zum Konferenzsaal. Als er am einstigen Büro seines Vaters vorüberkam, ging er langsamer, und je weiter er sich dem Konferenzsaal näherte, desto schleppender wurde sein Schritt.
Er war schon nahe daran, umzukehren, das Gebäude zu
verlassen und Sam klarzumachen, was er von ihm und seinem Freund Arthur hielt, als er sich an die Wette erinnerte. Wäre Keith nicht ein so schlechter Verlierer, hätte er bestimmt nicht an die Tür geklopft und wäre hineinmarschiert, ohne ein
»Herein« abzuwarten.
Sechzehn Gesichter wandten sich ihm zu und starrten ihn an. Keith erwartete, daß der Vorsitzende ihn fragte, was, zum Teufel, er hier zu suchen habe, doch niemand sagte auch nur ein Wort. Es war beinahe so, als hätten die Herren auf ihn gewartet. »Herr Vorsitzender«, sagte Keith, »ich bin bereit, zwölf Dollar pro Courier-Aktie zu bezahlen. Wir müßten das Geschäft allerdings sofort abschließen oder gar nicht, da ich noch heute Abend nach London zurückfliege.«
Sam wartete im Wagen auf die Rückkehr seines Chefs.
Nach etwa zweieinhalb Stunden rief er seinen Chauffeurs-kollegen Arthur an und riet ihm, sein nächstes Monatsgehalt in Aktien des Melbourne Courier anzulegen; er solle es aber sofort tun, ehe der Vorstand eine öffentliche Erklärung abgab.
Nachdem Townsend am nächsten Morgen in London einge-
troffen war, gab er in einer Pressemitteilung die Ernennung von Bruce Kelly als Chefredakteur und die Umwandlung des Globe 546
in ein Boulevardblatt bekannt. Nur eine Handvoll Insider erkannten die Bedeutung dieser Nachricht. Im Laufe der nächsten Tage erschienen Kurzprofile von Bruce in mehreren überregionalen Zeitungen. Alle berichteten, daß er fünfundzwanzig Jahre als Chefredakteur die Geschicke der Sydney Chronicle geleitet und zwei erwachsene Kinder habe, seine Ehe jedoch gescheitert sei. Obwohl niemand Keith Townsend freundschaftliche Gefühle für einen anderen Menschen
zutraute, könne man Bruce Kelly dennoch in gewisser Weise als Townsends Freund betrachten. Der Citizen schrieb höhnisch
– nachdem Kelly keine Arbeitserlaubnis in England erhalten hatte –, daß man die Stelle als Chefredakteur des Globe ohnehin nicht als Arbeit bezeichnen könne. Ansonsten gab es nicht viele Information über den neuesten Immigranten aus Australien. Unter der Überschrift »R. I. P.« versicherte der Citizen seinen Lesern, daß Kelly nichts weiter als ein Totengräber sei, den man nach Großbritannien gebracht habe, um etwas zu beerdigen, das alle anderen schon seit Jahren für tot hielten. Weiter hieß es, daß der Citizen inzwischen dreimal so viele Exemplare verkaufte wie der Globe. Das tatsächliche Verhältnis belief sich auf 2,58 zu 1; doch Townsend war Armstrongs Übertreibungen gewöhnt, wenn es um Statistiken ging. Er ließ den Leitartikel rahmen und hängte ihn zu Bruce’
Begrüßung in dessen neues Büro.
Sobald Bruce in London gelandet war – und noch ehe er eine Wohnung gefunden hatte –, warb er Journalisten von der Boulevardpresse ab. Die meisten schienen nichts von der Warnung des Citizen zu halten, daß der Globe, sich auf dem steilen Weg nach unten befinde und keine Überlebenschance habe, sofern es Townsend nicht gelang, sich mit den
Gewerkschaften zu einigen. Der erste, den Bruce einstellte, war Kevin Rushcliffe, von dem er gehört hatte, daß er sich als stellvertretender Chefredakteur von People einen Namen gemacht habe.
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Als Rushcliffe seinen Chef zum erstenmal an dessen freiem Tag vertrat, traf ein
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