Imperium
der Rostra erreichten, war er bereit. Selbstredend hatte er keine Notizen dabei. Wir hörten, wie Manilius ihn ankündigte und dann Applaus ertönte. Es war ein herrlich klarer und heller Morgen; die Menschenmenge war riesig. Er zupfte die Ärmel zurecht, richtete sich auf und stieg langsam hinauf in den Lärm und in das Licht.
Wieder waren es Catulus und Hortensius, die die Opposition gegen Pompeius anführten. Aber sie hatten keine anderen Argumente anzubieten als die schon gegen die lex Gabinia vorgebrachten, sodass Cicero sich ausgiebig über sie lustig machen konnte. »Was will uns Hortensius denn nun sagen?«, fragte er spöttisch. »Dass, wenn man nur einen Mann mit dem Oberkommando betraue, Pompeius genau der Richtige sei, dass man aber das Oberkommando nicht nur einem Mann übertragen dürfe? Diese Art Argumentation ist erledigt, sie ist widerlegt, und zwar nicht durch Worte, sondern durch die Ereignisse. Du warst es, Hortensius, der den mutigen Gabinius dafür gescholten hat, ein Gesetz eingebracht zu haben, das für den Kampf gegen die Piraten einen alleinigen Befehlshaber forderte. Und jetzt frage ich dich im Namen der Götter: Wenn das römische Volk damals deiner Meinung und nicht seinem eigenen Wohl und seinen wahren Interessen gefolgt wäre, könnten wir dann heute den gleichen Ruhm genießen, und könnten wir dann auch behaupten, die Herrscher über ein weltumspannendes Reich zu sein?« Und wenn Pompeius, so Cicero weiter, Gabinius zu einem seiner Legionskommandeure machen wolle, dann solle er es werden, denn kein Mann, außer Pompeius selbst, habe so viel zum Sieg über die Piraten beigetragen wie Gabinius. »Und was mich betrifft«, schloss er seine Rede, »so werde ich die mir zur Gebote stehende Hingabe, Weisheit, Tatkraft und Begabung sowie das ganze Gewicht meines Amtes als Prätor, das ihr mir übertragen habt, dafür einsetzen, dieses Gesetz zu unterstützen. Und ich rufe alle Götter als Zeugen an - vor allem die Hüter dieses geheiligten Ortes, die tief in die Herzen all derer blicken, die ins öffentliche Leben eintreten -, dass ich weder so handle, um Pompeius gefällig zu sein, noch in der Hoffnung, irgendwelche Gefälligkeiten von ihm zu erhalten, sondern ausschließlich, um meinem Land zu dienen.« Damit verließ er unter respektvollem Beifall die Rostra. Das Gesetz wurde angenommen, Lucullus seines Kommandos enthoben und Gabinius damit betraut. Was Cicero betraf, so hatte er zwar ein weiteres Hindernis auf dem Weg zum Konsulat genommen, war den Aristokraten aber nun noch verhasster als je zuvor.
In einem Brief an Cicero schilderte Varro Pompeius ' Reaktion auf die Nachricht, dass er nun die vollständige Kontrolle über die römischen Streitkräfte im Osten habe. Als sich die Offiziere in seinem Hauptquartier in Ephesus um ihn drängten, um ihm zu gratulieren, verzog er das Gesicht, schlug sich auf die Oberschenkel und sagte (laut Varro »mit überdrüssiger Stimme«): »Eine Mühsal nach der anderen lädt man mir auf die Schultern. Und da soll man nicht schwermütig werden? Wenn einem gar keine Erholung vom Militärdienst vergönnt ist, wenn man nie dem Neid entfliehen und nie darauf hoffen kann, mit seiner Frau ein ruhiges Landleben zu führen, dann wäre ich lieber einer der vielen Menschen, die niemand kennt.« Seine Scheinheiligkeit war nur schwer zu ertragen, vor allem weil alle Welt wusste, wie begierig er auf das Kommando gewesen war.
Der gesellschaftliche Aufstieg, den das Amt des Prätors mit sich brachte, bedeutete auch, dass Cicero zu seinem Schutz jetzt sechs Liktoren hatte, die ihn auf jedem Weg begleiteten. Er machte sich nicht das Geringste aus ihnen. Liktoren waren grobschlächtige Kerle, man heuerte sie an, weil sie kräftig waren und ihnen Gewalttätigkeiten leicht von der Hand gingen: Wenn ein römischer Bürger zu einer Strafe verurteilt wurde, dann führten sie sie aus. Was Auspeitschungen und Enthauptungen anging, waren sie sehr geschickt. Weil sie fest angestellt waren, hatten sich manche von ihnen über die Jahre so an ihre Macht gewöhnt, dass sie auf die Magistrate, zu deren Schutz sie abgestellt waren, herabschauten - vorübergehende Erscheinungen, Politiker, heute noch wichtig, morgen schon nicht mehr. Cicero hasste es, wenn sie ihm rüde den Weg freimachten oder Männern befahlen, in Gegenwart eines Prätors die Kopfbedeckung abzunehmen oder vom Pferd zu steigen. Schließlich waren die so gedemütigten Leute allesamt Wähler. Er wies die
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