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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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auf der Rostra Zeugen aufmarschieren, die dem Volk ein erbärmliches Bild vom Krieg gegen Mithridates zeichneten. Einige Legionen, die schon seit Jahren nicht mehr bezahlt worden seien, hätten sich schlicht geweigert, aus ihrem Winterlager auszurücken. Der Armut der kämpfenden Truppe stellte Gabinius den gewaltigen Reichtum ihres aristokratischen Befehlshabers gegenüber, der so viel Kriegsbeute nach Rom habe schaffen lassen, dass er sich vor den Toren der Stadt einen ganzen Hügel habe kaufen können und dort jetzt einen großen Palast baue, dessen prunkvolle Gemächer nach den Göttern benannt seien. Gabinius ließ Lucullus ' Architekten vorladen und zwang sie, auf der Rostra dem Volk alle Pläne und Modelle des Palastes zu zeigen. Seit jener Zeit ist Lucullus ' Name ein Synonym für unverschämten Luxus. Die aufgebrachten Bürger verbrannten auf dem Forum eine Puppe von ihm.
    Im Dezember schieden die Tribunen Gabinius und Cornelius aus ihren Ämtern aus, und eine neue Pompeius-Marionette, der designierte Volkstribun Gaius Manilius, wahrte von nun an dessen Interessen in den Volksversammlungen. Als Erstes brachte er ein Gesetz ein, das vorsah, Pompeius den Oberbefehl im Krieg gegen Mithridates sowie die Verwaltung der Provinzen Asia, Kilikien und Bithynien zu übertragen - die beiden letzteren wurden von Lucullus verwaltet. Sollte sich Cicero auch nur leise Hoffnungen gemacht haben, das Thema möge unbemerkt an ihm vorüberziehen, so wurden sie zerstört, als Gabinius ihn mit einer Botschaft von Pompeius aufsuchte. Darin brachte der General knapp seine besten Wünsche zum Ausdruck sowie die Hoffnung, dass er, Cicero, die lex Manilia »mit all ihren Bestimmungen« nicht nur hinter den Kulissen, sondern in aller Öffentlichkeit - auf der Rostra - unterstützen möge.
    »Mit all ihren Bestimmungen«, wiederholte Gabinius und grinste hochnäsig. »Du weißt, was das bedeutet.«
    »Ich nehme an, das schließt eine Verfügung ein, dir das Kommando über die Legionen am Euphrat zu übertragen, was wiederum bedeutet, dass du nach Ablauf deiner Amtszeit als Volkstribun Immunität vor jeglicher Strafverfolgung genießt.«
    »In der Tat.« Gabinius streckte grinsend die Brust vor und lieferte mit schnaufender Stimme eine passable Pompeius-Imitation ab. »›Ist er nicht klug, meine Freunde? Hab ich ' s nicht immer gesagt?‹«
    »Reg dich wieder ab, Gabinius«, sagte Cicero verdrossen. »Du kannst sicher sein, dass ich mir niemanden vorstellen kann, den ich lieber am Euphrat sähe.«
    Den Prügelknaben für einen großen Mann abzugeben ist in der Politik eine gefährliche Rolle. Aber genau die musste Cicero jetzt spielen. Männer, die sich offen nie ausfällig oder kritisch gegenüber Pompeius äußern würden, konnten ungestraft auf sein Advokatensprachrohr eindreschen, und jeder würde wissen, wer gemeint war. Aber vor dem direkten Befehl eines Oberkommandierenden gab es kein Entkommen, und so erhielt Cicero zum ersten Mal Gelegenheit, auf der Rostra zu sprechen. Er gab sich enorm viel Mühe mit der Rede, diktierte sie mir schon mehrere Tage vorher und gab sie dann Quintus und Frugi zur Stellungnahme. Er war umsichtig genug, sie Terentia nicht zu zeigen, denn er wusste, dass er vorab eine Abschrift an Pompeius schicken und deshalb tief in den Honigtopf greifen musste. (Beispielsweise sehe ich anhand des vor mir liegenden Manuskripts, dass Pompeius ' »überirdische Genialität als Heerführer« auf Quintus ' Empfehlung hin in »überirdische und unglaubliche Genialität als Heerführer« abgeändert wurde.) Um Pompeius ' Erfolgsbilanz auf den Punkt zu bringen, fiel ihm ein brillanter Slogan ein - »ein Gesetz, ein Mann, ein Jahr«. Mit dem Rest der Rede plagte er sich noch stundenlang herum. Wenn er auf der Rostra versagte, das wusste er sehr genau, bedeutete das einen Rückschlag für seine Karriere. Seine Feinde würden behaupten, ihm fehle einfach die Volkstümlichkeit, um das Herz des einfachen Mannes anzurühren. Am Morgen der Rede wurde ihm vor Aufregung schlecht. In der Latrine stand ich mit dem Handtuch neben ihm, während er sich ein ums andere Mal übergab. Er war so weiß und sah so zerschlagen aus, dass ich mich wirklich fragte, ob er es bis aufs Forum schaffen würde. Aber er glaubte fest daran, dass ein großer Redner vor dem Betreten der Bühne, und sei er noch so erfahren, immer Angst haben muss - »die Nerven müssen gespannt sein wie Bogensehnen, wenn die Pfeile fliegen sollen«. Als wir die Rückseite

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