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Imperium

Imperium

Titel: Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Lieblingsjagdhund töten zu müssen - und jetzt so schnell wie möglich wieder in die stille Behaglichkeit ihres Heims zurückwollten.
     
     
    Und so gewann Marcus Tullius Cicero im Alter von zweiundvierzig Jahren, dem jüngsten erlaubten Alter, das höchste Imperium, das römische Konsulat - gewann es, unglaublicherweise, durch das einstimmige Votum aller Zenturien, als homo novus, ohne einflussreiche Familie, ohne Vermögen und ohne die Macht von Waffen: ein Kunststück, das noch nie zuvor gelungen war und nie mehr gelingen sollte. Nachdem wir an jenem Abend vom Marsfeld in sein bescheidenes Heim zurückgekehrt waren, dankte er seinen Anhängern und nahm die Glückwünsche seiner Sklaven entgegen und ließ dann die Liegen aus dem Speisezimmer auf das Dach hinauftragen, und wir aßen unter freiem Himmel zu Abend. Genau wie an jenem Abend, der schon so lange zurückzuliegen schien, als er zum ersten Mal von seinem ehrgeizigen Ziel gesprochen hatte, Konsul zu werden. Mir wurde die Ehre zuteil, mich der Familienrunde anschließen zu dürfen, denn Cicero betonte ausdrücklich, dass er ohne mich sein Ziel nie erreicht hätte. Einen rauschhaften Augenblick lang glaubte ich, das er mir hier und jetzt die Freiheit und den Bauernhof schenken würde, doch er sagte kein Wort davon, und mir erschienen weder Zeitpunkt noch Anlass geeignet, das Thema anzusprechen. Er war zusammen mit Terentia auf einer Liege, Quintus lag neben Pomponia, Tullia neben ihrem Verlobten Frugi, und ich neben Atticus. In meinem hohen Alter lässt mich mein Gedächtnis bei gewissen Einzelheiten gelegentlich im Stich. So weiß ich nicht mehr, was wir aßen oder tranken, erinnere mich allerdings noch genau daran, dass jeder von uns zum Besten gab, was bei ihm einen besonderen Eindruck hinterlassen hatte - wobei es vor allem um das ungewöhnliche Spektakel der Aristokraten ging, als sie in Massen für Cicero stimmten.
    »Wie hast du es bloß geschafft, Marcus, sie zu überreden?«, fragte Atticus, der ganz weltlich gesinnt sein konnte, wenn er erst mal genügend guten Wein konsumiert hatte. »Auch wenn du im Umgang mit Worten ein Genie bist, diese Leute haben dich immer verachtet, sie haben praktisch alles verabscheut, was du jemals gesagt hast oder wofür du eingetreten bist. Was hast du ihnen angeboten, außer dass du Catilina aus dem Weg räumst?«
    »Es liegt auf der Hand«, antwortete Cicero, »dass sie mir ein Versprechen abgenommen haben: Wenn Crassus, Caesar und die Volkstribunen ihr Gesetz für die Landreform einbringen werden, dann ist es meine Aufgabe, den Widerstand dagegen zu organisieren.«
    »Keine kleine Aufgabe«, sagte Quintus.
    »Das ist alles?«, fragte Atticus. (Rückblickend bin ich der festen Überzeugung, dass Atticus damals die Rolle des Anwalts im Kreuzverhör spielte und er die Antwort auf seine Frage bereits gekannt hat, wahrscheinlich von seinem Freund Hortensius.) »Sonst hast du keine Zusagen gemacht? Du hast immerhin mehrere Stunden mit ihnen gesprochen.«
    Cicero zuckte leicht mit den Augen. »Nun ja, ich musste mich bereit erklären«, sagte er zögernd, »als Konsul dem Senat vorzuschlagen, Lucullus und Quintus Metellus ihren Triumph zu bewilligen.«
    Jetzt begriff ich endlich, warum Cicero am Morgen nach der Konferenz mit den Aristokraten so grimmig und geistesabwesend gewesen war. Quintus stellte seinen Teller ab und schaute ihn mit unverhohlen angeekeltem Gesichtsausdruck an. »Erst sollst du also das Volk gegen dich aufbringen, indem du die Landreform verhinderst, und dann sollst du dir auch noch Pompeius zum Feind machen, indem du seinen schärfsten Rivalen den Triumph gewährst?«
    »Ich fürchte, Bruderherz«, erwiderte Cicero verdrossen, »dass die Aristokraten kaum zu solchem Reichtum gekommen wären, wenn sie nicht beinharte Verhandler wären. Ich habe mich so lange gewehrt, wie es ging.«
    »Aber warum hast du mitgespielt?«
    »Weil ich gewinnen musste.«
    »Aber was gewinnen, was genau?«
    Cicero schwieg.
    »Es ist doch alles bestens«, mischte sich Terentia ein und tätschelte ihrem Ehemann das Knie. »Ich denke, alle diese Maßnahmen sind in Ordnung.«
    »Dass dir das gefällt, glaube ich«, sagte Quintus erregt. »Aber nach ein paar Wochen im Amt ist Marcus alle seine Anhänger los. Das Volk wird ihm Verrat vorwerfen. Die Pompeianer auch. Und die Aristokraten lassen ihn sofort fallen, wenn er seinen Zweck erfüllt hat. Wer bleibt dann noch, der ihn verteidigt?«
    »Ich«, sagte Tullia. »Ich werde ihn

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