Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
Diphtheriegiftstoff, der an Aluminiumhydroxid gebunden ist. Die Impfung führt zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Diphtherietoxin und macht es unschädlich. Dies hemmt auch die Vermehrung toxinbildender Diphtheriebakterien. Geimpfte könnten zwar Träger von Diphtheriebakterien sein, es handelt sich aber in der Regel nicht um toxinbildende Stämme (
EB
2007).
Sind mehr als 80 Prozent einer Bevölkerung gegen Diphtherie geimpft, verschwinden die toxinbildenden Bakterien. Dadurch werden auch die Nichtgeimpften mitgeschützt. Sie profitieren vom sogenannten Herdenschutz ( WHO 2009).
In Deutschland waren 2009 knapp 96 Prozent aller Kinder beim Schuleintritt gegen Diphtherie geimpft. Durch den Erfolg des Impfprogramms und durch die guten sozioökonomischen Bedingungen ist die Immunität der Bevölkerung exzellent – trotz fraglichen Impfschutzes vieler Erwachsener, von denen nur etwa ein Drittel Impfantikörper aufweist ( RKI 2009).
Die Diphtherieimpfung dient also – abgesehen vom individuellen Schutz von Reisenden in Diphtheriegebiete – in erster Linie dem Erhalt des Herdenschutzes in der Bevölkerung. Sie ist ebenso wie die Polioimpfung sozial indiziert.
In der gegenwärtigen epidemiologischen Situation ist es nicht erforderlich, eine Impfung schon im frühen Säuglingsalter durchzuführen. In den ersten Lebensmonaten besteht zudem ein Nestschutz, wenn die Mutter gegen Diphtherie geimpft ist. Die Antikörper beim Kind haben zum Teil sogar höhere Werte als bei der Mutter (Sauerbrei 2002, WHO 2009). Die Diphtherieimpfung kann auf den Zeitpunkt verschoben werden, zu dem auch die Tetanusimpfung für sinnvoll gehalten wird.
In Deutschland und der Schweiz ist, beginnend mit der neunten Lebenswoche, die viermalige Impfung mit Sechsfachimpfstoffen empfohlen. In Österreich wurde auf das schlankere skandinavische Schema mit drei Impfungen umgestellt: die zweite Impfung nach zwei Monaten und die dritte sieben Monate später.
Für die Grundimmunisierung in den ersten Lebensjahren gibt es in Deutschland und Österreich nur Kombinationsimpfstoffe mindestens mit der Tetanus- und Keuchhustenkomponente:
den Dreifachimpfstoff Infanrix (gegen Diphtherie, Tetanus und Keuchhusten),
den Vierfachimpfstoff Tetravac (zusätzlich gegen Polio),
die Fünffachimpfstoffe Pentavac oder Infanrix- IPV +Hib (zusätzlich gegen Hib),
den Sechsfachimpfstoff Infanrix Hexa (zusätzlich gegen Hepatitis B).
Lediglich in der Schweiz steht ein Diphtherie-Tetanus-Impfstoff für Kinder in den ersten acht Lebensjahren zur Verfügung. Ansonsten ist in der EU nur ein Diphtherie-Einzelimpfstoff mit Zulassung ab dem sechsten Lebensjahr auf dem Markt, der Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring NF für Erwachsene.
Auffrischungsimpfungen sind in den deutschsprachigen Ländern alle zehn Jahre empfohlen, obwohl auch längere Abstände ausreichen würden, denn die Halbwertszeit der Antikörper liegt bei 20 Jahren (Amanna 2007). Wahrscheinlich vermitteln zwei Nachimpfungen – zum Beispiel eine im Vorschulalter und eine mit 13 bis 18Jahren, so wie es in Großbritannien empfohlen ist – einen lebenslangen Schutz.
Diphtherie-Antikörper und ihre Interpretation
Bei der Überprüfung des Diphtherieschutzes durch eine Blutuntersuchung gilt ein Wert zwischen 0,01 und 0,09 IE /ml als Basisschutz (das heißt als Schutz vor schwerer Erkrankung), während ab 0,1 IE /ml ein sehr guter Schutz angenommen wird ( WHO 2009). Sofort nach der Grundimmunisierung haben 95 bis 100 Prozent der Geimpften Diphtherie-Antikörper im Blut. 15Jahre später liegt dieser Anteil bei 90 bis 95 Prozent, nach 30Jahren nur noch bei 80 Prozent (Kjeldsen 1985, Cellesi 1989).
Auch bei Werten unter der Nachweisgrenze kann noch ein Schutz vorhanden sein, so dass fehlende Antikörper nicht unbedingt einen fehlenden Impfschutz bedeuten. Vor allem für Menschen in guter körperlicher Verfassung sind anscheinend auch sehr niedrige oder kaum messbare Antikörpertiter ausreichend.
Umgekehrt bedeuten vorhandene Antikörper nicht unbedingt einen 100-prozentig sicheren Schutz: »Die Impfung ist zwar sehr effektiv in der Verhinderung von Diphtherie-Todesfällen, doch ihre Wirksamkeit gegen eine manifeste Erkrankung wird nur auf 70–90 % geschätzt« ( WHO 2009). Alle 43 Personen, die zwischen 2000 und 2006 in Europa an Diphtherie verstorben sind, waren völlig ungeimpft.
»d«-Impfstoffe: Diphtherieimpfung ohne Keuchhustenimpfung
Junge Säuglinge benötigen wegen des noch
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