Implantiert
und musterte ihre Arbeit. An einige Dinge erinnerte sie sich, an andere nicht. Vielleicht lag es am Schlafmangel. Es gelang ihr inzwischen nicht einmal mehr zwanzig Minuten zu schlafen, bevor das zusammengestoppelte Wesen ihre Träume heimsuchte.
Doktor Rhumkorrf hatte ihr heute ihre Medikamente gebracht,
nicht Mister Feely. Rhumkorrf sagte, er habe die Dosis neu angepasst. Es würde eine Weile dauern, bis sich ihr Körper darauf einstellte, doch schon morgen würde sie sich ein klein wenig besser fühlen. Und wenn sie sich besser fühlte, würde sie das dann bitte, bitte, bitte unbedingt Mister Colding berichten?
Sie wusste, sie würde sich nicht besser fühlen. Doktor Rhumkorrf log. Alle logen sie an.
Nur die Zahlen logen nicht.
Vielleicht war ihr Versagen für die Träume verantwortlich. Für die Spinnen. Die Ratten. Das Durcheinander. Die Zahlen.
Eine Bewegung zu ihrer Linken. Sie drehte sich um und beugte sich gleichzeitig auf die andere Seite. Sie spürte, wie heißer Urin ihr Bein hinabtröpfelte.
Eine orangefarbene Spinne.
Das Tier war so groß wie ihr eigener Kopf und starrte sie an. Jians Hand schoss zum Schreibtisch, wo sie ihr Dr Pepper hatte stehen lassen. In einer einzigen Bewegung packte sie die Flasche und warf sie nach der Spinne. Brauner und weißer Schaum spritzte aus der Öffnung, als die Flasche in die Ecke flog.
Die Spinne krabbelte zur Seite, als die Plastikflasche aufschlug, auf dem Boden kreiselte und alles mit dem klebrigen Getränk einsprühte.
»Zou kai!«, schrie Jian. »Zou kai!«
Die Spinne war verschwunden. Sie musste in irgendeinen Spalt gekrochen sein, auch wenn Jian nirgendwo einen Spalt sah. Verfluchte Spinnen.
Die Zahlen. Sie musste die Zahlen in Ordnung bringen, damit auch alles mit der Kreatur in Ordnung war, die sie schufen.
Aber … der Stammvater aller Säugetiere … um Körperteile für Menschen zu gewinnen?
Das war es! Wie konnten sie nur darauf hoffen, ein Tier zu schaffen, das ihnen transplantierbare Organe liefern würde? Ein Tier, das in einer Kuh heranwuchs? Sie konnte das in Ordnung bringen, sie konnte alles in Ordnung bringen und dafür sorgen, dass das ganze Projekt funktionierte. Sie brauchten nur einen anderen Organismus, der als Leihmutter fungierte.
Sie zog Handschuhe an und öffnete den Behälter mit dem flüssigen Stickstoff. Vorsichtig zog sie die Träger mit den Proben heraus und stellte sie beiseite, bis sie die Probe gefunden hatte, die sie suchte. Die Probe, von der niemand etwas wusste. Sie stellte die anderen Träger zurück in den Behälter, brachte ihre spezielle Probe zur Aufzugsplattform und fuhr damit hinab in das leere Unterdeck.
Einige Kühe schliefen. Diejenigen, die wach waren, beobachteten sie. Auf dem Kopf von Sir Muhtviel saß eine orangefarbene Ratte. Die Kuh schien nicht zu bemerken, dass die Ratte an ihrem schwarz-weißen Ohr nagte und rotes Blut über ihre großen Hängebacken rann. Die Kuh starrte die Ratte an, ohne zu reagieren.
Dumme Kuh.
Leise ging Jian durch den Mittelgang und versuchte, die zahlreichen Augenpaare der Kühe zu ignorieren, die ihre Bewegungen verfolgten. Sie öffnete den Vorratsschrank in Mister Feelys Arbeitsbereich. Dort fand sie einen sterilen Beutel, der das enthielt, was sie brauchte: ein Katheter, der aussah wie eine schmale Pipette.
Jian griff nach dem Beutel mit dem Katheter. Sie legte ihn zusammen mit dem Probebehälter auf den Labortisch.
Das Einbringen eines Embryos in vitro wurde üblicherweise
von einem Arzt vorgenommen und mit Hilfe von Ultraschall überwacht. Doch für das Ultraschallgerät bräuchte sie ein weiteres Paar Hände. Jian hatte dieses Händepaar nicht. Zu dumm, dass die orangefarbenen Spinnen ihr nicht helfen konnten. Die hatten jede Menge Hände.
Sie würde sich auf den Rücken legen müssen, doch es würde nur etwa fünf Minuten dauern, wenn sie die ganze Prozedur selbst vornahm.
Und außerdem … das waren ihre Eizellen. Sie konnte damit tun, was sie wollte.
25. November: Ernstzunehmende Einwände
Implantation + 16 Tage
Claus Rhumkorrf saß am Ultraschallgerät und wartete darauf, dass Tim damit fertig wurde, den Messwandler über Molly McButters Bauch zu führen. Inzwischen hatte Claus eine gewisse Vorliebe für Molly entwickelt, doch das lag nur daran, dass die Kuh eine überdurchschnittliche Intelligenz zeigte. Außerdem mochte er die Art, wie sie sich an seine Brust schmiegte, wenn er sie hinter den Ohren kraulte (was natürlich nur vorkam, wenn niemand
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