Implantiert
hoch. Dann hob er ein Bein und ließ einen Furz fahren, der von den Bäumen widerhallte.
»Ihr könnt jetzt rauskommen«, rief er. »Wenn es euch nichts ausmacht – ich hab wirklich keine Lust, euch durch die Wälder nachzumarschieren, eh?«
Saras Hände waren kalt und spröde. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie den Abzug überhaupt noch spürte.
»In meinem Truck ist es gemütlich und warm, eh?«
»Sara«, sagte Tim. »Mach schon … mir ist so … kalt.«
Von der schwarzen Operationsnaht und der purpurnen Prellung abgesehen, hatte Tims Gesicht kaum mehr Farbe als der Schnee um sie herum. Er zitterte unkontrolliert. Vielleicht hätten sie doch in Svens Haus gehen sollen, aber diese Chance hatten sie verpasst.
Und nun? Sara wusste, dass sie überhaupt keine Wahl mehr hatten.
Sie trat hinter dem Baum hervor und richtete die Beretta auf Clayton.
Der Mann riss die Hände hoch. »Christus auf einem
Springstock, Sara. Sie sollten das Ding nicht in meine Richtung halten, eh?«
»Keine Bewegung, Clayton, verstanden?«
Clayton nickte. Sara griff nach hinten und zog Tim hoch. Sie traten hinter dem Baum hervor und stapften mühsam in Richtung Straße.
»Nach rechts«, befahl Sara. »In diese Schneewehe.«
»Wo ich reingepisst habe? Ist ja ekelhaft.«
»Na schön, nicht genau dort, aber schaffen Sie Ihren Arsch jetzt in die Schneewehe. Eine hastige Bewegung, und ich jage Ihnen eine Kugel in die Kniescheibe.«
»Aber ich hab doch schon Arthritis in den Knien.«
»Clayton, halten Sie verdammt nochmal die Schnauze! Tim, geh in den Wagen und mach die Tür hinter dir zu.«
Clayton trat in die Schneewehe. Er versank bis zum Schritt darin. Er würde keine hastigen Bewegungen machen können.
Kälteschauer schüttelten Tims Körper, während er durch den Schnee auf die Straße humpelte. Noch immer hielt Sara die Beretta auf Clayton gerichtet. Tim kletterte in den Wagen und schloss die Tür hinter sich. Kaum hatte er sich gesetzt, schlang er die Arme um die Schultern und zitterte wie ein kleiner Hund bei Gewitter.
»Sara«, sagte Clayton, »nehmen Sie dieses verdammte Ding runter. Sie zittern so sehr, dass Sie mich noch aus Versehen erschießen werden.«
Sara warf einen Blick auf ihre Hand. Die Pistole zuckte so heftig, als hätte sie ein Eigenleben, als ob sie ebenso wie alle anderen unter der eisigen Kälte der Insel litt. Sie senkte die Waffe. »Woher wissen Sie, dass wir hier sind?«
»Ich habe Spuren im Schnee gefunden. Und als ich all diese Kühe gesehen habe, die eigentlich im Flugzeug sein sollten,
war klar, dass irgendjemand aus der Crew in der Gegend sein musste.«
»Wahnsinn. Sie sind ja ein richtiger Columbo, Clayton.«
»Oh ja, Peter Falk hat eine Limo nach der anderen gekippt, aber jetzt ist wirklich nicht die Zeit für Geschichten, Mädchen. Wo ist Ihre Crew?«
Sara spürte einen erneuten Stich, als die Erinnerung an den Verlust ihrer Freunde sie wieder überkam. Sie schüttelte den Kopf.
»Oh, nein«, sagte Clayton. »Dann haben nur Sie und Tim es geschafft?«
War das echtes Mitgefühl oder tat er nur so? »Clayton, wie viele Leute wissen, dass wir eine Bruchlandung hingelegt haben?«
»Keine Ahnung, eh? Im Landhaus haben wir nichts gehört. Ich kann gar nicht fassen, dass Sie dieses Riesending runtergebracht haben, ohne dass die ganze Insel das mitbekommen hat.«
»Genau. Wirklich schwer zu glauben.« Sie hob die Waffe und zielte wieder auf ihn. »Wann hat Magnus Sie losgeschickt, um nach uns zu suchen? Haben Sie ihm über Funk mitgeteilt, dass Sie die Kühe gefunden haben?«
Clayton schüttelte den Kopf. »Sie gehen mir so langsam echt auf die Nerven mit dem Ding. Magnus hat mich nicht hierhergeschickt, Sara. Ich räume die Straße und bahne die Wege nach jedem Sturm.«
Ihr ganzer Körper zitterte. Clayton hatte Recht. Es war durchaus möglich, dass sie ihn aus Versehen erschoss. Er war ein alter Mann, um Himmels willen. Er war schon lange vor Magnus und Danté und Genada auf der Insel gewesen … behauptete er jedenfalls. Sie hatte keine Ahnung, wer er wirklich war.
»Außer mir weiß niemand, dass ihr hier seid«, sagte Clayton. »Und jetzt steigen Sie in den verdammten Wagen, bevor Sie endgültig Erfrierungen bekommen, eh?«
Erst als Clayton das Wort Erfrierungen aussprach, bemerkte Sara, dass das Stechen in ihren Fingern aufgehört hatte.
Sie waren völlig taub.
Sie ging drei Schritte auf den Bv 206 zu, bevor alles vor ihren Augen verschwamm und sie bewusstlos mit dem Gesicht
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