In aller Unschuld Thriller
und schwindlig wurde, als hätte sie ein zweites Mal einen Schlag auf den Kopf erhalten.
Das Bild zeigte eine nackte Frau, gefesselt und geknebelt, die an Ketten um ihre Hand- und Fußgelenke aufgehängt war, über ihre Arme lief Blut. Sie wurde von zwei Männern in Ledermasken vergewaltigt, von denen der eine vor ihr stand, der andere hinter ihr. Sie schien vor Angst außer sich zu sein.
Das hatte sich ihr Ehemann angesehen, als sie zu ihm gegangen war, um ihm ihren Entschluss, sich scheiden zu lassen, mitzuteilen. Carey begann zu zittern. Sie zog den Cursor zu der Leiste mit der Webadresse und ließ sich die Liste all der Websites anzeigen, die David seit wer weiß wie langer Zeit besucht hatte. Eine Pornoseite nach der anderen.
Sie klickte eine davon an, und auf dem Bildschirm erschien ein Bild, das eine ebenso gewalttätige Szene zeigte wie das zuvor.
Es dauerte einen Moment, bis sie sich von ihrem Schock so weit erholt hatte, dass sie sich den Rest der Seite ansehen konnte – den Titel, die Grafik. Es handelte sich um Werbung für einen Film, der auf DVD oder VHS erhältlich war. Die Anzeige versprach ungezügelten Sadismus und brutale Folter- und Vergewaltigungsszenen.
Der Film war von David M. Greer.
36
»Wer zum Teufel ist für diese Scheiße verantwortlich?«, fragte Kovac, als er in die Notaufnahme stürzte und schnurstracks auf Liska zusteuerte. Er hatte sich der Presseleute, die draußen auf der Zufahrt herumlungerten, kaum erwehren können. Vier riesige Polizisten in Uniform hielten sie davon ab, die Tür zu stürmen.
»Die führen sich da draußen auf wie die Aasgeier«, blaffte er.
»Ich übernehme die volle Verantwortung, Detective Kovac«, sagte Lieutenant Dawes und kam von der Kaffeemaschine in der Ecke auf ihn zu.
Kovac blieb abrupt stehen und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Lieutenant.«
»Guter Auftritt, Kojak«, sagte Liska und rollte mit den Augen.
Dawes zeigte keine Reaktion.
»Wie ich Ihnen schon gesagt habe, habe ich Mr. Scott heute Morgen persönlich angerufen, um ihn darüber zu informieren, das Stan Dempsey sich auf freiem Fuß befindet, aber ich habe nur seinen Anrufbeantworter erreicht«, sagte sie. »Daraufhin habe ich zwei Streifenpolizisten zu Mr. Scotts Haus geschickt mit der Anweisung, es ihm persönlich zu sagen, wenn er zu Hause sein sollte, wenn nicht, sollten sie auf ihn warten.«
»Was ist schiefgelaufen?«, fragte Kovac.
»Alle Einheiten erhielten die Meldung, Karl Dahl sei gesichtet worden, und zwar nicht weit von Scotts Haus.«
»Und die beiden Streifenpolizisten sind ebenfalls dieser Meldung nachgegangen«, sagte Kovac.
»Die sich als falscher Alarm erwies. Aber bei dem Versuch, den Verdächtigen zu stellen, gab es einen Unfall, der Streifenwagen ist mit einem Minivan zusammengestoßen …«
»Und die beiden sind immer noch dabei, den Unfallhergang zu schildern und Formulare auszufüllen«, sagte Kovac.
»Einer der beiden Officer kam dabei ums Leben«, sagte Da-wes nüchtern.
»O nein«, sagte Kovac. Auch das ging auf Dahls Konto, dachte er – noch ein Mensch, für dessen Tod dieses Schwein verantwortlich ist.
»In der Zwischenzeit blieb Scotts Haus unbewacht«, fuhr Dawes fort. »Als ich davon erfuhr, bin ich selbst hingefahren, da war es bereits dunkel. Im Erdgeschoss brannte Licht. Wenn Dempsey nicht diesen Fehler gemacht hätte, säße Scott immer noch an einen Stuhl gefesselt da.«
»Er lebt?«
»Ja«, sagte Dawes und ging ihm voran den Gang entlang.
»Dempsey hatte nicht die Absicht, ihn umzubringen. Wie es aussieht, wollte er bloß eine Botschaft loswerden.«
Sie betraten den Raum, in dem man Kenny Scott untergebracht hatte, und Kovac zuckte zurück, als ihm der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase stieg.
Kenny Scott lag mit einem Infusionsschlauch im Arm auf dem Bett. Hände und Füße waren dick angeschwollen. Seine Gelenke zeigten tiefe Spuren von Fesseln. Aber die schlimmste Verletzung, die Stan Dempsey dem Anwalt von Karl Dahl zugefügt hatte, war ihm buchstäblich in die Stirn gebrannt.
Ein Wort: SCHULDIG .
37
Obwohl sie eine Schlaftablette genommen hatte, um die Schmerzen zu betäuben und etwas Ruhe zu finden, schlief Carey unruhig, wachte immer wieder auf, warf sich von einer Seite auf die andere. Das Schlafmittel schien nicht bis in ihr Unterbewusstsein vorzudringen. Es konnte die verstörenden Bilder nicht auslöschen, nicht die dunklen Träume, die sie wie ein Gewittersturm überrollten. Schreckliche Träume,
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