In aller Unschuld Thriller
Bird?«
»Nein«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. Ihre Stimme war so kraftlos wie ihr Händedruck.
»Frisch verheiratet?«
»Nein. Warum?«
»Na ja, ich habe heute Morgen versucht, Ihre Telefonnummer oder irgendwelche anderen Daten von Ihnen zu finden, aber vergeblich. Der Staat von Minnesota scheint von Ihrer Existenz nichts zu wissen.«
»Ich stamme aus Wisconsin«, sagte sie schnell. »Ich lebe in Hudson.«
Hudson befand sich auf der anderen Seite des St. Croix River, am östlichsten Rand des Pendlereinzugsgebiets von Minneapolis und dem unmittelbar angrenzenden St. Paul.
»Ach ja?« Kovac gab sich leicht überrascht. »Hübsche Stadt. Ich habe einen Freund in Hudson. Ray Farmer. Er ist der Polizeichef dort. Vielleicht kennen Sie ihn ja?«
»Nein«, sagte Ginnie und warf Ivors einen raschen Blick zu. »Ich lebe dort noch nicht sehr lange.«
Und doch war sie nicht neu in der Gegend. Was immer sie sonst auch sein mochte, sie war jedenfalls eine schlechte Lügnerin.
»Woher stammen Sie ursprünglich?«
»Illinois.«
Kovac runzelte die Stirn, als hielte er Leute aus Illinois für grundsätzlich verdächtig.
»Ich habe übrigens im Restaurant angerufen«, sagte er. »Sie haben mir erklärt, dass sie Freitag Abend um halb zwölf schließen.«
»Ja«, sagte Ivors. »Wir haben unser Gespräch an der Bar fortgesetzt.«
»Das heißt, wenn ich jemanden, der in der Bar arbeitet, frage, wird er mir also sagen, dass Sie drei dort waren, bis die Bar geschlossen hat.«
Ivors verlor etwas von seiner Leutseligkeit. »Und warum sollten Sie das tun, Detective? Haben wir etwa ein Gesetz gebrochen, das mir bis dato unbekannt war? Ich dachte, Sie wollten wissen, wo sich David Moore zum Zeitpunkt des Überfalls auf seine Frau aufhielt. Da kann es Ihnen doch egal sein, dass wir bis zwei Uhr in einer Bar gesessen haben.«
»Ich gehe nur allen Spuren nach, Mr. Ivors«, sagte Kovac. »Nehmen wir mal rein hypothetisch an, dass eine Person eine andere Person dafür bezahlt hat, Richterin Moore zu überfallen. Dann könnte die erste Person die zweite Person später aufsuchen, um sich seine Bezahlung abzuholen.«
»Das würde David niemals tun«, sagte Ginnie Bird in empörtem Ton.
Kovac sah sie überrascht an. »Kennen Sie ihn so gut?«
»Er ist einfach nicht der Typ dazu.«
»Ich bin schon eine halbe Ewigkeit Polizist, Ms. Bird, und ich habe die unmöglichsten Leute die unmöglichsten Dinge tun sehen. Leute, denen man so etwas niemals zugetraut hätte. Man kann nie voraussagen, wie jemand reagiert, wenn er nur lange genug gepiesackt wurde und das Gefühl hat, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Es gibt Leute, die nehmen, ohne mit der Wimper zu zucken, den kürzesten Weg zum Ziel, sei es ihre Freiheit, sei es ein Haufen Geld, und es ist ihnen völlig egal, ob dabei ein anderer auf der Strecke bleibt.«
»Sie tun ja geradezu so, als sei David ein Krimineller«, erwiderte sie wütend.
»Könnte er ja auch sein«, sagte Kovac. »Genau wie Sie. Darum geht es doch in einer Ermittlung. Man muss sämtliche Keller aufsuchen und nachsehen, welche Leichen dort liegen. Und eine ist bei den meisten zu finden.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte Ivors, ohne seine Verärgerung zu verbergen. »Carey Moore wurde in einem Parkhaus überfallen und ausgeraubt. Ihr Ehemann war von sieben Uhr an mit uns zusammen. Das ist doch alles, was Sie wissen müssen, Detective Kovac, oder?«
»Ja.«
»Gut, dann wissen Sie es jetzt.«
»Ich schätze mal, das darf ich als Aufforderung verstehen zu gehen.«
»Da draußen läuft ein dreifacher Mörder herum«, sagte Ivors. »Ich bin überzeugt, dass Sie Besseres zu tun haben, als hier herumzustehen und sinnlose Fragen zu stellen.«
Kovac lächelte leicht, als er zur Tür ging. »Wissen Sie, Mr. Ivors, das ist das Schöne an meinem Beruf. Es gibt keine sinnlosen Fragen. Haben Sie vielen Dank dafür, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben«, sagte er und nickte der Bird kurz zu. »Sie haben mir sehr geholfen.«
25
Karl Dahl fand das Haus von Richterin Moore ohne Probleme. Er erkannte es sofort, nachdem er es in den Nachrichten gesehen hatte. Es war ein schönes Haus aus roten Ziegeln, mit weiß abgesetzten Fensterumrahmungen und schwarzen Fensterläden. In solchen Häusern zogen vermögende, ehrbare Leute ihre Kinder groß und gaben elegante Abendgesellschaften.
Er stellte sich vor, wie es zu Weihnachten aussah, bestimmt wie auf einer dieser Weihnachtskarten. Sicherlich brannten in allen Fenstern
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