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In aller Unschuld Thriller

In aller Unschuld Thriller

Titel: In aller Unschuld Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Kerzen. An der glänzenden schwarzen Haustür hing ein großer Kranz, und um die zwei weißen Säulen waren Girlanden aus Immergrün gewunden. Drinnen stand eine riesige, gerade gewachsene Tanne mit bunten Lichtern und hübschem Weihnachtsschmuck …
    Aber auch im Herbst gab es ein schönes Bild ab. Die hohen Ahornbäume ließen ihre Blätter auf den Rasen fallen. Auf den Stufen zum Eingang lagen Kürbisse.
    In einem solchen Haus hatte er sich Carey Moore vorgestellt. Ein schönes Haus für eine schöne Frau.
    Dahl fuhr in dem Volvo vorbei, registrierte das Polizeiauto, das vor dem Haus geparkt war. Er kurvte einmal um den Block, hielt nach weiteren Polizeifahrzeugen Ausschau, konnte aber keine entdecken. Keine Streifenwagen, keine Zivilfahrzeuge, in denen Männer saßen, die so taten, als warteten sie auf jemanden.
    Da war eine kleine Gasse, aber er wagte nicht hineinzufahren. Gut möglich, dass im Garten des Hauses auch noch Polizisten postiert waren. Vielleicht würde er später den Volvo auf der Straße abstellen und im Schutz der Dunkelheit die Gasse zu Fuß erkunden.
    Erst einmal steuerte Dahl jedoch den Parkplatz am nördlichen Ende von Lake Calhoun an, der über einen Kanal mit dem Lake of the Isles verbunden war. Das schimmernde blaue Wasser des Lake Calhoun war gesprenkelt mit den leuchtend weißen Segeln von Booten. Der Lake Calhoun war riesig, zwischen seinen Ufern erstreckte sich eine Wasserfläche von ein paar hundert Hektar. Der Lake of the Isles war viel kleiner, aber sehr hübsch mit seinen kleinen Inseln und den vielen Schwimmvögeln, die über den Himmel segelten und auf der schimmernden Wasseroberfläche landeten.
    Dahl ging auf dem asphaltierten Weg, der am Ufer entlangführte, Richtung Norden. Scharenweise waren die Einwohner Minnesotas an die Seen gepilgert, um sich unter dem blauen Himmel in der Sonne zu aalen. Auf den Gehwegen begegneten sich Menschen jeden Alters, angefangen bei Babys in Kinder-wägen bis zu weißhaarigen alten Männern und Frauen. Radfahrer und Rollschuhfahrer flitzten an ihnen vorbei. Dahl genoss die frische Luft, er empfand Dankbarkeit und Optimismus. Er suchte sich ein Plätzchen auf einer Bank, von der aus er das Haus der Richterin sehen konnte, und setzte sich. Auf dem Weg zum See hatte er an einem Feinkostgeschäft gehalten und sich ein Roastbeef-Sandwich mit Senf und eine Flasche Cola gekauft. Jetzt holte er beides aus der Tüte und fing an zu essen.
    Er schnappte Gesprächsfetzen der Spaziergänger auf. Eine Frau beklagte sich über ihre Schwiegertochter, eine andere beklagte sich über ihren Hexenschuss und eine dritte über ihren Ehemann, zwei Männer tauschten sich über irgendein Geschäft aus, ein junges Paar war in ein ernstes Gespräch über die gemeinsame Zukunft vertieft.
    Ganz normale Menschen, die ein ganz normales Leben führten, dachte er. Menschen, die in ihre eigenen kleinen Dramen verstrickt waren und nicht bemerkten, dass die Frau auf der Parkbank, an der sie vorbeigingen, in Wirklichkeit der meistgesuchte Mann der Stadt war. Vielleicht des ganzen Landes.
    Dahl genoss das Komische der Situation, dass er sich in aller Offenheit versteckte. Er fühlte sich ungeheuer schlau. Als Karla Neal – nach Christine Neal, eine kleine Ehrbezeugung für die Frau, die ihm seine neue Identität verschafft hatte – wurde er als harmlos betrachtet, eine von vielen, die sich hier einen schönen Samstagnachmittag machte. Nicht der Aufmerksamkeit wert.
    Während er die Leute um sich herum beobachtete – Kinder, die am Ufer Enten und Kanadagänse fütterten, plaudernde Mütter, streitende Paare, alte Männer, die über den entflohenen Mörder redeten, alte Frauen, die machten, was alte Frauen nun mal so machen – , stellte sich Dahl vor, wie er mitten unter sie trat, sich die Perücke vom Kopf riss und das Monster enthüllte, für das sie ihn hielten.
    Er glaubte, den Schrecken fast greifen zu können, wie er über ihn hinwegstrich, ihn einhüllte. Er würde ihn einatmen und in reine Energie umwandeln. Dann würde er sich wie ein Riese fühlen. Unbesiegbar.
    Das würde natürlich niemals geschehen. Er würde bleiben, was er war: eine ruhige Frau, die den schönen Tag genoss, das schöne Haus in einiger Entfernung betrachtete und an die schöne Frau in dem Haus dachte.

26
    Stan Dempsey fuhr vorsichtig und hielt sich an sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen und Straßenverkehrsvorschriften. Dass sein Vorhaben gegen die Gesetze Gottes und der Menschen verstieß, war

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