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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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ihm. Er erwartet dich.«
    Sie faltet ihre Serviette, legt sie neben ihrem Glas ab. Sie hat ihren Zug gemacht. Wir mögen noch hier am Tisch sitzen, aber das Essen ist vorbei. Ich frage mich, ob sie die Geschäftsverhandlungen fürs Krankenhaus auch so führt. Den Umschlag rühre ich nicht an.
    »Mom …«
    »Da ist ein Scheck für dich drinnen. Du musst ein Konto eröffnen, wenn du noch eine Weile hierbleiben willst.«
    Und das ist das Zugeständnis. Sie lässt mich hierbleiben. Sie hat das Zeug zum Streikbrecher.
    »Zahl das Geld auf ein Konto ein und bezahl Dr. Lang und deine Ausgaben damit.«
    Kein Kampf. Nur furchtbare Bedingungen. Ich hätte es wissen müssen.
    »Mom …« Ich nehme noch einen Anlauf, weiß aber gar nicht, was ich sagen soll.
    »Dein Vater kennt Leute«, sagt sie, »und ich habe ein paar Verbindungen. Freunde von Freunden. Wir können was für dich finden, dir irgendwo einen richtigen Job besorgen. Damit du etwas Gutes zu tun hast in diesem Übergangsjahr.«
    Aha. So drehen wir das also. Als ob nie was passiert wäre.
    »Wir besorgen dir ein Auto, damit du tagsüber aus dem Haus kommen kannst und anfängst zu leben wie eine normale Achtzehnjährige.«
    »Ich hab einen richtigen Job«, sage ich. »Dad hatte recht mit der Bibliothek. Das war gut für mich. Richtig gut.« Ich hinke ihr ein paar Schritte hinterher.
    Riesenseufzer.
    »Wie kann es sein, dass du alles toll findest, wenn du denkst, es kommt von deinem Vater – und wenn ich etwas vorschlage, lehnst du es ab? Dein Job«, an dieser Stelle bekommt ihr Ton etwas Vernichtendes, »in der Bibliothek war meine Idee, nicht seine. Und als ich das Thema zum ersten Mal am Telefon angesprochen habe, hast du meine Anrufe drei Tage lang nicht entgegengenommen. Mamie, dein Vater hat jahrelang keinen Finger für dich gerührt. Er pumpt all seine Energie in diese Studenten. Du musst mir schon verzeihen, wenn ich es ein wenig schwierig finde, ihn jetzt als deinen Helden zu sehen.«
    Ich trinke Wasser. Kann sie nicht ansehen.
    Sie holt tief Luft.
    »Es muss in dieser Stadt doch noch andere Leute geben als diesen unglückseligen Jungen, mit dem du zusammen bist oder auch nicht.« Sie lässt einen schnellen, zweifelnden Blick durchs Restaurant schweifen. »Leute in deinem Alter, die was unternehmen. Was hast du denn mit deinen Freunden gemacht, als du noch zu Hause warst?«
    »Wir haben gemacht, was du von uns verlangt hast, und danach haben wir gefeiert, Mom. Wir haben getrunken und Sex gehabt.«
    Das sage ich, um sie zu schocken. Ist gemein von mir. Plötzlich fühle ich mich gemein. Genug, um gegen das zu verstoßen, was ich für unsere Vereinbarung gehalten habe. Im Wesentlichen habe ich gemacht, was sie von mir wollte, und sie hat weggeguckt. Solange ich vorsichtig war. Vorsichtig. Wie sich herausstellte war das der große Haken.
    Sie zieht ein langes Gesicht. So als würde sie anfangen zu weinen. Dann fasst sie sich wieder. Es ist ein bisschen so, als würde man dabei zusehen, wie der Computer eine Datei löscht.
    Jetzt wird sie von diesem Richtigen-Job-Ding abrücken. Ich weiß so dies und das über Verhandlungen – hab bei einer der Besten gelernt.
    »Also«, sagt sie und versucht, einen muntereren Ton anzuschlagen, »du hältst diesen Termin bei Dr. Lang ein und lässt mich jemanden besorgen, der dieses Haus da ab und zu mal sauber macht.« Ganz so, als würde sie nicht viel verlangen. Wieder so ein Verhandlungstrick.
    Ich guck die kleine Kerze an und versuche zu atmen.
    »Wren«, sagt sie ein wenig verzweifelt, »ich hab dich lieb.«
    Ich blinzele Tränen weg.
    »Lass ihn helfen«, sagt sie. »Dr. Lang. Lass dir von ihm helfen, deinen Weg da durch zu finden.«
    Meinen Weg da durch finden. Was bleibt mir anderes übrig? Und allen anderen?
    Laut Larkin ist das die Art Frage, bei der Priester und Arzt angerannt kommen.
    Ich musste einlenken. Sie liebt mich. Und sie kann nicht wegfahren, ehe sie nicht das Gefühl hat, irgendwie geholfen zu haben.
    In ihrem Auto, auf dem Weg zurück zu Dad, zischen brachliegende Felder und öde Flächen an meinem Fenster vorbei. Ich stelle mir vor, wie sie mit Larkins Arzt und Priester angerannt kommt. Wie ein Flügelpaar flattert der Mantel hinter ihr her, hinter meiner Mutter, die kommt und eine Route aufzeigen will, die wegführt von diesem dunklen Ort, an dem ich mich befinde.

Viel zu schnell
    Ich halte an nichts fest. Patrick hatte mal eine Zen-Buddhismus-Phase, ist rumgelaufen und hat Sachen gesagt wie:

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