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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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»Wann-wirst-du-endlich-aufwachen-und-aufs-College-gehen«-Gespräch zurück. Wenigstens den größten Teil des Tages.
    »Also, was hast du hier oben getrieben?«, fragt sie. Wir sind essen gegangen. Im Stone Harbor, in der Stadt. Da, wo Cal am ersten Abend mit mir hingegangen ist. Tolle Erinnerungen.
    Ich antworte nicht.
    Sie wiederholt die Frage. Die alles entscheidende Frage. Ihr Gesicht ist ein Bild der Sorge. Ich wünschte, wir würden uns um die gleichen Dinge sorgen, das wäre so viel einfacher.
    Ich schau mich im Restaurant um. Anscheinend beachten die Leute uns nicht. Natürlich musste sie mit mir ausgehen. Ihre Wortwahl, musste .
    Ich kann nichts sagen, was sie gern hören würde. Darin war ich mal gut. Ich bin nicht aus der Reihe getanzt. Aber das kriege ich nicht mehr hin. Eine gute Antwort gibt es nicht. Ich hab gelebt. Mehr hab ich nicht zu bieten. Kommt mir ganz schön viel vor.
    Tapp, tapp, tapp. Ihr Finger auf der Tischplatte. Ich seh ihn an. Sie hört auf. Das verrät sie. Wenn sie Angst hat.
    »Ich weiß nicht, Mom.«
    Ich schiebe mein Essen auf dem Teller herum. Ich enttäusche sie. Immer hab ich gemacht, was sie verlangt hat. Ich war verantwortungsbewusst und sie hat mich in Ruhe gelassen. Es ist nicht so, dass ich ihr nicht nahe sein wollte, ich wollte nur einiges für mich behalten. Sie hat feste Vorstellungen davon, wie Dinge sein sollten. Mein Leben. Wie ich es leben sollte. Deshalb hab ich ihr nur das erzählt, was sie wissen wollen würde. Wir sind zusammen in Urlaub gefahren, jedes Jahr, drei Wochen im August, dann sind wir wieder in unser geregeltes Leben zurückgekehrt. Sie hatte das Gefühl, eine fantastische Mutter zu sein, und ich hatte es fast geschafft, da rauszukommen.
    »Ich lese«, sage ich schließlich. Hört sich lahm an, wie eine Entschuldigung. Vermutlich ist es das auch irgendwie.
    Sie bemüht sich nicht, ihre Bestürzung zu verbergen. Macht den Rücken steif dagegen, richtet sich noch gerader auf, wenn das möglich ist, und nimmt das tapp, tapp, Tappen wieder auf. Als ob sie irgendeinen Knopf drücken würde, mit dem sich alles regeln lässt. Der mich wieder zusammenflickt.
    »Ich arbeite in der Bibliothek. Und ich laufe.«
    »Du liest und du läufst. Aha. Können das und dieser Junge den Tag füllen?«
    Ich nicke. Darum ist sie hier. Ich sollte ihr die Mühe ersparen und ihr sagen, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Wegen Cal. Wegen uns. Es ist bestimmt vorbei. Ich hab es total kaputtgemacht. Mein Magen zieht sich zusammen. Ich atme hörbar. Vielleicht hat er angerufen. Ich bezweifele es. Schweigen von seinem Ende der Welt, seit er mich abgesetzt hat.
    »Dein Vater hat mir ein wenig über deinen neuen Freund erzählt«, sagt sie und steckt sich ein perfekt aufgespießtes Salatblatt in den Mund. »Den Sohn des Architekten.«
    Ich starre meinen Spargel, das Fischfilet, den kleinen Wintersalat an. Sieht aus wie ein Berg von Essen, den ich nur mit viel Mühe runterwürgen werde. Alles kommt mir schwer vor. Ich will Cal anrufen, das geht aber nicht. Noch mehr Zurückweisung könnte ich nicht verkraften.
    »Sie haben nicht weit von uns gewohnt, weißt du, in der Stadt. Harry Owen und seine Frau. Das war vor deiner Geburt. Als wir noch ganz am Anfang standen.«
    Mein Herz rast, als ich sie seinen Namen sagen höre. Als ob sie ihn erscheinen lassen könnte.
    »Ihr Leben hat wirklich eine schlimme Wendung genommen.«
    Großer Seufzer. Hebt ihr Weinglas.
    »Das hat das Leben so an sich«, sage ich.
    Mit der Gabel stochere ich in meinem Fisch. Armer Fisch. Zu tief unten in der Nahrungskette. Ich schiebe ihn durch die Soße. Nehme einen Bissen in den Mund. Kaue.
    Sie schaut mich an, lange und eingehend. Jetzt kommt’s. Irgendwas. Ich weiß nicht, was, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es mir nicht gefallen wird.
    »Arbeite doch ein bisschen mit, okay, Schatz? Du warst immer so eine starke Persönlichkeit, das hast du von mir.« Sie nimmt den winzigsten Schluck Wein und tupft sich schnell mit der Serviette den Mund ab. »Wren, es ist keine gute Idee, im Moment, wenn du … ich will, dass du jemanden aufsuchst.«
    Sie schaut mich mit so einer Zärtlichkeit an, dass ich kaum höre, was sie sagt.
    Dann aber doch.
    Innerlich falle ich zusammen.
    »Was meinst du damit? Was ist keine gute Idee? Wer ist jemand?«
    Wieder mustert sie mich und ganz kurz registriere ich so etwas wie Angst bei ihr.
    »Dich zu verlieben an einem Ort wie diesem, vor dem College, vor … ich finde, dass

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