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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy McNamara
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nicht?«, frage ich und ziehe es mir über den Kopf.
    »Sie hatte schon ein Zimmer im Bed & Breakfast. Da hätte sie es bequemer, sagte sie, Privatsphäre, ein sauberes Bad …« Er lächelt mich an, zwinkert. »Du kennst ja deine Mutter. Sie hat mir erspart, sie zum Hierbleiben einladen zu müssen, bevor ich überhaupt daran denken konnte.«
    Ich lasse mich wieder auf mein Kissen fallen. »Warum ist sie hier?«, frage ich. »Hast du …?«
    »Sie angerufen?« Er schüttelt den Kopf. »Nein, wir haben nur per E-Mail Kontakt gehalten, seit es so aussieht, als würde es mit dir … als würde es mit dir bergauf gehen.«
    Er reibt die zerkratzte Hand am Bein seiner Arbeitshose.
    »Ich bin heute im Atelier, Zara und Jeb kommen und helfen beim Metallfalzen, aber ich kann Nick bei ihnen lassen und mich zur Verfügung halten, falls du mich brauchst.«
    Im Laufe der Jahre war ich immer wieder mal wütend auf meinen Dad, weil er sich für die Kunst und gegen uns entschieden hatte, aber in Augenblicken wie diesem kann ich ihm alles verzeihen. Als Elternteil ist er nicht besonders verlässlich, aber er weiß, worauf es ankommt. Er versteht mich.
    Ich schüttele den Kopf. »Nicht nötig, Dad«, sage ich. »Wir kriegen das hin. Aber danke fürs Wecken, ich lauf noch, bevor sie kommt.«
    »Beeil dich lieber. Wie ich sie kenne, ist sie schon auf dem Weg hierher.«
    Ich schlinge die Arme um ihn, umarme ihn fest.
    »Wren … gestern Abend … ist alles in Ordnung?«, fragt er.
    »Darüber will ich nicht reden«, sage ich, schlage die Decke zurück und steige aus dem Bett.
    Meine Mutter fährt vor, als ich gerade rauswill. Ich winke und bin schon weg, ehe sie was sagen kann.
    Trotz der Morgensonne ist der Tag eisig. So ist das hier oben. Permafrost. Helligkeit ist nicht gleich Wärme. Es fällt mir schwer, meinen Rhythmus zu finden, mich zu konzentrieren. Cal. Es kommt wieder. Sein Gesicht am Tisch, als ob er mich durchschauen könnte, sehen könnte, was ich mir vorgestellt habe. Es gibt mir einen Stich. Ich muss kurz Pause machen, wieder zu Atem kommen. Dann noch meine Mutter, die zu Hause auf mich wartet. Ich will weiterlaufen, stolpere aber ein paar Mal, fuchtele wild herum, um mich abzufangen, und schließlich, gezerrt und wund, gebe ich auf und kehre um. Winterläufe erfordern Konzentration. Mein Kopf ist nicht bei der Sache.
    Mom ist in meinem Zimmer, als ich reinkomme, sie faltet meine Sachen und stapelt sie ins Regalfach.
    »Ehrlich, Wren«, sagt sie und schaut sich müde im Zimmer um, »hat dein Vater denn nie jemanden zum Saubermachen da?«
    Typisch. Ich muss fast lachen. Fast.
    »Ich könnte dir jemanden suchen«, sagt sie, »wenn du möchtest.«
    Sie versucht, sanft vorzugehen, mich nicht zu überrennen.
    »Möchtest du das? Jemanden, der hier sauber macht? Ich arrangier das, bevor ich in die Stadt zurückfahre.«
    Ist mir total egal. Das ist Teil des Problems, vermute ich.
    »Wenn es dich glücklich macht, Mom«, sage ich. »Aber ich könnte auch einfach meinen Arsch hochkriegen und ab und zu mal putzen.«
    »Deine Ausdrucksweise.« Sie zuckt zusammen. Ich darf eigentlich nicht fluchen. Ich muss aufpassen, sonst hält sie es noch für nötig, länger zu bleiben.
    Sie zieht die Laken von meinem Bett ab und wirft sie in den Wäschekorb, der vernachlässigt in der Ecke steht.
    »Saubere hab ich nicht«, sage ich. Hab es nie geschafft, mir einen zweiten Satz Bettwäsche zu kaufen.
    Großer Seufzer von ihr. »Na, dann. Gut, dass ich gekommen bin. Wir müssen los und ein paar Sachen besorgen. In dieser Stadt kann man so was wohl nicht kaufen, oder? Brauchst du auch Handtücher?«
    Sie schaut in mein Bad und schüttelt den Kopf.
    »Wie hast du nur so leben können?«
    »Ich komm zurecht.« Ich halte meine Handtücher sauber. Einigermaßen.
    »Dusch jetzt«, sagte sie. »Dann machen wir uns auf und besorgen ein paar Sachen.«
    Und so läuft das. Ich lasse mein Handy zurück, damit ich nicht alle paar Minuten nachsehen kann, ob Cal angerufen hat, und dann verbringe ich einen ganzen Tag shoppend mit meiner Mutter. Sie nötigt mir neue Klamotten auf, Bettwäsche, Handtücher und bietet mir sogar an, Bücher zu kaufen. Sie gibt sich Mühe. Schafft es, ihre Ansichten größtenteils für sich zu behalten, abgesehen von einer Bemerkung über junge Frauen, die in nichts als Jeans und Turnschuhen leben und völlig vergessen, wie man sich präsentabel macht. Sie hält sogar das

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