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In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Schloss auf und eine Tür fiel krachend zu. Das war schon ungewöhnlich. Wenn mich jemand besuchen wollte, warum wartete er dann nicht ab, bis ich die Tür öffnete? Und wenn er einen Schlüssel besaß, warum klingelte er dann überhaupt? Andererseits befand ich mich offensichtlich nicht in meiner eigenen Wohnung, also war es gar nicht ausgemacht, dass dieser Jemand mich besuchen wollte.
    »Carlo, bist du da?«, rief eine männliche Stimme.
    Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Besser, ich hielt mich da raus. Ich glaubte, mich zu erinnern, dass ich mich in letzter Zeit zu viel eingemischt hatte.
    Die Schritte auf der Treppe kamen näher. Ich zog die Beine an und kroch hinter einen Sessel. Nur mit Mühe konnte ich ein Stöhnen unterdrücken.
    »Carlo?«, hörte ich noch einmal, jetzt mit ungläubigem Unterton. Dann ein verwundertes Pfeifen und ein halblautes »Junge, Junge!«
    Ich linste in Bodennähe um die Sesselkante. Hajo Gries stand im Raum und blickte sich um. Vor Hajo hatte ich keine Angst, aber ich blieb trotzdem in Deckung. Denn langsam kehrte mein Gedächtnis zurück.
    Nach etwa zehn Sekunden trat Hajo den Rückzug an. Inzwischen hatte ich einen meiner spontanen Entschlüsse gefasst. Als er die Haustür erreichte, hievte ich mich hoch. Sofort wurde mir speiübel und ich kotzte auf den Teppich. Anschließend ging es mir etwas besser.
    Die ganze Aktion hatte kaum länger als fünfzehn Sekunden gedauert, aber wenn ich Hajo verfolgen wollte, musste ich mich sputen. Also torkelte ich, so schnell ich konnte, um das Haus herum und zerkaute unterwegs eine Aspirintablette. Für den Notfall habe ich eine kleine Apotheke in meinem Jackett.
    Als ich vorne ankam, sah ich noch die Rücklichter von Hajos Auto. Mit pfeifendem Atem, ohrenbetäubendem Brummen im Kopf und viel zu spät erreichte ich mein eigenes. Meine einzige Hoffnung war eine lange Rotphase am Kardinal-von-Galen-Ring. Und tatsächlich – das professionelle Glück blieb mir heute treu. Er bog gerade auf den Ring ein und ich schoss, inzwischen wieder bei Rot, hinterher.
    Gewöhnlich lässt man bei Verfolgungsjagden ein neutrales Auto dazwischenfahren, um nicht die Aufmerksamkeit des Verfolgten zu erregen, aber um zwei Uhr nachts ist das leichter gesagt als getan. Die Scharnhorststraße war autoleer, erst am Ludgeriplatz wurde es etwas belebter. Hajo fuhr weiter nach Osten und ich folgte ihm in gehörigem Abstand. Am Hansaring änderte er plötzlich die Richtung und steuerte auf das Hafengebiet zu. Jetzt wurde die Verfolgung kriminell. Nachts war der münstersche Hafen so tot wie eine Eisdiele auf Grönland.
    Am Hafenweg schaltete ich das Licht aus und rollte unauffällig um die Ecke. Hajos Auto parkte etwa dreihundert Meter vor mir.
    Auf dem Seitenarm des Dortmund-Ems-Kanals dümpelten ein paar nachtschlafene Lastkähne. Umspielt von einem dünnen Nebel reckten am gegenüberliegenden Ufer Kräne ihre Dinosaurierhälse in die Luft. Ich war um das Gebäude herumgegangen und entdeckte im ersten Stock hinter heruntergelassenen Jalousien einen matten Lichtschein. Hajo werkelte dort oben herum und ich hätte zu gern gewusst, was ihn um diese Zeit in diese Gegend trieb.
    Die schwere Metalltür auf der dem Hafen zugewandten Seite war verriegelt. Ich probierte den Trick mit dem fälschungssicheren Personalausweis, vor dem Eduard Zimmermann immer seine Zuschauer warnt, und zu meiner eigenen Überraschung klappte er auf Anhieb. Ich schlüpfte hinein und ließ leise die Tür zugleiten. In dem Halbdunkel vor mir erkannte ich eine Art Warenlager, bestehend aus beschrifteten Kartons, die in Regalen gestapelt waren. Eine Metalltreppe führte nach oben.
    Vorsichtig einen Schritt nach dem anderen ausbalancierend, schlich ich die Treppe hinauf. Eine weitere Tür gab mit leichtem Quietschen den Blick auf einen düsteren Gang frei. Ich wartete einige Sekunden, ob das Quietschen irgendwelche Reaktionen hervorrief. Als nichts geschah, traute ich mich in den Gang hinein. Hier gab es mehrere Türen, von denen eine nur angelehnt war. Aus ihr drangen Geräusche, die mir nicht unbekannt waren, die ich an diesem Ort allerdings nicht vermutet hätte. Ich presste ein Ohr an den geöffneten Türspalt und jetzt war das lustvolle Stöhnen und Keuchen unverkennbar. Hinter der Tür musste eine Orgie stattfinden, denn ich erkannte mindestens drei verschiedene Stimmen.
    Da man im Inneren ziemlich beschäftigt war, konnte ich es wagen, den Türspalt zu verbreitern. Aber statt einer

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