In alter Freundschaft - Kriminalroman
verloren geht. Vor jedem Baum und Strauch prangt ein Schildchen, das den botanisch interessierten Besuchern verrät, über welche Artenvielfalt die Erde verfügen könnte, wenn man sie nur ließe.
Der Botanische Garten in der Mitte ist das Prunkstück der Pflanzenausstellung und wird vom Biologischen Institut betreut. Gleich hinter dem Eingang stehen auf der linken Seite zwei Gewächshäuser, in denen zu tropischen Temperaturen entsprechendes Grünzeug wächst.
Armin stand zwischen den Bambusstauden. Er hatte eingefallene Wangen und einen flackernden Blick. Die rotunterlaufenen Augen verrieten, dass er in letzter Zeit viel nachdachte und wenig schlief.
Wir begrüßten uns mit einem Kopfnicken.
»Wo hast du die letzten Tage verbracht?«, fragte ich.
»Auf dem Land, bei Freunden.«
»Bist du da in Sicherheit?«
Er nickte.
»Das ist gut, denn ich habe bis jetzt noch nichts gefunden, das dich entlasten könnte.«
»Hast du die beiden Typen überprüft, die ich dir genannt habe? Breider und Bohnenfeld?«
»Überprüft ist zu viel gesagt. Ich habe sie in Augenschein genommen. Den einen halte ich für zu schlapp, den anderen für zu geschäftstüchtig, um ein Verbrechen aus Leidenschaft zu begehen. Natürlich kann ich mich irren. Aber mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit haben wir Nieten gezogen.«
Das Flackern in Armins Blick nahm zu. »Georg, bist du ganz sicher? Du willst doch wohl nicht aufgeben? Ich habe keine andere Chance.«
»Wer redet denn von aufgeben?«, sagte ich und zündete mir verbotenerweise einen Zigarillo an. »Es gibt noch einen dritten Mann.« Und ich erzählte ihm von Bohnenfelds Beobachtung.
Armin schüttelte den Kopf. »Nein, kenne ich nicht.«
»Keine Ahnung, wer das sein könnte?«
Er grübelte. »Ines muss ihn heimlich getroffen haben«, sagte er nach einer Weile. »Ich meine, sie wusste, dass ich ziemlich eifersüchtig war und so.«
»Was heißt und so? «
»Na ja, ich habe sie beobachtet, ihren Terminkalender gelesen, alles, was man so macht, wenn die eigene Frau fremdgeht.«
»Ich weiß nicht, was man als eifersüchtiger Ehemann macht«, warf ich ein.
Er schaute mich kurz an. »Klar. Du verstehst das nicht. In einer solchen Situation ist man zu Dingen fähig, über die man sich hinterher selber wundert.«
»Und zu was warst du fähig?«, fragte ich.
Er lief rot an. »Du glaubst doch nicht etwa immer noch, dass ich …«
»Ich glaube gar nichts«, unterbrach ich ihn. »Ich brauche Fakten. Je mehr ich weiß, desto eher kann herausfinden, wer der Unbekannte ist.«
Das leuchtete ihm ein.
»Äußerlich war in den letzten Wochen alles normal. Wir stritten uns oft, aber ich hatte keinen Grund, jemanden konkret zu verdächtigen.«
»Hast du sie verfolgt, wenn sie ausging?«
»Hin und wieder. Meistens ging sie zu Claudia.«
»Woher kannte sie Claudia?«
»Von früher. Die beiden sind zusammen zur Schule gegangen.«
»Was ist mit ihren Arbeitskollegen? Wo hat sie überhaupt gearbeitet?«
»Sie hatte eine Stelle am Freiherr-von-Schaum-Gymnasium. Als ich nach Münster versetzt wurde, hat sie sich hierher beworben und prompt eine Stelle gekriegt. Für ihre männlichen Kollegen hatte Ines allerdings nicht viel übrig. Die reden nur über Fußball und Eigenheime, sagte sie.«
»Andererseits scheint Ines in der letzten Zeit nicht besonders wählerisch gewesen zu sein.«
Armin reagierte sauer. »Was willst du damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass ich mir alles vorstellen kann. Sogar, dass sie etwas mit einem Typen hatte, der über Fußball und Eigenheime redet.«
Wütend starrte er mich an. Dann mischte sich Resignation in den Blick. »Vermutlich hast du recht.«
Wir betrachteten uninteressiert die vom Aussterben bedrohte Vegetation. Wie nebensächlich fragte ich: »Wo kann ich dich erreichen?«
»Ich rufe dich an. Das ist besser so.«
»Wie du meinst«, sagte ich.
Das Haus auf der Sentruper Höhe war noch bewohnt.
»Ach, Sie sind das«, sagte Claudia Kummer, ein wenig freundlicher als beim letzten Mal. Das Kettenschloss hakte sie trotzdem nicht aus. »Ich habe leider keine Zeit.«
»Nur fünf Minuten«, widersprach ich. »Ich bin da auf was Neues gestoßen.«
Damit hatte ich sie an der Angel. Wir gingen ins Wohnzimmer, das noch genauso aussah wie vor drei Tagen. Ich räumte einen Sessel frei und lehnte mich zurück. Meine Gastgeberin blieb an der Anrichte stehen, ganz darauf bedacht, keine Atmosphäre der Gemütlichkeit entstehen zu lassen.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher