In alter Freundschaft - Kriminalroman
riesigen Parkplatz des Bad. Meine Hände wurden feucht, der kalte Schweiß trat mir auf die Stirn. Wollte ich die Observation nicht vorzeitig abbrechen, musste ich an mehreren dieser muskelbepackten Anabolikaopfer am Eingang vorbei.
Die in allen Farben schillernde Zielperson war seit drei Minuten im Bad verschwunden, als ich mich lässigen Schrittes dem Eingang näherte. Drei Mark Eintrittsgeld hatte ich vorsorglich in die Hand genommen, damit ich nicht lange im Portemonnaie kramen musste.
Meine Hoffnung auf Andrang an der Kasse erwies sich als unbegründet. Ganz allein stand ich da, knallte die Geldstücke auf die Theke und guckte betont desinteressiert in eine andere Richtung. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie der Muskelmann hinter der Kasse den Muskelmann neben ihm, der die Getränkekarten verteilte, anstieß.
»He, kennen wir den nicht?«
»Ich glaub, ich hab das Gesicht schon mal irgendwo gesehen.«
Die einfache Tour hatten sie mir vermasselt. Ich drehte mich um: »Jungs, macht keinen Aufstand. Ich bin nur zu meinem Vergnügen hier.«
Muskelmann Nummer zwei grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Hast du gehört, er ist zu seinem Vergnügen da.«
»Es macht ihm auch noch Spaß«, sagte der erste. »Hätte gar nicht gedacht, dass er so ein Perverser ist.«
Zu meinem Glück schlenderte in diesem Moment Hajo Gries heran.
»Los jetzt: die Karte!«, zischte ich. »Sonst gibt's Theater.«
Wortlos und mit bösen Absichten im Blick drückte mir Muskelmann Nummer zwei die Karte in die Hand.
Nummer eins rief mir nach: »Wir sehen uns!«
»Lasst euch Zeit!« Ich war schon auf der Treppe nach oben.
Zu dieser frühen Nachtzeit taten sich auf der Tanzfläche noch etliche Lücken auf. Ich stieg weiter nach oben, zur Galerie, weil man von dort einen guten Überblick hatte. Doch nach einer Viertelstunde musste ich feststellen, dass mir der beste Überblick nichts nutzte. Claudia Kummer war weder auf der Tanzfläche noch an einer der Theken. Sie war einfach verschwunden.
Ich holte mir von unten ein Bier, wobei mir Sonja zur Kündigung gratulierte, und beobachtete weiter das Geschehen. Schaden konnte es ja nicht und den Spießrutenlauf am Ausgang sparte ich mir für später auf.
Eine halbe Stunde darauf klärte sich das geheimnisvolle Verschwinden der Kummer auf natürliche Weise. Etwa fünf Meter von mir entfernt öffnete sich eine Wandtür und sie trat heraus, dicht gefolgt von Carlo Ponti. Sekundenbruchteile lang überlegte ich, ob ich mich umdrehen oder unter einen Tisch abtauchen sollte, dann ließ ich es bleiben. Ich hätte mich sowieso nur lächerlich gemacht. Also setzte ich ein breites Grinsen auf und spielte den überraschten alten Bekannten.
Sie erwiderte das Lächeln, allerdings mit einem deutlichen Einschlag ins Höhnische. Zu mehr kam es nicht, denn Carlo Ponti hatte mich mittlerweile entdeckt und steuerte auf mich zu.
»Ciao, bis später«, rief er ihr nach, bevor er mir seine breite Pranke auf die Schulter hieb. »Schorsch, schön dich zu sehen! Ich wusste doch, dass du nicht klein beigibst. Spuck's aus!«
»Du irrst dich, Carlo«, sagte ich. »Ich bin rein zufällig hier.«
Er knipste das Strahlen in seinem Gesicht aus. »Schorsch, was ist nur aus dir geworden? Früher warst du ganz anders.«
»Ich kann mich nicht daran erinnern«, bemerkte ich.
»Na ja«, er zerrte mich zur Treppe, »früher waren wir alle Draufgänger. Ich weiß noch, auf unserer ersten Tournee, da sind wir nach jedem Auftritt mit einem anderen Häschen ins Bett gegangen. Heute habe ich Angst vor Aids, Tripper, Syphilis und was es sonst noch gibt. Wenn sich heute eine Verrückte bis zur Garderobe durchschlägt, wird sie von einem Roadie wieder rausgeschmissen. Da schütten wir uns nach einem Auftritt höchstens mal die Lampe voll.«
Ich erinnerte mich, etwas Ähnliches in einem Interview mit einem Rolling Stone gelesen zu haben, und bezweifelte stark, dass Carlo Ponti jemals von weiblichen Groupies überrannt worden war, beließ es aber bei einem zustimmenden Brummen.
Inzwischen waren wir bis zur Theke vorgedrungen und Carlo orderte zwei doppelte Scotch mit Eis. Sonja war die Höflichkeit selbst, das heißt, sie machte keine hämischen Bemerkungen.
»So ganz scheinst du auf das Vergnügen ja nicht verzichtet zu haben«, startete ich einen Versuchsballon.
Er trank den Whisky aus. »Wie meinst du das?«
»Ich meine die Mieze, die gerade aus deinem Büro kam. Ihr habt doch keine Patiencen gelegt, oder?«
»Ach die, nee, mit
Weitere Kostenlose Bücher