Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
beinahe eins über den Kopf geben müssen, damit er mich in Ihrem Arbeitszimmer unterbrachte, aber ich wußte, daß Sie mich nicht nach San Franzisko kommen lassen und mir dann diese herrliche Aussicht vorenthalten würden.«
    Damit hatte er Jim den Wind aus den Segeln genommen. »Nein, natürlich nicht.« Er machte einen schwachen Versuch, es Pogo an Großzügigkeit gleichzutun. »Sie werden nichts dagegen haben, wenn ich gelegentlich mal hineinkomme, tun mir etwas zu holen?«
    »Ganz und gar nicht!« sagte Pogo. »Wie es Ihnen paßt. Oh — da fällt mir ein...«
    »Ja?« fragte Jim argwöhnisch.
    »Als ich ankam — Sie waren noch nicht da —, rief irgend jemand an. Ich habe mir gestattet, den Anruf anzunehmen. Ein Mann, der Voltaire hieß — kann das stimmen? Ein Weinhändler.«
    »Rousseau«, sagte Jim.
    »Richtig! Rousseau. Er hatte anscheinend wegen des Champagners für die Hochzeitsfeier alles durcheinandergebracht. Ich habe ihm zu Dom Perignon geraten — dreiundvierzig oder siebenundvierzig, es sind beides gleich gute Jahrgänge. Mindestens sind sie trinkbar.«
    »Trinkbar!« sagte Jim. »Das will ich hoffen! Zu hundertfünfzig Dollar die Kiste.«
    »Auf Dom Perignon kann man sich verlassen«, sagte Pogo.
    »Finden Sie nicht, daß er ein bißchen teuer ist?«
    »Teuer?« sagte Pogo und zog überrascht eine Augenbraue hoch. Er kicherte, als ob Jim einen sehr geistreichen Witz gemacht habe. »Vielleicht für eine Schiffstaufe, aber nicht für Jessicas Hochzeit!«
    Wie auf Bestellung läutete das Telefon in diesem Augenblick. Jim ging hin und rief: »Hallo!... Ja?...« Dann drehte er sich zu Roger um. »Es ist für Sie. Ihre Schwester, von der Ranch.«
    »Danke!« sagte Roger und lief eilig zum Apparat. Und nach den ersten Worten war uns klar, daß irgendein Unheil sich ereignet hatte.
    Ich sah, daß seine Gesichtszüge sich spannten. Er wirkte plötzlich nicht mehr jungenhaft und unerfahren, sondern knapp und selbstsicher. »Was meinst du?« sagte er scharf. »Wann war das?... Heute morgen war er noch vollkommen in Ordnung. Ich habe nach ihm gesehen, ehe ich wegfuhr.«
    Jessica rannte zu ihm. »Liebling, was ist los?«
    Kurz sagte er: »Governor hat Lungenentzündung.«
    »Oh, nein!« Sie sah aus, als ob sie gleich in Tränen ausbrechen würde.
    Pogo fragte besorgt: »Sein Vater?«
    »Nein«, rief Jessica. »Sein preisgekrönter Stier.«
    »Großer Gott!« murmelte Pogo.
    Wir standen alle und hörten Roger zu. Er war blaß geworden, und ich sah, daß er tief beunruhigt war. Aber ich konnte nicht anders, ich mußte denken: Werden Bullen nicht als die höchsten Symbole für Stärke und Lebenskraft betrachtet? Wie konnte ein Bulle Lungenentzündung bekommen? Bei diesem warmen Wetter? Vielleicht war Governor ein besonders anfälliger Bulle? Vielleicht hatte diese künstliche Besamung seine Stärke untergraben?
    Roger sprach heiser und abgehackt: »Liz — liegt er? Könnt ihr ihm das Atmen erleichtern? Ist Dr. Sempler da? Wie meinst du — Dr. Sempler argwöhnt noch etwas anderes?... Um Himmels willen!... Wie ist sein Stuhl?... Dann legt es unter das Mikroskop!... Gut. Ja. Sofort... Ja. Sofort!... Bis nachher!«
    Jessica jammerte: »Oh, Roger, das ist ja furchtbar!«
    Pogo fragte höflich: »Wie ist sein Stuhl?«
    »Sie haben ihn noch nicht untersucht«, sagte Roger. Er fuhr hilflos mit der Hand über sein kurzes Haar. »Dr. Sempler meint, er könnte außerdem ansteckendes Verwerfen haben.«
    »Oh, nein, nein!« sagte Jessica.
    Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben. »Ansteckendes Verwerfen? Bei einem Bullen?«
    Jessica schalt mich wie ein schwachsinniges Kind: »Es ist schrecklich ernst, Mutter! Governor kann es überallhin verbreiten!«
    Ich versuchte, Roger zu trösten. »Also — wenn er Lungenentzündung hat, kann er solche Ansteckung nicht verbreiten. Er ist dann viel zu schwach. Als Jim vor drei Jahren Lungenentzündung hatte...«
    Jim unterbrach mich: »Müssen Sie zur Ranch hinaus, Roger?«
    »Ja. Sofort. Es tut mir leid.«
    »Aber Roger!« rief Jessica. »Die Party!«
    Er sah finster vor sich hin. »Es tut mir wirklich leid, Liebling, aber ich muß hinfahren. Liz wartet auf mich«
    Jessica schien vor Enttäuschung in sich zusammenzusinken. »Oh... Und ich habe ein neues Kleid dafür... Und das Halsband...«
    Ich legte ihr einen Arm um die Schultern. »Es ist schade, aber du kannst dich einem anderen Paar anschließen. Es sind ja irrsinnig viele Leute da.«
    Sie zwinkerte, um ihre Tränen

Weitere Kostenlose Bücher