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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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machen. Genug ist genug! Ich hustete laut und ging die Treppe hinunter. Sie schienen so erschrocken zu sein, als ob ich von einem anderen Planeten käme.
    »Mutter!« sagte Jessica.
    »Ah, Kate«, sagte Pogo und sprang auf, schuldbewußt, als ob wir noch in den alten Zeiten lebten und ich ihn mit einer anderen Frau erwischt hätte.
    Ich sagte: »Nun — habt ihr euch gegenseitig entdeckt?«
    »Das haben wir«, sagte Jessica.
    Pogo steckte die Hände in die Taschen und schlenderte ein paar Schritte zur Seite. »Ist eigentlich schon mal jemand durch das Goldne Tor geschwommen?« sagte er im Plauderton.
    »Oh, oft genug«, sagte Jessica. »Mutter, weißt du, daß Vater einmal über den Hellespont geschwommen ist?«
    Ich wußte es, sagte jedoch: »Ich dachte immer, das sei Lord Byron gewesen.«
    Er sah mich vorwurfsvoll an. »Ich habe es ihr nicht erzählt«, sagte er, als ob ich behauptet hätte, er habe sich mit seinen Heldentaten gebrüstet. »Sie sammelt so etwas.«
    Von draußen klang eine Autohupe herein, und Jessica rief: »Das ist Roger, Vater! Ich muß ihm dein Geschenk zeigen!« Und sie rannte hinaus.
    Nachsichtig lächelnd sagte Pogo: »Sie freut sich wirklich über das Halsband, nicht wahr?«
    »Sicher. Wie ich mich damals auch darüber gefreut habe.«
    Er runzelte die Stirn. »Was meinst du damit, Kate?«
    »Als du es mir geschenkt hast.«
    »Ich habe es dir nie geschenkt.«
    Ich war wütend. »Du hast mir dieses Halsband am Abend vor unserer Hochzeit geschenkt. Und es mir wieder weggenommen, als wir uns trennten. Man kann es Diebstahl nennen.«
    »Unsinn! Wie wäre ich dazu gekommen, es dir zu schenken, da es immer für meine Tochter bestimmt war?! Du bringst es mit irgend etwas anderem durcheinander.«
    Ich fauchte ihn an: »Gar nichts bringe ich durcheinander! Du hast es mir genauso um den Hals gelegt wie ihr. Ich war bewegt und gerührt, weil du dieselben Worte gebraucht hast. Glaubst du, eine Frau vergißt so etwas?«
    »Also, Kate...«
    »Die Anordnung deiner Großmutter >Ich soll es aufheben und eines Tages jemandem geben, den sie hätte lieben können. Ich habe es für dich aufgehoben!<» — Deine Großmutter muß sich im Grabe umdrehen!«
    Meine Wut erheiterte ihn. Sie brachte ihn nicht im geringsten aus dem Gleichgewicht. Er sagte: »Da du das häßliche Wort >Dieb-stahl< gebraucht hast, darf ich sagen, daß das hier mir gehört...« er klopfte mit einem Finger auf meinen Braque, »und das — « (mein Pissarro) »und das« (mein Soutine).
    »Sie gehören mir! Du hast sie für mich gekauft!«
    »Wirklich?«
    »Du weißt es verdammt genau!«
    »Ich habe sie für unser Haus gekauft«, sagte er. »Aber im Augenblick, da ich meinen Rücken kehrte, bist du mit ihnen verschwunden. Kate, Kate — wie konntest du!«
    »Du lügst, Pogo!«
    »Und«, sagte er unbekümmert, »auch das Augustus John-Portrait von Jessica gehört mir. Wenn du dich erinnern kannst — ich habe John den Auftrag gegeben, es zu malen.«
    »Wenn du Hand an dieses Portrait legst, werde ich...« und dann sah ich, daß es nicht mehr an seinem Platz hing. Mein Herz fing an, wie rasend zu schlagen. »Wo ist es?« fragte ich.
    »Ich habe es in mein Zimmer mit hinauf genommen.«
    »Du wirst es wieder herunterbringen!«
    »Oh, nein. Es soll dort hängen, wo dieser entsetzliche Fisch gehangen hat.«
    »Pogo, hör zu: du wirst es wieder herunterbringen und wirst, zum Teufel, Jims Arbeitszimmer räumen. Hast du verstanden?«
    »Kate, ich finde das höchst kleinlich!«
    Wir hätten uns noch eine ganze Weile weiterzanken können, aber Jessica, mit Roger an der Hand, unterbrach uns: »Hallo, Vater!« rief sie. »Hier ist er!«
    Ich habe Roger Henderson gern, sehr gern sogar. Und vielleicht ist einer der Hauptgründe dafür, daß er mit Pogo Poole nicht die kleinste Ähnlichkeit hat. Höchstens die, daß sie beide Männer sind — damit hört es auf.
    Psychologisch interessant ist, daß Jessica sich in einen Mann verliebt hat, der so völlig anders als ihr Vater ist. Immer hat sie von Pogo geträumt. In ihrem Zimmer lag ein Dutzend Alben mit Bildern und Zeitungsausschnitten, die von Pogos Abenteuern berichteten. Jeder Psychoanalytiker hätte festgestellt, daß sie einen haushohen Vater-Komplex hatte. Und doch liebte sie Roger glühend — die Natur geht seltsame Wege, wenn sie die Menschen überlisten will.
    Roger ist groß und blond und robust. Pogo erweckt den Eindruck, daß er aus feinem Silberdraht konstruiert worden ist, während Roger aus

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