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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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und sagte: »Mr. Henderson.«
    Mit hagerem Gesicht sah er zu ihr auf, ohne zu sprechen.
    »Ich möchte gern tanzen, Mr. Henderson. Haben Sie Lust?«
    Ich dachte, er würde sich weigern, aber er stand auf, nahm sie in die Arme, und sie tanzten, sehr steif, ohne Freude.
    »Hör auf«, sagte Jessica.
    Er ließ sie sofort los und sagte: »Es tut mir leid, Jess. Wahrscheinlich bin ich zu müde.«
    Sie sah ihm nach, während er wieder zur Fensterbank ging. Dann sagte sie: »Vater.«
    »Ja, Liebe?«
    »Tanz du bitte mit mir!«
    »Gern!«
    Sie tanzten zuerst fast ohne sich zu bewegen, nahmen den Rhythmus der Musik in sich auf. Roger beobachtete sie mit steinernem Gesicht. Ich mußte daran denken, wie ich Pogo zum erstenmal gesehen hatte, wie er damals tanzte, wie mein Herz dabei geschlagen hatte. Ich hätte weinen und lachen mögen.
    Jetzt tanzten sie freier und bewegten sich so wundervoll graziös, daß ich trotz aller Sorgen bewundernd lächeln mußte. Plötzlich sagte Pogo: »Paß auf!« und trag sie mit einem einzigen, schwingenden Schritt durch das halbe Zimmer.
    »So!« sagte er.
    »Was für ein Schritt!« sagte sie atemlos. »Wo hast du den gelernt?«
    »In Portofino, von der Herzogin von Conway.«
    Roger gab ein Geräusch von sich, als ob er erwürgt würde. Pogo sah auf — er mußte es auch gehört haben.
    »Eine wirkliche Herzogin?« fragte Jessica.
    »Sehr wirklich. Ich habe sie gekniffen, um mich davon zu überzeugen.«
    »Du tanzt himmlisch, Vater!«
    »Danke!« sagte Pogo. Er nahm eine Zigarette aus seinem goldnen Etui und beobachtete Roger dabei amüsiert. »Herrliche Übung, das Tanzen. Hält die Glieder locker. — Sie bekommen ein bezauberndes Mädchen, Roger. Hoffentlich wissen Sie das?!«
    »Ja, Sir. Das weiß ich«, antwortete Roger, während er vor sich hinstarrte.
    Jessica sah ihn verwirrt an und trat dann zu ihm. »Roger.«
    »Ja?«
    Sie gab sich ehrlich Mühe, ihn von seiner unglücklichen Stimmung abzubringen. Sie setzte sich neben ihn und sagte mit leiser, liebevoller Stimme: »Liebling! Es war ein wunderschöner Abend, für dich auch, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte er und stand auf. »Aber es ist Zeit für mich zu gehen.«
    »Oh — Roger!« klagte Jessica.
    »Es tut mir leid, Jess. Ich habe zwei Nächte hintereinander bei dem Stier gewacht und bin erledigt.«
    Pogo mischte sich leichthin ein: »Nein, nein, Roger. Zuerst sage ich Gute Nacht... Jessica, Gute Nacht, Liebe!«
    »Gute Nacht! Diesen Abend werde ich nie vergessen!« Sie betonte: »Vaters Essen! Es war wundervoll!«
    Er neckte: »Etwas fürs Tagebuch?«
    »Ja.«
    Er fuhr fort — und ich wünschte nichts sehnlicher, als daß er aufhörte: »Diese beiden Tage haben uns Freude gemacht.«
    »Herrliche Freude!«
    »Ich bin dir dankbar dafür, daß du mir die Stadt gezeigt hast.«
    »Ah — nein! Ich muß dir dankbar sein, weil ich durch dich alles mit anderen Augen sehen gelernt habe.«
    Roger beobachtete sie mit einem fast mörderischen Gesichtsausdruck.
    Pogo sagte: »Ich wünschte, ich könnte dir dafür die Welt zeigen!«
    »Es wäre schön!« sagte Jessica.
    Er küßte sie zärtlich auf die Stirn. Dann sagte er zu mir: »Kate.«
    »Gute Nacht.« Ich brauchte keine Zärtlichkeit.
    Er sah mich vorwurfsvoll an. »Willst du noch aufbleiben, Kate?« Das sagte er mit Pathos, als ob er es nicht verstände, wenn ich so taktlos wäre, bei dem Liebespaar zu bleiben.
    »In einer Minute gehe ich auch zu Bett«, sagte ich. »Ich muß nur noch nachsehen, ob in der Küche alles in Ordnung ist.«
    »Sehr schön! Also gute Nacht, Kate!« Er ging zu Roger und hielt ihm die Hand hin. »Gute Nacht, Roger!«
    Mit leerem Blick, wie blind, erwiderte Roger: »Gute Nacht, Sir. Und vielen Dank!«
    »Sie sehen ziemlich kaputt aus. Am besten schlafen Sie sich gründlich aus.«
    Er wartete nicht auf eine Antwort. Er hatte gesagt, was zu sagen war, und hatte sich verabschiedet — jetzt ging er munter und zufrieden nach oben.
    Jessica seufzte. Ich konnte sie fast sagen hören, Ist er nicht wundervoll! Dann fiel ihr Roger wieder ein, und abermals betrachtete sie ihn verwirrt.
    Ich sagte: »Also, Kinder. Ich glaube, ihr wollt jetzt noch ein bißchen allein sein.«
    »Sie brauchen nicht zu gehen, Mrs. Dougherty«, sagte Roger. »Ich fahre sofort.«
    »Weshalb?« fragte Jessica kalt.
    Er antwortete nicht.
    »Roger — was hast du?«
    »Nichts!« versetzte er widerspenstig.
    »Irgend etwas ist mit dir los! Du hast den ganzen Abend kaum ein Wort gesprochen.«
    »Ich will

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