Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
Abend links liegen lassen!«
    Sie gingen wieder aufeinander los.
    »Das ist nicht wahr!« sagte Jessica wütend. Sie wandte sich zu mir und hob flehend die Hände. »Vater hat sich schreckliche Mühe gegeben. Er hat immer wieder mit Roger gesprochen!« Sie warf ihm einen flammensprühenden Blick zu. »Er hat sogar nach seinem alten Bullen gefragt!«
    »Auf französisch!«
    »Du hättest ihm ja trotzdem antworten können, anstatt ewig nur O. K.! O. K.! O. K.! O. K.! zu sagen!«
    »Man könnte denken, sie wären schon verheiratet«, bemerkte ich zu Jim.
    »Durchaus!« sagte Jim. »Ich muß dabei an unseren Streit in der vorigen Woche denken.«
    Unsere Bemerkungen blieben ohne Wirkung. Jessica tobte weiter: »Nach all der Mühe, die Vater sich gegeben hat! Nach der ganzen Arbeit mit Pierre und Monsieur Cassandre! Und dann... und dann... als das Rindfleisch serviert wurde, hat er die Sauce abgekratzt!« Sie brach in einen Weinkrampf aus und suchte in meinen Armen Zuflucht.
    Auch Roger war fertig. Jessicas Tränen gaben ihm den Rest. Zerknirscht und gebrochen sagte er: »Oh, Jess — es tut mir so leid! Ich habe gedacht, du würdest es nicht sehen!«
    Jim griff ein. »So wichtig ist das doch nicht, Jess!« sagte er ruhig. »Man braucht übrigens einen gewissen Mut dazu, die Sauce abzukratzen.« Er lächelte Roger an. »Ich habe es oft gewollt und nie fertigbekommen.«
    Roger schob die Füße hin und her.
    Ich gab Jessica ein Papiertaschentuch. »Jim hat recht, Jessica. Nun wisch dir die Tränen ab.« Ich folgte Jims Strategie. »Der Abend ist vorüber, dein Vater ist zu Bett gegangen, und wenn du verheiratet bist, kannst du die Sauce neben dem Fleisch servieren. Stell dir das vor! Soviel Krach darum, ob man die Sauce auf das Rindfleisch tut!«
    Sie sah verwirrt aus. Hatten sie sich wirklich deshalb gestritten?
    Jim sagte: »Wenigstens hat es keine gebrochenen Gliedmaßen gegeben. Wir brauchen nur das Blut vom Teppich abzuwischen. — Roger, fahr nach Hause! Wir brauchen alle unseren Schlaf.«
    Roger sah ihn unglücklich an.
    Jim fügte hastig hinzu: »Wenn ihr euch einen Kuß gegeben und verabschiedet habt natürlich. Sollen wir alten Leute euch dazu allein lassen?«
    Roger blickte zu Jessica hinüber. Sie blickte ihn an. Beide sahen elend, aufgeregt, traurig und blaß aus.
    »Gute Nacht, Jess!« sagte Roger. »Es tut mir leid!«
    Jessica lächelte mühsam. »Mir auch.«
    Er ging zu ihr, und sie küßten sich zärtlich.
    Jim und ich gingen beiseite, um sie nicht zu stören. Leise sagte ich zu Jim: »Du weißt, wer an diesem Ärger schuld ist, nicht wahr?«
    »Ich kann es mir denken«, versetzte Jim.
    »Biddeford Poole«, sagte ich. »Das Scheusal! Er hat es eingefädelt, das schwöre ich dir, von Anfang bis zu Ende. Weißt du, was ich mit ihm machen möchte?«
    »Reg dich nicht auf!«
    »In brauner Sauce ertränken«, sagte ich. »Jim?«
    »Was, Liebling?«
    »Wenn Roger weg ist, will ich noch mit Jessica sprechen. Sie ist entsetzlich durcheinander, und ich kann sie nicht so zu Bett gehen lassen.«
    »In Ordnung. Aber bleib nicht die ganze Nacht auf.«
    »Es dauert nur ein paar Minuten.«
    Nach kurzer Zeit ging Roger — lächelnd. Und Jim ging wieder zu Bett. Jessica und ich blieben noch unten und sprachen miteinander.

8

    Der unbewegte Nachtnebel draußen war von Geräuschen belebt, die fast so zur Natur gehören wie die Bucht und der Himmel und der Nebel selbst. Ich möchte es gern — das Durcheinander der verschiedenen Töne: das Muh der Heulboje bei Yerba Buena, das rhythmische Blasen der Nebelhörner auf der Golden Gate Bridge und gelegentlich aus der Ferne das helle Klingeln einer Straßenbahn.
    Jessica saß mit hochgezogenen Füßen auf der Fensterbank und starrte ins Nichts hinaus. Sie kam mir wieder wie ein Kind vor, und ich fragte, wie ich vor vielen Jahren so oft gefragt hatte: »Möchtest du ein Glas Milch haben?«
    Sie lächelte zu mir herüber. »Nein — danke!«
    »Es könnte dir guttun. Ich glaube, du hast ziemlich viel Wein getrunken.«
    Sie antwortete nicht.
    Ich sagte: »Eine Flasche weißen, eine Flasche roten und eine Flasche Champagner?«
    Sie nickte.
    Es war Pogos Standard — oft erprobt und offensichtlich gut bewährt.
    »Eine ganze Menge«, sagte ich. »Und was gab es zu essen?«
    Ihr Blick wurde verträumt. »Mmmm. — Zuerst quenelles de brochet aux écrevesses ...«
    »Oh«, sagte ich. »Fischklöße.«
    Sie war entsetzt. »Mutter!«
    »Mit Krabbensauce«, sagte ich. »Sehr gut!«
    Ihre

Weitere Kostenlose Bücher