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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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Paters.
    »Ich arbeite für eine Familie.«
    Pater Franklin-Lewitt gab sich interessiert, obgleich es offenkundig war, dass er mit seinen Gedanken woanders war. Dann begleitete er Brolin über den engen Flur zur Kirche.
    Zwei Frauen beteten still in der ersten Reihe. Brolin bedankte sich herzlich bei dem Priester, dem das peinlich zu sein schien, hinterließ ihm seine Handynummer, falls er sich noch an etwas anderes erinnern sollte, und verabschiedete sich. Der Priester machte sich ein wenig am Altar zu schaffen, während Brolin zu den letzten Bänken ging.
    Links, in der Nähe des Gerüsts, hockte sich der Privatdetektiv hin und untersuchte genau den Boden. Es kam ihm eigenartig vor, dass sich Spencer Lynch immer auf denselben Platz setzte. Wenn er sich mit niemandem traf, dann holte er etwas ab.
    Ganz ruhig, keine falschen Hoffnungen! Möglicherweise ist es einfach eine Angewohnheit, er bleibt hinten im Halbdunkel. Vielleicht meditiert oder betet er nur.
    Ja, aber warum dann immer auf derselben Bank und auf derselben Seite?Das kann kein Zufall sein.
    Da er in dieser Reihe nichts fand, ging er in die davor und kniete sich auf die kalten Steine. Seine Hände glitten über die Staubflocken am Boden.
    Stockfinster hier. Und was hoffst du zu finden, Sherlock? Ein phosphoreszierendes Indiz?
    Er zog einen Leuchtstift hervor, eine Art Taschenlampe, den er für solche Fälle stets bei sich trug, und inspizierte den Boden Zentimeter für Zentimeter.
    Als eine der beiden Gläubigen auf dem Mittelgang an ihm vorbeiging, betrachtete sie ihn mit einer Mischung aus Zorn und Unruhe und verließ die Kirche eiligen Schrittes.
    Brolin beugte sich etwas tiefer hinab, um in aller Ruhe die Unterseite der Bank zu inspizieren. Nichts. Also ging er zurück in die letzte Reihe, die er – allerdings zu schnell und ohne Licht – untersucht hatte. Zum Schluss lag er fast ausgestreckt auf dem Boden, um alles auch von unten zu begutachten. Etwas zog seinen Blick an. Einen Meter vor ihm hing ein Stück Tesafilm von der Bank herab, und ringsherum waren Spuren anderer Tesafilmstücke zu erkennen, die dort geklebt hatten. Einige dieser Spuren mussten schon recht alt sein, andere schienen neueren Datums. Der Privatdetektiv war höchst zufrieden.
    Jetzt habe ich dich, Spencer. So hast du also mit dem Rest des Klans kommuniziert, was? Ihr habt eure Nachrichten unter die Bank geklebt, so kann eure Bruderschaft Ideen und Befehle austauschen, ohne dass jemand etwas bemerkt.
    Er zog die Lederhülle aus der Tasche, die er stets bei sich trug, nahm ein Plastiktütchen und eine Pinzette heraus, mit der er das Klebeband abnahm. Er erhob sich mit einem Siegesgefühl und jenem Schwindel, der ihn jedes Mal überkam, wenn eine Untersuchung Fortschritte machte, wenn er etwas entdeckt hatte.
    Im Chor, verborgen zwischen zwei Kerzenleuchtern und dem Weihrauch, den er gerade angezündet hatte, beobachtete ihn Pater Franklin-Lewitt mit sorgenvoller Miene.

16
    Bis zum frühen Nachmittag arbeiteten Jack Thayer, Brett Cahill und Annabel O’Donnel gemeinsam daran, alle möglichen Indizien zu sammeln, die zur Lösung des Rätsels um die Postkarte führen könnten. Thayer hatte nur einen der drei John Wilkes, die sie interessierten, erreichen können; er lebte in Philadelphia, hatte aber keinen Verwandten oder Bekannten mit den Initialen J. C. Er hatte zwar versprochen, noch einmal darüber nachzudenken, seiner Stimme aber war deutlich anzumerken gewesen, dass er nicht vorhatte, seine Zeit mit der Polizei zu vergeuden. Brett Cahill, der »Neue«, hatte einen sehr eigenen Arbeitsstil: äußerst höflich, solange man ihn unterstützte; doch er legte einen gespielten Zorn an den Tag, wenn sich sein Gegenüber etwas zurückhaltender zeigte. Zum Beispiel hatte er am Morgen bei der Firma angerufen, die besagte Postkarte herstellte. Angesichts des fehlenden Diensteifers der Angestellten, die seinen Anruf entgegennahm, begann er sich über ihr mangelndes Interesse zu mokieren, dann über ihren asiatischen Akzent, der nur schwer zu verstehen sei. Er war zwar nicht unhöflich, dafür aber hinterhältig. Als er schließlich bekommen hatte, was er wollte, rief er die Dame noch zweimal kurz hinter einander an – unter falschem Vorwand, »nur um sie zu nerven« –, damit sie in Zukunft kooperativer wäre. Hinter der freundlichen Fassade entdeckten Thayer und Annabel nach und nach einen entschlossenen und knallharten Charakter.
    Woodbine, den das Ausmaß dieses Falls immer nervöser

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