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In Blut geschrieben

In Blut geschrieben

Titel: In Blut geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxime Chattam
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Symbolik.
    Du misst diesem Bob viel zu viel Bedeutung bei, meine Liebe, er mag zwar clever sein, aber er ist bestimmt kein Genie!
    Doch der Satz enthielt mit Sicherheit eine Anspielung, etwas, was man mit dem Rest in Verbindung bringen musste.
    … oberhalb des Delaware …
    Sie las den Satz noch einmal, langsam zeichnete sich eine Idee in ihrem Kopf ab.
    … diese Familie hat die Eingeweide der Erde auf ihrem Rücken getragen …
    Sie schnippte mehrmals mit den Fingern und kaute auf der Innenseite ihrer Wange, dann sah sie Thayer an.
    »Oberhalb des Delaware liegen die Staaten Pennsylvania und New Jersey, in beiden gab es viel Bergbau«, bemerkte sie. »Haben wir da einen John Wilkes?«
    »Sehr gut.« Thayer konsultierte seine Liste. »Ja, einen in New Jersey und einen anderen in Pennsylvania. Ich werde Kontakt mit ihnen aufnehmen, um herauszufinden, ob es einen J. C. in der Familie gibt, einen Jeremy C. oder einen James C.«
    Den Zeigefinger auf die Lippen gelegt, dachte Annabel weiter nach. Thayer sah sie verwundert an.
    »Na, was denn? Das ist doch nicht schlecht für den Anfang, hast du noch einen anderen Vorschlag?«
    »Ich finde das irgendwie merkwürdig, Jack. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, es ist nur … Irgendwie passt das nicht zu der Persönlichkeit dieses Bob. Ist nur so eine Intuition.«
    Es klopfte dreimal kurz an der Tür. Ein Mann von etwa dreißig Jahren mit Bürstenhaarschnitt und gepflegtem Armani-Anzug, umhüllt von einer Aftershave-Wolke, betrat den Raum.
    »Tut mir Leid, wenn ich störe, ich bin Brett Cahill von der Zentrale Brooklyn North.«
    »Hereinspaziert, Sie sind also der, mit dem wir uns jetzt rumärgern müssen«, spöttelte Thayer ohne jede Boshaftigkeit. Etwas enttäuscht blickte er von Brett Cahill zu Annabel. »Sieht ganz so aus, als wäre die Jugend in der Überzahl. Ich komme mir vor wie Priamus, umgeben von seinen Kindern!«
    »Beachten Sie ihn nicht weiter, Detective Cahill, nehmen Sie Platz.«
    Cahill hatte eine Ledertasche bei sich und einen Mantel, den er an die Garderobe hängte. Er war ein gut aussehender Mann mit einem ovalen Gesicht, feinen Zügen und leicht gebräuntem Teint. Der kommt bestimmt bei Frauen gut an, dachte Annabel belustigt. Und sie bemerkte sofort den Ehering an seiner Hand.
    »Captain Woodbine hat uns in einem Briefing die Lage erklärt und mich beauftragt, Ihnen zur Hand zu gehen«, erklärte der Neuankömmling. »Ab jetzt werden Sie mich nicht mehr los.«
    Er strahlte eine erstaunliche Selbstsicherheit aus, aber frei von jeglicher Überheblichkeit, die Thayer nicht ertragen hätte. Brett Cahill hatte bestimmt ein gutes Examen abgelegt und die Aufnahmeprüfung bei der Polizei mit Bestnote absolviert, und um so jung in die Zentrale an der Wilson Avenue aufgenommen zu werden, war er sicher auch talentiert. Bei der Begrüßung hatte Thayer zunächst den energischen Händedruck bemerkt, aber auch den muskulösen Brustkorb, über dem sich das Hemd spannte.
    Noch dazu folgt er der Doktrin des Altertums: mens sana in corpore sano – gesunde Seele in gesundem Körper …
    Die jungen Leute respektierten nichts mehr, manchmal war ihr Äußeres geradezu anzüglich in seiner Perfektion.
    »Also, womit fangen wir an?«, fragte Cahill voller Tatendrang.
    Jack Thayer reichte ihm die Postkarte. Er wusste, dass der junge Detective nach und nach versuchen würde, die Ermittlungen in die Hand zu nehmen, gewiss ohne böse Absicht, doch das lag in der Logik seiner Funktion. Und das galt es zu verhindern.
    »Sie werden zunächst diese Karte untersuchen. Herkunft, Druckdatum, Verkaufsstellen und so weiter …«
    Falls sich Cahill über den autoritären Ton wunderte, so ließ er sich nichts anmerken. Annabel verbarg ein Lächeln hinter der vorgehaltenen Hand. Thayer griff zum Telefon und sagte, zu seiner Kollegin gewandt: »Du und ich, wir versuchen, etwas über dieses JC 115 herauszufinden.«

15
    Der Wind blies die langen braunen Haarsträhnen nach hinten, die Brolin für gewöhnlich ins Gesicht fielen. Mit seinen weichen Zügen, dem eckigen Kinn und den hohen Wangenknochen hätte er äußerst attraktiv sein können, wäre er nicht so gleichgültig gegen seine eigene Person gewesen. In der morgendlichen Kälte wirkte er wie ein Phantom.
    Er bog in die Flatbush Avenue ein, wo der Wind, der vom Meer herüberwehte, noch eisiger war. Diese Verkehrsader war so breit wie ein Fluss und gerade wie eine Flugzeuglandebahn. In der Ferne, kurz vor der Manhattan Bridge,

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