Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
Vom Netzwerk:
guten alten Zeit. Er kam einem Großvater so nahe, wie ein Mann es nur konnte. Er und Harry Jack. Die beiden waren viel zu alt, um noch etwas anderes zu tun als zu angeln, doch genau das hatten sie ihr beigebracht. Walton hatte ihr auch gezeigt, wie man Rummikub spielte, und mittlerweile war es eine sommerliche Tradition, abends nach dem Essen beim Fernsehen zu spielen. May und ihre Großmutter saßen normalerweise auf der Veranda herum. Sie war so dankbar, dass sie noch nicht erwachsen war und bei ihnen sitzen musste. Es musste so schrecklich langweilig sein, nur dazusitzen, auf dieser Schaukel, und sich über öde Dinge zu unterhalten, May mit ihrer Stickarbeit auf dem Schoß und Oma über ihren Rätselheften.
    Der Wind wehte in ihre Richtung, und als sie sich dem Dock näherte, trug er den Duft von Brathähnchen heran, der neben Wassermelone zu ihren Lieblingsdüften zählte. Ihre Großmutter konnte nur Fisch zubereiten, May hingegen konnte alles, und sie machte das beste Brathähnchen auf der ganzen Welt. Außerdem war May der einzige Mensch, den sie kannte, der sich die Mühe machte, abends zu kochen, auch wenn es noch so heiß war. Die meisten Leute bereiteten Sandwiches zu oder gingen ins Crab Shack.
    Oh bitte, lieber Gott, dachte sie, bitte lass diesen Hähnchengeruch aus unserem Haus kommen, und bitte mach, dass es Brötchen und Sauce dazu gibt. Das Einzige, was einen Tag noch schöner machen könnte, war, wenn ihr Daddy ebenfalls hier wäre, doch ihr war klar, dass das nicht ging. Wenn er nach Hause käme, würde sie bereits schlafen, aber vielleicht könnten sie morgen die Island Girl nehmen und einen Ausflug machen. Eine anstrengende Saison stand bevor, so dass sie vielleicht bis zum Ende des Sommers keine Gelegenheit
mehr dazu hatten. Manchmal wünschte sie, er wäre nicht im Bootsgeschäft, sondern hätte einen ganz normalen Job wie der Daddy von Elizabeth, der jeden Tag um halb fünf nach Hause kam und die Wochenenden frei hatte. Sie vermisste ihren Daddy, und obwohl Mom schon so lange fort war, vermisste sie auch sie. Es war einfach nicht fair. In diesem Moment hörte sie die Stimme ihrer Großmutter, die sagte, was sie immer sagte: »Annie Laurie, keiner hat gesagt, das Leben sei fair. Je früher du das begreifst, umso besser ist es für dich.«
    Die Fliegentür auf der hinteren Veranda öffnete sich quietschend. Ihre Großmutter trat auf die Stufen und sah zu, wie Annie Laurie das Boot vertäute und durch den Garten kam. Sie ließ Black Beauty auf dem Stuhl liegen, da sie ohne Walton, mit dem sie Rummikub spielen konnte, oder Daddy, der mit ihr angeln ging, nach dem Essen etwas brauchen würde, womit sie sich beschäftigen konnte.

4
    Seine Mutter und Cousine Irene bestanden darauf, noch zu bleiben, um beim Aufräumen zu helfen, und Dennis erlaubte es ihnen. Allerdings war ihr Getuschel über Cassandra so ziemlich das Letzte, was er hören wollte, während sie Essen, Besteck und Teller verpackten, die sie aus dem Restaurant seiner Mutter mitgebracht hatten. Sie redeten leise und warfen ihm immer wieder Blicke zu, um sicherzugehen, dass er sie nicht hörte. Doch Dennis bekam das meiste davon mit, als er herumging, die Metallstühle zusammenklappte und aufeinanderstapelte.
    »Was ist nur in sie gefahren, Maria, was glaubst du? Eigentlich ist sie mir nie wie eine vorgekommen, die einfach davonläuft«, sagte seine Cousine.
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete seine Mutter, die erschöpft klang. »Gestern Abend schien es ihr noch gut zu gehen.«
    Genau das war sie - die 64 000-Dollar-Frage. Dennis klappte lautstark den letzten Stuhl zusammen, worauf die beiden zusammenfuhren und ihn ansahen. »Mama, wieso geht ihr nicht nach Hause, du und Irene? Ich kann hier zu Ende aufräumen.«
    »Schatz, das macht uns doch keine Mühe.«
    »Mama! Bitte.«
    In Momenten wie diesem war er unendlich froh, dass sie nicht zu jenen Frauen gehörte, die bei etwas harscherem Tonfall sofort weinerlich wurden und einem ein noch schlechteres Gewissen machten, als man es beim Anherrschen seiner eigenen Mutter ohnehin schon hatte. Sie spielte auch nicht
die Märtyrerin und tat nicht so, als habe man ihr unendliche Schmerzen zugefügt. Stattdessen drückte sie Irene einen Stapel Teller in die Hand und bat sie, sie nach draußen zum Wagen zu bringen, ehe sie auf ihn zutrat und ihn in die Arme schloss. Als sie sich von ihm löste, glitzerten zwar Tränen in ihren Augen, doch sie weinte nicht. »Ich sehe dich dann zu Hause«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher