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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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sie nur. »Okay?«
    Er nickte und sah zu, wie sie sich ihre große schwarze Handtasche über die Schulter schwang und hinausging. Was dachte sie wirklich angesichts dieser Situation? Diese Frage würde er sich nicht mehr lange stellen müssen. Wahrscheinlich würde sie ihm ihre Meinung schon morgen in aller Ausführlichkeit darlegen. Seine Mutter mochte Cassandra, aber wahrscheinlich würde sie ihr nie verzeihen. Könnte er es?
    Nach all der Planung, den Vorbereitungen und der Vorfreude drehte sie sich eiskalt um und suchte vor den Augen ihrer Gäste das Weite. Das war nicht die Cassandra, die er kannte. Und die Cassandra, die er kannte, würde auch nicht einfach die Limousine nehmen, ohne ihn vorher zu fragen. Etwas stimmte nicht, sogar ganz und gar nicht, deshalb konnte er ihr nicht böse sein. Er sorgte sich viel zu sehr um sie. Bei der Generalprobe war sie ein wenig angespannt gewesen, doch es war ihm gelungen, sie zu beruhigen, und beim Abendessen hatte sie wieder völlig normal gewirkt. Was mochte zwischen elf Uhr gestern Abend und drei Uhr heute Nachmittag passiert sein?
    Er spürte, wie er vom Sirren und Flackern der Neonlampen an der Decke Kopfschmerzen bekam, und schloss die Augen. Am liebsten hätte er sich gleich hier auf den Boden gelegt und geschlafen. Das wäre weitaus angenehmer, als nach Hause zu fahren und seinen Eltern gegenüberzutreten, sich ihren Blicken auszusetzen, ihrem Mitleid. Er kannte die Antworten ebenso wenig wie sie, trotzdem würden sie ihm Fragen stellen. Aber hierbleiben konnte er ebenso wenig.

    Er schaltete das Licht aus, stand einen Moment lang im Türrahmen und ließ den Blick über die Weide hinter der Kirche schweifen. Die Sonne war untergegangen und hatte rosa und gelbe Streifen am Horizont hinterlassen. Es war so dunkel, dass die Farben der Kühe und der Bäume nicht mehr sichtbar, sondern lediglich als schemenhafte Umrisse auszumachen waren. Dennis schloss die Tür und machte sich auf den Weg. Mitten auf dem Parkplatz blieb er stehen und blickte zum ersten Stern hinauf, der sich am Himmel zeigte. Dabei fragte er sich, ob auch Cassandra ihn sehen konnte. So kindisch es sein mochte, hatten sie beim Anblick des ersten Sterns stets innegehalten, sich etwas gewünscht und dann versucht, so schnell es ging, zueinander zu kommen, um sich ihren Wunsch zu verraten. Ich wünschte, genau das könnte ich jetzt tun. Genau das wünsche ich mir, dachte er. Cassandra, wo bist du?
    Beim Anblick der Kühe war sein erster Gedanke gewesen, dass Cassandra bestimmt zu ihrer Schwester gefahren sei. Er sah sie vor sich, ganz deutlich, wie sie auf der hinteren Veranda saß und den Kühen zuschaute, die genauso aussahen wie diese hier. Sie liebte den Ausblick von Ruth Anns Veranda, liebte es, abends dort zu sitzen und die Szenerie auf sich wirken zu lassen. Sie schenke ihr Frieden, sagte sie, und genau danach hatte sie zweifelsohne gesucht, als sie aus der Kirche fortgelaufen war. Also waren er und A. J. hingefahren, und die ganze Fahrt über hatte Dennis sich vorgestellt, was er sagen würde, wie er sich zu ihr setzen und ihr erklären würde, dass sie alle Zeit hätte, die sie brauche, denn solange es etwas zu essen gäbe, würden auch die Gäste bleiben, und dank seiner Mutter und ihrer Familie würde das Essen bestimmt tagelang ausreichen. Er hatte sich ausgemalt, wie sie lachen und sagen würde: »Oh, Dennis, es tut mir so leid. Ich habe einfach Angst bekommen.« Und er würde erwidern: »Ich weiß, Schatz, ist schon gut.« Und dann würden sie zurückfahren, heiraten, und alles wäre in bester Ordnung.

    Nur dass sie nicht dort gewesen war, und auch sonst hatten sie sie nirgendwo gefunden. Er hatte A. J. sogar gebeten, bei ihm zu Hause vorbeizufahren, auch wenn ihm klar gewesen war, dass Cassandra sich nicht gern allein dort aufhielt. Sie war stets ein wenig nervös, weil es ein Bestattungsinstitut war, das natürlich unschöne Erinnerungen heraufbeschwor, da ihre beiden Eltern dort aufgebahrt gewesen waren. Trotz allem hatte sie sich damit abgefunden, bis zu dem Tag, als sie ein Gespenst zu sehen geglaubt hatte.
    Eines Abends hatte sie im vorderen Zimmer auf ihn gewartet, während er nach oben gelaufen war, um etwas zu holen. Als er zurückkam, stand sie vor dem Haus und zitterte am ganzen Leib. »Schatz«, sagte er, »was ist denn los? Cassandra?« Er legte die Arme um sie, doch das Zittern hörte nicht auf. Als er sie schließlich beruhigte, meinte sie, sie hätte eine Frau in einem langen

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