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In deinem Schatten

In deinem Schatten

Titel: In deinem Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hambly
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Suchender und Reisender –, doch diese Karte wollte sie für Sandy nehmen, der ebenfalls Steinbock gewesen war. Der arme Sandy hatte nie genug Willensstärke gehabt, um irgendwo König zu sein.
    Für gewöhnlich verwendete sie für ihren Ex-Mann jene Karte, die er sich seinerzeit selbst ausgesucht hatte: den Narren. Der Narr war der unbekümmerte Reisende, der so sehr seinen eigenen Gedanken nachhing, dass er den Abgrund nicht sah, der sich bereits vor ihm auftat.
    Maddie schloss die Augen, flüsterte ihr Gebet, damit ihr das gezeigt würde, was sie sehen musste, und legte die Karten auf.
    Und lehnte sich angewidert und entsetzt zurück.
    Es war nicht im Entferntesten das, womit sie in Zusammenhang mit Phil gerechnet hatte.
    Ihr kam es vor, als hätte sie eine Schublade geöffnet, in der sich statt der erwarteten duftig-frischen Wäsche lauter Kakerlaken und Würmer befanden.
    Selbst die wohlwollendste Interpretation der Karten erlaubte angesichts der vielen goldenen Kreise der Pentakel keine andere Deutung als die Warnung vor blinder Gier. Die fünf Karten dieser Farbe bedeuteten Angst vor Armut, die sechs anderen, verkehrt liegenden Karten, standen für Täuschung, Bestechung, Steuerhinterziehung und finanzielle Ausbeutung. Und die Schwerter in Kombination mit der Gier verhießen Zwietracht, Gewalttätigkeit, Nötigung und enormen Eigensinn.
    Maddie sah Tessa – beziehungsweise eine Karte, von der sie annahm, dass es Tessa war – in dem verträumten Ritter der Kelche, doch ansonsten war alles so schaurig, Furcht einflößend und finster wie die Korridore des Glendower Building.
    Da war der Teufel, der die beiden Liebenden in Ketten gelegt hatte und sie gefangen hielt.
    Da war die Zehn der Schwerter, eine, Maddies Meinung nach noch negativere Karte als die Todeskarte mit dem Skelett: Ein Mann, der im letzten gelben Licht der untergehenden Sonne tot am Boden lag, und dessen Körper von zehn Schwertern durchbohrt war.
    Und die Ergebnis-Karte, die letzte Karte, war der brennende, einstürzende Turm, in den der Blitz einschlug und alle tötete, die sich in dem Turm befanden.
    Lass die Finger von diesem Mann, oder es wird dir irgendwann sehr, sehr leid tun.
    Maddies Hände zitterten, ihr Herz klopfte heftig. Sie sammelte die Karten ein und mischte sie erneut. Normalerweise akzeptierte sie, was die Karten ihr mitteilten – diese Akzeptanz mussten Tarot-Schüler als Erstes lernen –, doch sie konnte nicht fassen, dass Phil …
    Aber was hatte sie erwartet? Dass sie über den Mann, der ihr im Dunkeln unverständliche Obszönitäten zugeflüstert hatte, nur Gutes in den Karten lesen würde?
    Werde endlich erwachsen, Prinzessin!
    Auch als sie die Karten zum zweiten Mal legte, wimmelte es nur so von Schwertern und Pentakeln, und wieder kamen die Karten mit dem Teufel und dem einstürzenden Turm.
    Beim dritten Mal dasselbe. Und wieder war der Turm die Ergebnis-Karte.
    Zitternd packte Maddie die Karten weg. Manchmal passierte ihr das – dass dieselben Karten trotz wiederholten Mischens immer und immer wieder kamen. Normalerweise war das der Fall, wenn da irgendetwas war, was sie nicht sehen oder nicht wahrhaben wollte. Die Tatsache, dass Tessas Karte – der Ritter der Kelche – ebenfalls drei Mal aufgetaucht war, war auch beunruhigend. Jeder wusste, dass Tessa gestern Abend wie gewöhnlich im Glendower Building sein würde, wohingegen ihre eigene Anwesenheit reiner Zufall gewesen war. Und überhaupt, was hatte Phil eigentlich im Owl getan? Den Eingang des Glendower auf der anderen Straßenseite beobachtet?
    Werde ich wieder von ihm träumen, wenn ich jetzt einschlafe?
    Und will ich das?
    Sie hatte noch keine Antwort auf diese Frage gefunden, als sie in den Schlaf hinüberglitt und dann bis in die Morgenstunden von einem Ausflug in einen riesengroßen, bunten Vergnügungspark träumte, den sie gemeinsam mit Abraham Lincoln machte. Gar keine unvergnügliche Art, den Rest der Nacht zu verbringen.

3. KAPITEL
    Am nächsten Morgen – und bei Tageslicht betrachtet – schien die Möglichkeit, dass Phil Cooper Tessa nachspionierte und ihr auflauerte, weit weniger wahrscheinlich. Einstürzender Turm hin und her – der Mann wirkte einfach zu normal und hatte viel zu viel Sinn für Humor, um flüsternd durch dunkle Korridore zu geistern. So etwas müsste man ihm doch irgendwie anmerken.
    Oder?
    Im Laufe der folgenden Woche behielt Maddie Tessa trotzdem im Auge, hörte genau hin, wenn in Gesprächen der Name des Ballettpianisten

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