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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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sich daran erinnern konnte, dass er sie angegriffen hatte? Vorausgesetzt natürlich, dass ihm Grant überhaupt irgendwelche Veränderungen gelassen hatte.
    Schließlich sah Killy weg und holte tief Luft. »Schon besser. Sie haben Gutes bei ihm bewirkt, Lieder-Mann.«
    »Es war nicht leicht«, antwortete Grant heiser, der immer noch eine Hand auf seine Brust presste. Ich schlang meinen Arm um ihn und legte meine Hand auf seine. Ich zwang meine Stärke in ihn hinein, gab ihm alles - alles was ich hatte.
    Killys Wangen erröteten, und sie nickte stumm, während sie auf ihre Füße blickte. »Es gibt neue Schwierigkeiten. Ich bin gekommen, um es Ihnen zu sagen. Jemand ist hier.«

     
    Noch eine Stunde bis zum Sonnenuntergang. Byron und Mary standen auf der Brücke und blickten aus dem Fenster. Ich sah nur das kalte Wasser und ein Frachtschiff, das zu weit entfernt lag, als dass man mehr hätte erkennen können als einen schwimmenden Ziegelstein. Hinter uns zeichnete sich in der Ferne die Küste ab. Es war bewölkt, regnete aber nicht. Noch nicht.
    Cribari wartete an Deck. Er war allein. Er hatte uns den Rücken zugekehrt und blickte auf den Ozean hinaus. Aber seine große, schlanke Gestalt und die Haltung seiner Schultern war unverkennbar. Er trug eine einfache, schwarze Kleidung sowie einen dicken Mantel, der seinen Körper fast ganz verhüllte. Zee und die anderen Jungs wüteten wegen seiner Anwesenheit. Sie zogen so hart an mir, dass es sich anfühlte, als würde ständig ein Klebeband von meiner Haut abgezogen, vom Scheitel bis zur Sohle.
    Niemand ging hinaus, um ihn zu begrüßen. Wir blieben drinnen. Ich hielt mich dicht an Grant. Er konnte kaum gehen. Mary stand ebenfalls in seiner Nähe. Sie war so zusammengezuckt, als hätte man sie geohrfeigt, als wir aus dem Bauch der Yacht heraufgestiegen waren. Jetzt hielt sie sich den Kopf, die Wangen, drückte die Hände auf ihren Hals und wandte nicht einmal ihren Blick von Grant ab, während sich eine stumme Bestürzung auf ihrer Miene abzeichnete.
    »Ich habe nichts gefühlt«, flüsterte sie. »Nichts gehört. Nichts gewusst.«
    Ich wusste nicht, dass du tot warst, beendete ich den Satz für sie. Ich war lange genug durch Zee und seine Rätsel geschult, um den größten Teil der vagen Halbsätze dieser alten Frau zu verstehen. Und die Furcht in ihren Augen ähnelte meiner eigenen so sehr, dass Worte ganz überflüssig schienen.

    Grant stützte sich auf seinen Gehstock, ein Schweißfilm schimmerte auf seiner Stirn. Das Taschentuch in seiner linken Hand war blutbefleckt. Er beobachtete Cribari so, wie jemand eine entlaufene Kobra betrachten würde. Er überlegte, wie er ihn töten konnte. Ich drehte mich einmal um mich selbst und blickte aus den Fenstern. Dann suchte ich nach anderen Leuten, die Cribari vielleicht mitgebracht hatte, sah jedoch nur ein altes Fischerboot, das unter Netzen und blauem Segeltuch fast verschwand. Die Männer an Deck arbeiteten geschäftig.
    »Wie ist er hierhergekommen?«, fragte ich. Dabei bemerkte ich, dass Byron den Priester nicht aus den Augen ließ.
    »Das weiß ich nicht.« Killy hatte die Finger gegen ihre Schläfen gepresst, als sie Mary ganz kurz ansah. »Ich habe mich umgedreht, da stand er an Deck. Und beobachtete das Meer. Er hat uns seit seiner Ankunft vollkommen ignoriert.«
    »Und können Sie …?« Ich zögerte und tippte an meine Stirn.
    Unmerklich schüttelte sie den Kopf. »Er ist nicht offen.«
    »Als ich ihn das letzte Mal sah, lag er im Koma«, mischte sich Vater Lawrence ein. Sein rotes Auge war kalt und abschätzend, als er Cribari beobachtete, obwohl sein braunes Auge freundlich und unsicher wirkte. Es war, als hätte man zwei unterschiedliche Männer vor sich, zwei Männer, die beide nicht wussten, was man ihnen angetan hatte. Ich hatte es noch nicht über mich gebracht, es Vater Lawrence zu erzählen. Ebenso wenig wusste ich, wie weit Grant bei dem Versuch, ihn zu heilen, gegangen sein mochte.
    Viel zu weit, dachte ich noch. Viel zu weit, wenn der Versuch den Heiler tötet.
    »Antony ist verwandelt worden«, sagte Grant, »aber nicht entscheidend. Wenn er sich in einem Koma befunden hat,
könnte das, was ich jetzt sehe, das Ergebnis dieses Heilungsprozesses sein, nichts anderes.«
    »Mr. Koenig hat alle anderen zu Marionetten gemacht. Warum nicht auch ihn?«
    »Manchen Menschen gibt man keine Macht«, erklärte Jack. »Ganz gleich, wie verrückt man auch scheinen mag.« Er stand neben mir und starrte aus dem

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