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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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hat.«
    »Oh, bitte! Neben dir würde selbst Lassie wie ein Monster wirken.«
    »Wuff«, antwortete er und drehte sich herum, um Vater Lawrence zu betrachten. Der Priester lag vollkommen regungslos da, ohnmächtig, atmete jedoch ruhig und tief. Grant streckte eine Hand aus und bewegte seine Finger über dem Bein des Mannes. Dabei summte er leise, und seine Macht lief kribbelnd über meine Haut. Zee knurrte im Schlaf, und die Jungs bewegten sich.
    »Er ist noch da«, erklärte Grant schließlich. »Und auch dichter an der Oberfläche, als Luke es war. Vermutlich hat er sich deshalb auch auf Killy konzentriert. Sie war ihm vertraut. Jedenfalls kann ich den Menschen wieder zum Vorschein holen.«
    Und was dann? Sein altes Leben ist in jedem Fall vorbei . »Mr. Koenig war nur wenige Augenblicke mit Vater Lawrence allein. Es überrascht mich, dass er so viel schaffen konnte.«
    »Übung erzeugt Vollendung. Allerdings wirft das einige Fragen über die Welt auf. Jack hat mir einiges erzählt, während du fort warst. Über Märchen und Mythen.« Er warf einen Blick auf die Flöte und sah mich dann mit einem schwachen, traurigen Lächeln an. »Vermutlich sollte das meinen Glauben in Frage stellen. Tut es aber nicht.«
    Ich berührte sein Gesicht. »Ich glaube, du wurdest geboren, um an etwas Größeres zu glauben als an dich selbst.«
    »Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht einmal, wo ich geboren wurde.« Grant nahm meine Hand und legte sie über sein Herz.
»Aber ich weiß, dass ich jetzt hier bin. Ich bin hier, in diesem Augenblick, mit dir. Ich bin hier, jetzt, da ich etwas verändern kann. Ich bin hier und lebe. Und obwohl ich nicht viel von dem verstehe, was man mir über mich selbst erzählt hat - und nicht einmal weiß, ob ich es glauben soll, so ist mir doch klar, dass es Mysterien gibt, die wahr sind.«
    Ich lächelte. »Keine Zufälle?«
    »Jedenfalls ist es keiner, dass ich dich getroffen habe.« Grant küsste meine Hand. Sein Blick war voll von diesem Mysterium, von einer Wahrheit, die ich nicht benennen, aber fühlen konnte, und zwar jedes Mal, wenn ich an ihn dachte. »Ich habe von dir geträumt, Maxine Kiss. Ich habe dein Herz geträumt.«
    Erneut küsste er meine Hand und legte sie dann sanft in meinen Schoß. Ich konnte nicht sprechen und sah nur zu, wie er seine Flöte nahm, wie sein Blick sich fokussierte und sich dann nachdenklich schärfte, als er Vater Lawrence ansah. Er nahm Maß - von der Seele des Mannes.
    Trotzdem zögerte er. Bisher hatte er nie gezögert, jemandem zu helfen, sei es ein Mensch oder ein Dämon. Aber jetzt erlebte ich es, und ich wusste, dass es nicht wegen Vater Ross war.
    Es war wegen Vater Cribari. Grant hatte ihn beinahe getötet, und er hatte sich dabei in jemand anderen verwandelt: in einen Mörder, in einen Rächer, in einen magischen Mann. Eine verborgene Seite an ihm war erwacht. Wie die Finsternis, die in meinem Herzen schlummerte.
    Ich wusste genau, wie angsteinflößend so etwas wirkte. Ich wusste, wie einen der Gedanke entsetzen konnte, wenn man sich vorstellte, dass es erneut geschehen könnte.
    »Grant«, sagte ich ruhig.
    »Ich weiß.« Er hob die goldene Flöte. »Dies hier kann eine Weile dauern.«

    Grant blies in das Instrument, und eine perlende Melodie klang durch die Luft. Erneut wurde ich von einer Macht überströmt, von einer Macht, die die Jungs abschüttelten wie Hunde das Wasser aus ihrem Fell. Trotzdem sank die Musik durch sie hindurch bis in meine Knochen, so warm wie Honig. Ich hatte eigentlich den Geschmack von Blut und Eisen erwartet, aber was mich da überflutete, das schmeckte wie eine sonnenbeleuchtete See, und es war der Klang von Vater Lawrence’ Seele. Jeder Ton funkelte wie Sternenstaub vom Ohr auf die Zunge, bis ich mir so vorkam, als wäre ich wieder ein kleines Mädchen, dieses kleine Mädchen, das in mir träumte, gefesselt vom Staunen und gehalten von der Liebe.
    Ich sah Grant an, aber meine Sehkraft war seltsam. Ich sah ihn wie durch einen Weichzeichner hindurch. Ich stellte mir vor, wie Hitze von ihm ausstrahlte, während er den Priester ansah. Sein Blick war starr und schrecklich intensiv. Schweiß bildete sich auf seiner Stirn, und plötzlich klangen die Töne anders: als würden sie anschwellen, alles durchdringen und wachsen.
    Lichtbringer, dachte ich, während ich mich an all die Dinge erinnerte, die Jack gesagt hatte. Gleichzeitig wurde mir klar, dass nichts davon eine Rolle spielte. Wofür auch immer Grant geboren war, es war nun

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