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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Fenster auf den Priester. »Ich war ein Narr«, flüsterte er fast zu sich selbst.
    »Wegen meiner Großmutter?«, erkundigte ich mich. Ich musste an Mr. Koenigs Worte denken, an seine geheimnisvolle Verurteilung.
    Jack warf mir einen scharfen Blick zu. »Wegen allem … außer dem.«
    Er wollte an mir vorbei zur Tür der Brücke gehen, aber ich versperrte ihm den Weg. Die Verzweiflung war ihm deutlich anzumerken. Und ich sah, dass Vater Lawrence uns viel zu nachdenklich beobachtete.
    »Mir kann er nichts tun«, sagte ich. »Bleib hier.«
    »Es gibt Dinge, die du nicht verstehst«, erwiderte Jack. Aber ich hatte mich bereits umgedreht und Byron am Kragen gepackt. Er stieß einen überraschten Laut aus, als ich ihn zur Treppe schob, die zu den Kabinen hinunterführte.
    »Geh!«, befahl ich ihm. »Such dir ein gutes Versteck, und komm nicht heraus, ganz gleich, was du hörst.«
    »Nein.« Er widersetzte sich mir. »Das wird doch nichts nützen.«
    »Byron …«
    »Sie finden mich immer, auch wenn ich mich verstecke«, flüsterte er. Die Schatten um seine dunklen Augen bereiteten mir Übelkeit. Ich erinnerte mich an ihn, wie er vor Monaten gewesen war, als er in einer Kiste gelebt hatte. Ich erinnerte
mich auch an seine Prellungen, seine Angst vor Männern. An die Dinge, die er mir nicht erzählen konnte. Ich erinnerte mich an seine Stimme, als er von Mr. Koenig sprach.
    Aber manchmal ist ein Kampf genau das, was sie reizt.
    Nur war dies hier nicht sein Kampf. Er war noch ein Kind, das man von dem einen gefährlichen Leben in ein anderes gezwungen hatte. Er konnte unmöglich wissen, was kommen mochte, um uns zu verletzen, aber für ihn war das alles dasselbe. Nur eine weitere Sache, die er überleben musste.
    Ich zog Byron dicht an mich und sah ihm in die Augen. Er zuckte nicht zurück und blinzelte auch nicht. Grant berührte meine Schulter. »Wir können doch aber nicht immer weglaufen«, sagte er.
    Nur noch einmal, dachte ich, während meine Fingerrüstung anfing, durch die Tattoos hindurch zu brennen. Nur noch ein Sprung, und dann sehen wir weiter.
    Aber Grants Griff verstärkte sich, wenn auch zart, und ich ballte meine Faust, wollte die Rüstung zwingen, ruhig zu bleiben. Ihr Summen wurde schwächer, aber nur ein wenig. Die Venen aus Quecksilber, die sich an meine Haut schmiegten, fühlten sich an, als reichten sie tiefer als bis zum Knochen, so als würde man feststellen, dass sich meine Muskeln in Silber verwandelt hatten, wenn man das Metall jemals abschälte … und als wäre der Rest meiner Hand zu eisernen Stangen geworden. Als wäre ein Teil von mir zu diesem Ding geworden.
    Ich ging hinaus, um mit Cribari zu sprechen. Meine Rechte hatte ich immer noch zur Faust geballt.
    Er drehte sich nicht um, um mich anzusehen, nicht einmal, als ich mich neben ihn stellte. Wir blickten beide auf den dunkler werdenden Himmel und das graue Meer hinaus. Das Boot schwankte sachte, wie auch schon die ganze Zeit. Aber
hier an Deck spürte ich es deutlicher. Der Wind peitschte um mich herum, und ich glich das Schwanken aus, indem ich die Beine spreizte und die Knie etwas beugte.
    »Also«, begann ich. »Wie handhaben wir das hier nun?«
    Cribari lächelte schwach. »Ich hätte erwartet, dass Sie mich mittlerweile längst getötet hätten.«
    »Dann würde er an Ihrer Stelle doch nur einen anderen schicken.«
    »Das stimmt.« Sein Lächeln wurde kälter. »Ihm stehen viele Soldaten zur Verfügung.«
    Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, dass Jack hinter mir in der Tür stand. »Sie sind doch ein Idiot. Er ist kein Erzengel und wurde auch nicht von Gott geschickt. Er ist genauso armselig wie Sie und ich und auch genauso unvollkommen. Sie werden doch nur benutzt.«
    Seine Wangen röteten sich, und die Muskeln um sein Auge herum zuckten, aber sonst zeigte er keinerlei Regung. Nur dieses kalte, falsche Lächeln, das ich ihm gerne mit der Faust aus dem Gesicht geschlagen oder mit meinen Messern herausgeschnitten hätte. »Sie bestehen nur aus Lügen. Wir hätten das von Anfang an erkennen müssen, schon bei unserer … Kreation. Aber die Illusion hat uns zu sehr geblendet. Als die Bannwächter starben und Sie als Letzte übrig blieben …«
    Cribari unterbrach sich und drehte den Kopf endlich so weit herum, dass er mich ansehen konnte. »Es ist uns schon zuvor gelungen, Ihre Art zu töten, müssen Sie wissen. Eine Frau von Ihrer Blutlinie. Sie hat unserem Orden vertraut, von daher war es leicht, sie umzubringen. Bedauerlicherweise

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