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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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würde sich verformen. Elektrische Spannung raste über meine Haut, und die Jungs heulten in meinem Geist.
    Lichtbringer sind niemals allein, hörte ich Mary flüstern. Zwei Herzen leben.
    Ich verstand. Durch meinen Kopf schossen Visionen, die so kurz wie Herzschläge aufeinander folgten: Männer und Frauen, deren Stimmen von Macht dröhnten; sie standen unter einem goldenen Himmel und wateten knöcheltief durch Schlamm
und Blut. Bei ihnen waren andere, schweigende Gefährten, die Waffen schwangen: Peitschen, die so glitzerten wie Diamanten und summende Schwerter, so durchsichtig wie Kristall. Für jeden Sänger gab es einen Krieger, und zwischen ihnen wanden sich Bänder aus Macht, so gewaltig wie Ströme.
    Ich sah Mary, Mary als junge Frau. Sie war blond, muskulös und von der Sonne braun gebrannt. Sie hockte auf dem Rand eines Felsvorsprungs, regungslos und so anmutig wie ein Falke. Dabei trug sie nur wenig Kleidung, ein Flickwerk aus Leder und Stahl, das eine geschmeidige Rüstung über ihren Oberkörper und ihre Beine bildete. Knapp über ihrem Brustbein waren Teile davon entfernt worden - und darunter zeigte sich die metallisch schimmernde Tätowierung.
    Neben ihr stand eine junge, braunhaarige Frau, die ein Baby in einer Schlinge trug. Ihre Augen waren ernst und traurig, und ihre lange, cremefarbene Robe schien mit Blut und Schlamm bespritzt zu sein. Mit einer Hand bedeckte sie den Kopf ihres Babys. Zwischen ihren Brüsten hing ein Medaillon.
    Maritine , flüsterte die junge Frau, während sie eine Hand in die Luft streckte und eine reißende Bewegung machte. Maritine, versprich mir, dass er lebt.
    Er wird leben, stieß Mary hervor und blickte über die Schulter, als weit hinter ihnen Schreie durch die Luft gellten. Ich schwöre es.
    Ich schwöre es.
    Ich schloss die Augen, während mich diese Worte wie ein Feuer durchliefen. Wie eine Finsternis, die dann mit dem Licht der Rüstung vertrieben wurde. Ich presste meine Hände auf Grants Brust, unmittelbar über seinem Herzen, und ergoss meine ganze Kraft in seinen Körper; ein Strom dunklen Lichts, aus meinem Herzen in seines. Seine Lider flogen auf,
er atmete rasselnd, doch ich hörte nicht auf. Ich konnte es einfach nicht.
    Ich schwöre es.
    »Maxine!«, stieß er heiser hervor.
    Jack schrie erneut auf. Mary lief zu dem alten Mann, sah aber nicht auf. Stattdessen griff ich tiefer in den Eissarg hinein und umfasste Grants Kopf mit meiner linken Hand. Meine Rechte ließ ich auf seiner Brust liegen. Die Herzen der Jungs schlugen in meiner Handfläche, im Gleichklang mit meinem Herzen. Und demjenigen Grants.
    »He«, flüsterte ich. »Es wird Zeit zu singen.«
    Grant runzelte die Stirn, aber nur einen Moment lang. Dann durchfuhr mich das merkwürdige Gefühl, wie sich etwas an meiner Haut rieb und sich um den dunklen Geist in meinem Herzen schlang. Die Erinnerungen wurden erstickt. Grant schloss die Augen und holte mühsam Luft. Vor Schmerzen verzerrte er die Stirn.
    Als er seinen Mund jedoch erneut öffnete, stieß er einen Laut aus, der nicht menschlich war. Es war nicht einmal etwas, das aus dem Donner geboren schien, sondern älter, archaischer, als würde sich irgendein instinktives Om aus dem Herzen eines Sterns den Weg durch seine Lunge bahnen. Seine Haut strahlte Hitze aus, drang durch die Jungs in meine Seele - und ich schloss die Augen, während ich in meinem Geist beobachtete, wie Grants Körper auseinanderbrach, zu Licht wurde und wie sich seine Stimme wie ein ungeheurer Schraubstock um die Funken des Avatars legte und sie umklammerte.
    Ich fühlte, wie sich Mr. Koenig wand. Nur war es nicht Mr. Koenig, sondern eine Entität aus zahllosen Namen und Häuten. Erneut erkannte ich die Ungeheuerlichkeit des Weltraums, erlitt die unerträgliche Last der endlosen Zeit, bis der Druck
plötzlich nachließ und ich Zeuge der ersten Erinnerung des Avatars wurde: an Fleisch - der Empfindung einer einfachen Berührung, die ein so ungeheures Wunder war, derart erschütternd, dass sich der Wahnsinn in Gier und Verlangen wandelte. Ich empfand Verlangen. Ich empfand auch Gier. Ich empfand Hass und Macht. Nicht meinen Hass und meine Macht, sondern die von Mr. Koenig.
    Ich empfand seine Einsamkeit.
    Ich empfand seine Furcht vor der Unermesslichkeit des Raums und dem Nichts in sich selbst.
    Ich empfand sein Verlangen zu sein .
    Ich empfand seinen Horror vor Grant und mir.
    Und dann, im letzten Augenblick, hörte ich ihn flüstern: Unsere Spezies ist untergegangen, wir sind

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