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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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Zähne, die rot unter der Discokugel glänzten. Es waren erstaunlich lange Finger, die unter den sich bewegenden Gliedmaßen verschwanden, Katzenaugen, die träge in den Gesichtern von Männern blinzelten, die sich um Frauen schlangen, deren Tätowierungen plötzlich wie schillernde Schuppen wirkten. Die Tänzer blieben niemals stehen, aber sie beobachteten mich, lächelnd, hielten ihre Hände vor ihre Münder, als würden sie lachen, und flüsterten sich gegenseitig etwas ins Ohr.
    Ich schmeckte Blut. Ich hatte mir auf die Zunge gebissen. Ich spuckte vor den Tänzern auf den Boden - und im selben Augenblick erschien meine blonde Führerin. Sie wirkte heiter und trat in meine blutige Spucke. »Kommen Sie«, sagte sie, »wir sind fast da.«
    Ich blieb stumm und starrte sie an, bis sie endlich den Blick abwandte und sich umdrehte. Ich zögerte einen Moment lang, bevor ich ihr folgte. Aber ich war schon zu weit gekommen. Das musste ich nun hinter mich bringen.
    Wieder machten uns die Tänzer Platz. Ich erwartete einen neuen Angriff. Diese Erwartung war fast schlimmer als der Angriff selbst. Rechts von mir sah ich den Mann in Schwarz, der von einer der weiblichen Führerinnen geleitet worden war. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, und es war auch sonst kaum etwas von ihm zu sehen. Er stand sehr still zwischen den Tänzern. Ich hatte das Gefühl, dass er verwirrt war und Angst hatte.
    Dann betrachtete ich meine Führerin, die mir den Rücken zukehrte, dachte an die Fingernägel und das Messer. Dann schob ich mich durch die Tänzer auf den Mann zu.
    Ich konnte ihn zwar nicht mehr sehen, ging aber in die Richtung,
wo ich ihn vermutete. Eigentlich war er nicht weit von mir entfernt gewesen, aber es standen sehr viele Menschen im Weg. Finger strichen über meine Arme und durch mein Haar, Münder hauchten mir ins Ohr. Eine Frau beugte sich vor und leckte meine Wange. Ich stieß sie weg und ging weiter, während die Musik auf mich einhämmerte und der Beat den Schlag meines Herzens spiegelte. Das Licht wurde schwächer, und der rote Schein breitete sich aus, als wäre die Luft aus Blut gemacht. Vor mir, unter dem Pulsieren der Trommeln kaum zu hören, nahm ich einen bestürzten Schrei wahr.
    Ich wollte schneller gehen, aber eine Mauer aus Leibern umringte mich. Die Tänzer standen so dicht zusammen, dass ich das Gefühl hatte, ich würde mich durch eine Brombeerhecke aus Leibern und Leder drängen. Ich bekam keine Luft, hatte den Eindruck, sie würden mich zerquetschen, und dann wurde das klaustrophobische Gefühl übermächtig. Ich fühlte mich fast wie in der Ödnis, begraben und allein. Ich war so entsetzlich allein.
    Plötzlich tauchte eine Frau vor mir auf. Ein langer Zopf hing über ihre Schulter. Ich ergriff ihr Haar, trat ihr scharf in die Kniekehlen und zwang sie zu Boden. Ich war zu schnell für sie, und sie war zu überrascht, um sich zu wehren. Ich setzte meinen Fuß auf ihre Schulter, grub meine Finger in den Scheitel eines anderen Mannes und gab einen Tritt nach oben. Ich riss an irgendwelcher Kleidung, um mich weiterzuziehen. Ich griff nach allem, was ich erreichen konnte und fühlte mich, als kletterte ich aus einem Saunaloch.
    Sekunden später stand ich schwankend auf den Schultern von jemandem, ruderte mit den Armen und hatte für einen kurzen Moment einen Überblick über den Raum. Unmittelbar vor mir sah ich den Mann in Schwarz. Er war zu Boden gezerrt
worden, die Leute hämmerten auf ihn ein und traten ihn. Jetzt konnte ich auch sein Gesicht erkennen.
    Hände packten meine Knöchel. Ich sprang weiter und landete ungelenk auf dem Kopf einer Frau. Mein Absatz rutschte weg, sie stolperte und ich machte einen weiteren ungeschickten Satz. Meine Knie rammten eine nackte Schulter. Ich glitt erneut ab, doch der Mann, der angegriffen wurde, befand sich jetzt direkt vor mir. Ich beugte mich so nach vorn, dass ich mitten in dem Kampf landete.
    Ich spürte nichts, als ich auf dem Boden aufprallte, aber die Jungs knurrten laut in ihren Träumen. Ich sah Sterne, weil alles Blut in meinen Kopf floss. Ich versuchte aufzustehen, bemerkte scharfe Zähne, Fingernägel, die wie Dolche geformt waren und wurde wieder heruntergezogen. Finger zerfetzten meine Kleider, um meine Haut aufzuschlitzen, und obwohl ich nichts spürte, war die Kraft dieser Hände ungeheuerlich. Sie drohte mich zu überwältigen.
    Ich gab jede Zurückhaltung auf. Meine eigenen Nägel wurden zu Krallen, und ich rammte sie in Fleisch, stach zu, riss,

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