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In Den Armen Der Finsternis

Titel: In Den Armen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marjorie M. Liu
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ein falsches Licht tauchen konnte. Am anderen Ende des Clubs bemerkte ich einen Tresen und daneben eine Plattform mit Stripperstangen, die jeder benutzen konnte.
    Die Musik war unerträglich laut. Jemand trat mir mit seinem hochhackigen Stiefel auf die Zehen. Schweiß lief über meinen Rücken und wurde rasch absorbiert. Die Jungs rührten sich, rastlos und voller Unbehagen.
    Vor mir wiegte sich ein junger Mann. Er trug einen Lendenschurz, sonst nichts. Ich tippte ihm auf die Schulter, und er beugte sich zurück. Als er meine Tätowierungen sah, lächelte er. »Wo ist das, dieser Ort hier?«, schrie ich über die Musik hinweg. »Welche Stadt soll das sein?«

    Der Jüngling blinzelte nicht einmal. »Toronto, Lady!«
    Toronto. Das klang irgendwie so profan. Ich hätte genauso gut auf dem Mond stehen können, ohne es zu wissen.
    Jemand ergriff meine Hand. Es war eine junge Frau, ihre Haut fühlte sich kühl an. Sie hätte vierzehn oder vierzig Jahre alt sein können und war etwas konservativer gekleidet als die anderen. Ihre Kurven wurden von einem fließenden schwarz schimmernden Kleid bedeckt, das eng an ihrem Körper anlag. Ihr blondes Haar glänzte, sie hatte ihre Augen ebenso geschminkt wie Kleopatra, ihre Lippen waren unregelmäßig und dick, als hätte sich irgendein Quacksalber mit einer Nadel an ihr zu schaffen gemacht.
    »Der Erlkönig wartet«, erklärte sie.
    »Oh«, erwiderte ich, »dem sollten wir Abhilfe schaffen.«

15
    W ir zwängten uns zwischen Männern und Frauen hindurch, die uns Platz machten, während der Beat immer lauter pumpte und die Tänzer in dem dröhnenden Groove aufgingen. Ich sah gar keine Zombies, was mir merkwürdig vorkam. Diese dämonischen Parasiten liebten doch solche Orte, an denen immer irgendwelche Drogen im Spiel waren, Substanzen, die den Geist schwächten und die Personen für jeden Einfluss und Besessenheiten empfänglicher machten.
    Aber es gab keine Zombies. Nur unendlich viele Menschen, von denen die meisten meine Führerin zu kennen schienen und sie mit wild glänzenden Blicken verfolgten, während sie zwischen ihnen hindurchging. Die junge Frau ignorierte sie jedoch alle; sie kam anmutig und bedächtig daher, mit einer gewollten Eleganz, die mich an alte Filmstarlets erinnerte: Mädchen aus gutem Hause, die über die Bühne glitten, als wären sie nicht von dieser Welt.
    Ich sah noch andere Frauen wie sie, die erstaunlich ruhig zwischen den Tänzern standen. Sie trugen Seidenkleider, hatten großartige Körper und Frisuren. Ihre Köpfe waren geneigt, als lauschten sie jemandem in weiter Ferne. Niemand achtete auf sie, aber einmal erhaschte ich einen kurzen Blick auf
eines der Mädchen, das einen ganz in Schwarz gekleideten Mann führte, genauso wie ich geführt wurde. Ich versuchte mehr zu erkennen, doch die Menge verschluckte sie.
    Ich hatte auch selbst das Gefühl, aufgesogen zu werden. Männer und Frauen drängten sich an mir vorbei. Die heiße Luft erschwerte das Atmen, obwohl die harte, treibende Rockmusik gut zu meiner Stimmung passte, was mir aber erst klar wurde, als ich mich dabei ertappte, wie ich mich im Rhythmus der Musik bewegte: zwischen den Körpern und dem Leder - über einen Steinboden hinweg, der zu der falschen, bemalten Grobheit der ungeheuren Decke mit den spitzen Stalaktiten passte. Wir brauchten eine Weile, um den Raum zu durchqueren. Der Weg, den die Blondine einschlug, war nicht logisch, nicht einmal, wenn man die Menschenmenge als Entschuldigung heranzog. Sie schlug Haken und Bogen, ohne Sinn und Verstand, führte uns von den Wänden in die Mitte und wieder zurück. Mir wurde schwindlig, alles verschwamm mir vor den Augen.
    Etwas biss in meinen Nacken.
    Es war ein harter Biss, der meinen Rollkragenpullover durchdrang. Ich hörte, wie Zähne brachen und drehte mich herum. Ich sah jedoch nur eine Mauer aus Tänzern, von denen keiner Blut spuckte.
    Hände strichen über meinen Rücken, gefolgt von einem scharfen Messer, das zwischen meine Beine zielte. Ich fühlte nur den Druck der Klinge, als sie meine Jeans und Unterwäsche durchdrang, aber im selben Moment wallte schon der Ekel in mir hoch. Ich rammte meine Ellbogen nach hinten, traf jedoch nur Luft, während gleichzeitig Finger in mein Haar griffen und meinen Kopf nach hinten rissen. Scharfe Nägel kratzten harmlos über meine Kehle, und die Jungs glitten über mein Gesicht, um mich zu beschützen.

    Da wurde ich plötzlich wieder losgelassen. Mein Herz hämmerte, und ich erkannte scharfe

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