In den Armen der Nacht
für ein ganzes Bataillon, doch auch wenn sie es riskant fand, Webster mit Baxter
in einen Raum zu stecken, wollte sie auf jeden Fall vermeiden, dass ein Typ von der Dienstaufsicht ganz allein in ihrem Arbeitszimmer saß. Wenn er jemanden beobachten wollte, dann am besten Baxter und Trueheart, überlegte sie, schlich sich in ihr Schlafzimmer hinüber, griff dort nach dem Link und wählte die Nummer von Nadine.
»Sie müssten mir einen Gefallen tun. Ich brauche jemanden, der über einen Vorfall gestern Abend –«
»Ihre kleine Flugshow mitten in der Stadt?«, fragte Nadine sie lachend. »Dafür haben wir zusätzliche Sendezeit bekommen. Wir haben einem Touristen aus Tokio sein Video abgekauft, das heute Morgen schon zweimal gesendet worden ist.«
»Na, super«, stöhnte Eve.
»Kriegen Sie deshalb Probleme? Aber selbst wenn, wäre es das erste Mal, dass Ihnen so was Sorgen macht.«
»Sie haben mir die Dienstaufsicht auf den Hals gehetzt, das könnte die Ermittlungen behindern. Außerdem saß Trueheart mit im Wagen, und Sie wissen genauso gut wie ich, dass, falls jemand in der Scheiße rührt, etwas davon an ihm hängen bleiben kann. Deshalb hat man mir geraten, die Sache so zu drehen, als wäre ich ein heldenhafter Cop und hätte Jagd auf Kinder- und Polizistenmörder gemacht. Als hätte ich meine Gesundheit und mein Leben aufs Spiel gesetzt, um das bekannte Universum vor diesen Kerlen zu beschützen. Irgendetwas in der Art.«
»Was Ihnen bestimmt quer runtergeht.« Trotzdem sah Nadine sie fragend an. »Im Grunde haben Sie das doch wirklich getan.«
»Trotzdem steht die Polizei nach dieser Geschichte ziemlich beschissen da.«
»Weshalb sie bereit wäre, jemanden zu opfern, falls das in den Augen der oberen Chargen etwas nützt.«
»Wenn es so weit kommt, werden sie Trueheart opfern und nicht mich. Mir werden sie auf die Finger klopfen, vielleicht kriege ich auch einen Verweis in meine Akte, aber wenn sie jemanden hängen müssen, dann ganz sicher ihn. Weil sie auf ihn eher verzichten können als auf mich. Dabei habe ich ihm den Schlamassel eingebrockt.«
»Ich soll die Sache also so drehen, dass diese Geschichte nicht Ihre Ermittlungen behindert und dass der süße Junge nicht den Kopf für den Einsatz hinhalten muss.«
»Ja, genau. Im Gegenzug –«
»Nein, sagen Sie es nicht.« Nadine lehnte sich zurück und hob abwehrend beide Hände in die Luft. »Denn es täte mir wahrscheinlich furchtbar weh, wenn ich Ihr Angebot ablehnen muss.«
»Hören Sie, Nadine, so groß ist der Gefallen doch gar nicht, um den ich Sie –«
»Sie haben meinen aufschlussreichen und zugleich prägnanten morgendlichen Bericht zu diesem Thema eindeutig nicht gesehen. Ich habe nämlich längst alles so dargestellt, wie Sie es gerne hätten. Die souveräne, nervenstarke Lieutenant Dallas und der junge, diensteifrige Officer Trueheart haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um ein paar gemeine Kinder- und Polizistenmörder zu erwischen, die, ohne auch nur einen Gedanken an die unschuldigen Männer, Frauen und Kinder zu verschwenden, die als Bewohner oder Gäste unserer wunderbaren Stadt gerade auf der Straße waren, mit scharfer Munition herumgeballert haben. Und so weiter und so fort.«
»Okay. Dafür bin ich Ihnen etwas schuldig.«
»Dafür nicht. So hat es sich einfach besser gemacht –vor allem, da auf dem Video von dem Touristen deutlich zu erkennen war, dass aus dem Lieferwagen geschossen worden ist. Die meisten Sender haben es so oder ähnlich rübergebracht, aber ein paar andere überlegen, ob
es nicht vielleicht Terroristen waren, und haben deshalb die Frage aufgeworfen, weshalb wir hier auf unseren eigenen Straßen und in unseren eigenen Häusern nicht mehr sicher sind.«
»Vielleicht einfach, weil ein Teil unserer Gesellschaft Scheiße ist?«
»Darf ich das zitieren? Oder vielleicht könnten Sie es ja noch einmal wiederholen, und ich nehme es auf.«
Eve dachte kurz darüber nach. »Wie wäre es damit, dass Sie sagen, als Sie Lieutenant Dallas angerufen haben, hätte die erklärt, dass sämtliche Beamten der New Yorker Polizei unermüdlich daran arbeiten, die Kerle zu erwischen, die für den Tod ihrer Kollegen sowie den Tod von Grant, Keelie und Coyle Swisher, Inga Snood und Linnie Dyson verantwortlich sind. Wir dienen diesen Menschen, wir dienen New York. Wir dienen Nixie Swisher, weil es nicht genügt, dass sie der Brutalität, die in ihr Heim getragen wurde, nicht auch erlegen ist. Sie hat Gerechtigkeit verdient, und
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