In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
dass er jetzt keine Schmerzen hatte, wenn er ruhig liegen blieb.
»Bleib liegen. Du sollst schlafen.«
Eine Hand erfasste seine, Wärme strömte daraus in seinen Körper, verbreitete Zufriedenheit. Jack schloss fest seine Finger darum, als ihm klar wurde, dass die Hand die Quelle seines Wohlbehagens war. Die Schmerzen waren kaum noch fühlbar, nur sein Kopf war sehr schwer und die Gedanken träge.
Dann bewegte sich etwas neben ihm, die Matratze gab etwas nach, als würde sich jemand neben ihn in die Koje legen. Ein bekannter Duft stieg in seine Nase. Sehr vertraut. Sehr nach Jessie. Jack drehte den Kopf. Haare kitzelten in seinem Gesicht. Weiche Lippen, ein zarter Atemhauch auf seiner Wange. Das war gut. Die Besorgnis schwand, und eine angenehme Wärme stieg in ihm hoch. Die Dunkelheit wurde tiefer, das Gefühl von Sicherheit und Ruhe verstärkte sich. Und schließlich schlief er tief und fest.
Jessica lag neben Jack und hielt seine Hand in ihrer. Er hatte sie ergriffen und nicht mehr losgelassen. Sie hatte versucht, sich zu befreien, um wenigstens nach einem Stuhl angeln zu können, aber Jack hatte sie so fest gehalten, dass sie Angst hatte, ihm weh zu tun, wenn sie sie zurückzog. Sie hatte sich zuerst auf das Bett gesetzt und dann einfach ihrem eigenen Wunsch nachgegeben und sich neben ihn gelegt.
Das schien ihn zu beruhigen. Der Arzt hatte ihm mit ihrer Hilfe eine ziemliche Dosis Laudanum verpasst, weil er der Meinung gewesen war, dass Jack viel zu entschlossen war, Dinge in Angriff zu nehmen, die in seinem jetzigen Zustand nicht ratsam waren. Als Jessica ihn fragend angesehen hatte, hatte er verschmitzt gelächelt und gemeint, dass diese Menge selbst einen Wal einen Tag lang schlafen lassen würde. Jessica war besorgt gewesen, aber Smithy hatte sie ebenfalls beruhigt. Auf den Schiffsarzt war Verlass. Der hatte – so Smithys glaubhafte Versicherung – noch keinen zu Tode verarztet, der nicht sowieso gestorben wäre.
Sie hauchte Jack einen Kuss auf die Wange und hob dann den Kopf, um ihn zu betrachten, sein so unendlich vertrautes Gesicht zu studieren, von dem sie doch nie genug bekam.
Sie konnte sich so genau an den Tag erinnern, an dem sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, obwohl sie damals noch so klein gewesen war. Aber manche Ereignisse prägten sich eben für immer ein. Ihr Vater war nach einer langen Reise heimgekommen. Sie sah in der Erinnerung, wie er sich zu ihr beugte und sie auf den Arm nahm, als wäre sie erst vier Jahre alt, dabei war sie schon groß gewesen. Knapp sieben. Sie hatte sich an ihn geschmiegt und über seine Schulter gesehen. Da war dieser große, breitschultrige Mann gewesen, Vaters Freund und Captain, in seiner imposanten Uniform. Und daneben seine neuvermählte Frau, mit großen, strahlend blauen Augen und einem Lächeln, das Jessica bezaubert hatte.
Und dann war er da gewesen. Hinter Vanessa. In einer viel zu großen Jacke, die an ihm schlotterte. Das dunkle Haar trug er wie viele von Vaters Freunden und Seemännern am Hinterkopf mit einem Band zusammengefasst. Eine spitze, viel zu große Nase in dem mageren Gesicht. Ein langer, dürrer Kerl mit großen Händen, mit denen er nichts anzufangen wusste. Er hatte nur das Gesicht verzogen, als er ihren Blick gefühlt hatte. Es sollte wohl so etwas wie ein verlegenes Lächeln sein.
Jessica schmunzelte an Jacks Wange, als sie sich daran erinnerte. Diese Szene war ihr auch nur deshalb so in Erinnerung geblieben, weil sie dann in seine Augen gesehen hatte. Warme, braune Augen, mit Wimpern, die so lang und dicht waren, dass Jessica gestaunt hatte. Sie hatte die Hand ausgestreckt, um ihn anzufassen. Und da hatte er wirklich gelächelt. Sie angelächelt.
Und da war es um Jessica geschehen gewesen. Von dem Tag an war wohl das für alle sichtbare Schild »Jessica liebt Jack« um ihren Hals gehangen.
Jetzt war er nicht mehr dürr. Das Gesicht nicht mehr mager, mit viel zu hageren Wangen, so dass die Nase scharf hervorstand. Jetzt hatte alles harmonische Proportionen. Die Hände waren immer noch groß, aber man sah ihnen die Kraft, die darin steckte, an. Sie strich mit dem Daumen über die Narbe, die sich von seinem Zeigefinger bis zum Rist zog. Sie kannte sie so genau, dass sie sie blind ertasten konnte. Er war vor acht Jahren damit heimgekommen. Dann die kleine Narbe über dem Auge. Er hatte wirklich Glück gehabt. Ein wenig tiefer, und das Messer hätte das Auge getroffen.
Sie beugte sich näher, hauchte einen Kuss auf das Auge,
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