In den Armen des Freibeuters: Erst wies sie ihn ab - doch dann entflammte seine Leidenschaft ihr Herz (German Edition)
Martins Stimme. Wo kam der her?
»Komm, mein Junge.« Das war wieder Smithy.
Der Schmerz wurde heftiger. Schweiß rann Jack über den Nacken, auf den Rücken, brannte in den Wunden. In seinen Ohren begann es jetzt zu summen, als hätten sich Tausende Insekten darin gesammelt.
»… die Anstrengung …«, hörte er den Arzt sagen. Und dann ging endgültig alles drunter und drüber. Jessicas totenbleiches Gesicht, ihre Arme, die sich nach ihm ausstreckten. Jack wollte sie in die Arme nehmen, sie beruhigen, aber das Letzte, was ihm bewusst war, dass nicht sie in seine sank, sondern umgekehrt.
In der nächsten halben Stunde schwankte Jack laufend zwischen wach, halb wach und bewusstlos. Er war wach, als sie ihn in die Kajüte schleppten. Halb wach, als Jessica seinen Kopf in ihren Schoss legte, seine Stirn abtupfte und dabei halblaute Beschimpfungen auf Harding ausstieß. Benommen, als Martin kurze, prägnante Befehle gab, und ganz wach, als sein Bordarzt die aufgebrochenen Striemen versorgte. Er erklärte mit Entschiedenheit, dass er aufstehen und den Befehl über die Tuesday übernehmen müsse, aber keiner hörte ihm zu.
Als man ihn endlich in seine Koje legte, hatte er eine ordentliche Portion Laudanum in sich und war bewusstlos.
Jack wachte mit annehmbaren Schmerzen auf. Dass etwas nicht in Ordnung war, merkte er, als er sich im Halbschlaf streckte und sofort zusammenzuckte. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch ihm wurde sofort schwindlig. Er musste viel Blut verloren haben.
Er wandte den Kopf und sah auf dem Tisch das leere Glas stehen. Der Arzt hatte ihm trotz seiner Weigerung Laudanum verabreicht. Das heißt, nicht der Arzt, sondern Jessica war es gewesen, die es ihm unerbittlich eingeflößt hatte. Er verzog das Gesicht. Als hätte er jemals zuvor Laudanum getrunken. Er hätte es sich niemals leisten können, einzuschlafen, die Kontrolle über sich und das Schiff zu verlieren. Auch jetzt konnte er es sich nicht leisten, wieder bewusstlos zu sein. Er musste wach bleiben. Auf Jessica aufpassen.
Während Jack noch darüber nachdachte, fühlte er, wie seine Gedanken abglitten, sich mit Jessica befassten. Ihre erschrockenen Augen, das blasse Gesicht. Sie hatte Angst um ihn gehabt. Allein das schon war die Schmerzen wert. Zum Teil jedenfalls. Er schloss die Augen, seine Gedanken verschwammen, Jessica tauchte immer wieder auf. Der Moment auf dem Schiff, als Jessica den Säbel geschwungen hatte. Donnerwetter, was für ein Mädchen.
Er sah halbtrunken vor Schlaf an sich herab. Jemand hatte sich, während er geschlafen hatte, an ihm zu schaffen gemacht, hatte seine Hose ausgezogen und eine Decke über ihn gebreitet. Er blinzelte. Jessicas Gesicht war ganz knapp vor seinem. Ihre Lippen lagen auf seiner Stirn, seinen Wangen, seinem Mund.
»Muss gehen …«, murmelte er, halb im Schlaf, halb wach.
»Nicht jetzt. Schlafe, Jack.«
Jessicas Stimme floss leicht und weich durch die träge Masse in seinem Kopf. Sie war in seinem Traum. Das war gut. Er sank etwas tiefer in die Müdigkeit und Schwere. Dann versuchte er, wieder wach zu werden.
Er musste ihr etwas sagen … Ihr sagen? Was sagen …? Oder sie etwas fragen? Er hatte es vergessen. Seine Gedanken klebten so zäh in seinem Kopf, dass er sie kaum zu Ende denken konnte.
Er blinzelte, schloss wieder die Augen. War das die Realität oder ein Traum? Wenn es ein Traum war, dann hatte er keine Einwände. Ein schöner Traum. Ihre Hand lag auf seiner Stirn. Angenehm warm und kühl zugleich. Jack fand die Hand beruhigend. Jessica hatte so hübsche Hände. Diese ovalen Nägel, die zarten Adern und die Knöchel. Er konnte Stunden damit verbringen, die Fingerspitzen zu küssen.
Und auch sonst war Jessica viel hübscher als alle anderen. Jacks Bewusstsein glitt wieder davon. Er versuchte, die bleierne Müdigkeit abzuschütteln. Weshalb war das so schwierig? Er hätte dieses verfluchte Zeug nicht trinken sollen, egal wie sehr Jessica darauf bestanden hatte. Himmel noch mal, das wirkte ja stärker als ein Schlag auf den Schädel. Er konnte jetzt nicht schlafen. Er musste zu Jessica, bevor sie wieder mit diesem Charles auf und davon ging. Nach Ostindien fuhr. Oder vielleicht sogar nach Australien. Wusste der Teufel, was dem Mädchen einfiel, sobald er nicht auf sie aufpasste.
Er versuchte aufzustehen, aber die Dunkelheit drehte sich um ihn. So hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er einmal bei einem Gefecht eine Rah auf den Kopf bekommen hatte. Mit dem Unterschied,
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