In den Armen des Meeres
Saphire. Ihr Begleiter bei diesem Anlass war Mr Thomas Blair, einer der angesehensten Bankieres des Landes. Er nahm den Platz des Gastgebers am anderen Ende der Tafel ein. Thomas war ein gut aussehender Gentleman voller Ehrgeiz, außerdem unverheiratet. Sie hatte daher auch zwei Debütantinnen und eine junge Witwe eingeladen, was angemessen war für einen Mann, der ein so guter Fang sein würde. Jetzt hob er sein Weinglas und prostete ihr zu. Dabei wandte er nicht den Blick von ihr. Sie wusste, er wollte damit nicht nur seine Bewunderung für die Organisation des Festes ausdrücken ...
Sie erwiderte sein Lächeln, als Lord Worth sagte: »Wen kümmert das chinesische Opium? Abgesehen von ihren eigenen Regierenden?« Er lachte und fügte in belehrendem Tonfall hinzu: »Ich sage, lasst Ihnen ihre Opiate!«
»Es ist falsch«, erklärte Felicia Carew, eine der Debütantinnen. Sie war sehr jung, recht hübsch und nicht besonders klug. Blair hatte noch kein einziges Mal zu ihr hingesehen. »Jeder weiß, wie schrecklich die Wirkung von Opium ist – und ich bin sicher, dass dasselbe für die armen Chinesen gilt! Wir sollten sie nicht noch ermutigen!«
»Meine Liebe«, erklärte Lord Worth belehrend, »das Opium ist ein Vermögen wert – für unsere Kaufleute, meine ich natürlich. Es ist eine verdammt gute Ware, möchte ich sagen.«
Alle pflichteten ihm bei. Die Debatte über freien Handel und offene Märkte war ein beliebtes Thema, vielleicht sogar noch beliebter als die Diskussion über die nationalen Schulden und den möglicherweise bevorstehenden Bankrott des Landes. Natürlich kam vor allem das Letztere sehr auf den Standpunkt des Betrachters an.
»Aber wegen des Opiums in einen Krieg ziehen?«, meinte ein älterer Gentleman. »Wie ich hörte, sind unsere Kanonenboote überall an der chinesischen Küste verteilt.«
Blair sah wieder zu ihr hin. Elysse bemerkte seinen Blick und wandte ein: »Unser Tee wird mit Silber bezahlt, Mr Harrison. Und die Firmen des Landes werden für Opium in Silber bezahlt. Aber wenn mehr Häfen für den Handel geöffnet wären, dann würden unserer Manufakturen mehr Märkte haben – und für Tee bezahlen können.«
»Befürworten Sie den freien Handel?«, fragte der ältere Mr Harrison. »Ich muss gestehen, ich fürchte mich vor dem freien Handel.«
Ehe sie antworten konnte, mischte Blair sich ein. »Wie sollte sie nicht für den freien Handel eintreten.«
»Natürlich bevorzugt sie den freien Handel«, erklärte Lord Worth. »Schließlich ist ihr Ehemann tief in den Handel auf der ganzen Welt verstrickt. Wie geht es dem kühnen Kapitän eigentlich, meine liebe Elysse? Ich hoffe doch, dass er allen unangenehmen Begegnungen mit den Chinesen aus dem Wege geht.«
Woher soll ich das wissen? Ihr war bewusst, dass Blair sie jetzt beobachtete, aber sie lächelte weiter. Sie hatte Alexi seit sechs Jahren nicht mehr gesehen. Falls er in den Krieg verwickelt sein sollte, so wusste sie nichts darüber. Und es war ihr auch egal. »Es geht ihm sehr gut, danke«, murmelte sie lächelnd. »Und Sie haben recht. Ich bin eine Anhängerin des freien Handels.«
Sie wollte jetzt nicht an ihn denken. Es würde ihr den Abend verderben. Ein paar Monate nach der Hochzeit hatte es eine einzige kurze Nachricht gegeben, in welcher er sie damit beleidigt hatte, dass er fragte, ob sie möglicherweise schwanger sein könnte. Diese Unterstellung hatte sie so wütend gemacht, dass sie den Brief zusammengeknüllt hatte, ohne sich die Mühe zu machen, darauf zu antworten.
Natürlich hatte er Geld für sie bereitgestellt, ganz der liebende Ehemann. Jeden Monat wurden auf ihre Konten in London und auch in Irland Gelder von seinen Anwälten eingezahlt. Zuerst hatte sie sich geweigert, sein Geld anzurühren. Mittlerweile bezahlte sie alles damit – das schöne Apartment, das sie am Grosvenor Square gemietet hatte, die Möbel, die darin standen, ihre Garderobe, ihren Schmuck, ihre Kutsche, ihre Pferde und ihr Personal.
»Es wird Krieg geben«, sagte Blair gelassen von der anderen Seite des Zimmers aus. »China muss seine Häfen für uns öffnen.«
Elysse sah ihn an und stimmte ihm im Stillen zu. Die Gesellschaft hielt ihn für ihren neuesten Liebhaber. Aber sie wollte sich nicht auf ihn einlassen, auch wenn er nicht abgeneigt wäre.
Wenn sie ihn doch nur als Liebhaber nehmen könnte. Sie war es müde, ständig die glückliche Ehefrau zu spielen.
»Was ist nun mit dem Kapitän, meine Liebe? Was ist mit Ihrem
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