In den Armen des Scheichs
Sympathie umfasste der Blick des älteren Mannes die starke Gestalt seines Königs. Akmal blinzelte gerührt, wieder und wieder, während seine Welt in tausend Scherben zu zerbersten drohte.
„Nein …“, flüsterte er abwehrend. „So etwas können sie nicht getan haben … das wäre ja … als wenn man einen Menschen einfach ersetzen könnte!“ Er brach ab und fuhr sich mit der Hand über die feuchten Augen. „Ich war doch da! Ich hätte es doch gemerkt, wenn … nein, es ist eine Lüge!“
„Es ist die Wahrheit!“ Xavians Stimme war klar und fest, obwohl auch seine Welt in Scherben lag. Plötzlich fühlte er sich wie befreit, da er ausgesprochen hatte, was seit Jahren in seiner Seele gärte und mit aller Gewalt ans Tageslicht drängte.
Fasziniert starrte Xavian in die schwarzen Augen seines Bruders und sah sich selbst. Dann senkte er den Blick auf die Narben an seinen Handgelenken. „Seit der Krönungszeremonie ahnte ich, dass etwas nicht stimmte“, murmelte er. „Meine Eltern wollten unbedingt verhindern, dass ich nach Aristo flog. Endlich ist mir klar, warum.“
„Und seit wann weißt du die ganze Wahrheit?“, fragte Zakari, zutiefst erschüttert angesichts des namenlosen Schmerzes in den Augen seines kleinen Bruders.
„Seit fünf Minuten, doch angekündigt hat sie sich schon seit Langem. Ich … ich befürchtete die ganze Zeit, wahnsinnig zu werden. Ich hörte Kinderlachen … und ich erinnere mich an einen kleinen Vogel, der sich in den Palast verflogen hat …“
Zum ersten Mal entrang sich Zakari die Andeutung eines Lächelns. „Daran erinnere ich mich auch.“
„Meine Mutter …?“ Unverhofft tauchte das Bild aus den Träumen vor seinem inneren Auge auf. „Anya … meine Stiefmutter …?“
„Sie ist gestorben.“ Zakaris markantes Gesicht war totenblass, weil er in diesem Moment den erlebten Horror seines Bruders hautnah spürte. Seit Jahren hatte er sich nach diesem Augenblick gesehnt und sich ausgemalt, wie es sein würde. Doch niemals hätte er sich die Qualen vorstellen können, die Zafir jetzt erlitt. „Unser Vater auch.“
Xavian war wütend, verstört, außer sich, und Akmal stand genau in seiner Schusslinie. „Natürlich wussten Sie das alles!“, herrschte er ihn an. „Und Sie haben geschwiegen, verdammt noch mal!“
„Nein … ich … ich war nur ein einfacher Wesir, ich würde Sie nie anlügen, Sire“, jammerte Akmal und brach plötzlich vor Xavians Augen zusammen. „Damals, vieles habe ich nicht verstanden, doch meine Fragen wurden nie beantwortet. Eines Nachts fürchteten alle, wir hätten Sie verloren … oder vielmehr … Prinz Xavian“, verbesserte er sich mit schwankender Stimme, und Xavian schloss gepeinigt die Augen. „Aber am nächsten Tag gab der Palastarzt bekannt, dass Sie … oder er über den Berg sei. Und wenige Wochen später sah ich die Königin mit Ihnen im Garten. Sie waren immer noch schwach und wurden in einem Rollstuhl geschoben. Es war das erste Mal seit Jahren, dass ich Sie … ihn … nein, Sie , Sire, zu Gesicht bekam.“
Der arme Mann geriet immer mehr ins Schwimmen.
„Habe ich denn gar nicht gesprochen?“
„Nein, noch eine ganze Weile nicht, außer mit der Königin und dem König. Wir dachten damals, die Krampfanfälle hätten Ihr Hirn geschädigt, doch Sie wurden immer kräftiger und waren so unglaublich schlau, aber nie ein glückliches Kind …“
War das ein Wunder?, dachte Xavian bitter.
„Eure Hoheit … König Xavian, dies darf niemals an die Öffentlichkeit dringen!“, flehte Akmal. „Denken Sie daran, was es Ihrem Volk antun würde.“
„Denken Sie auch daran, was es unserem Volk angetan hat?“, fragte Zakari hart. „Und unserer Familie? Wir verloren einen Bruder, einen Sohn, einen königlichen Prinzen. Er muss zu den Menschen zurückkehren, die ihn lieben, vermissen und nie vergessen haben. Die ihn völlig umsonst betrauerten!“
Doch Xavian hörte Zakaris leidenschaftliches Plädoyer nicht. Er suchte immer noch nach Antworten. Nicht nur für sich, sondern auch für den echten Xavian.
„Schaffen Sie den Palastarzt her!“, forderte er Akmal auf.
Und als der eine Weile später fast auf den Knien angekrochen kam und seinen König wortreich um Milde und Gnade anflehte, brachte der ihn mit einer herrischen Geste zum Schweigen und forderte Aufklärung.
„Ich habe nur auf den Befehl des Königs gehandelt. Ich war doch sein Arzt!“, verteidigte er sich.
„Sie waren auch mein Arzt!“ Xavians schwarze Augen
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