In den Armen des Sizilianers
dem wunderbar weichen Handtuch abtrocknete, drehte sie sich zu ihm um. Wer uns zuhört, hält uns bestimmt für ein ganz normales Paar, dachte sie. Wie viel Zorn und Leidenschaft sich hinter der Fassade verbargen, ahnte niemand. „Es sei denn, ich tue ihn in einen Laufstall.“
„Das klingt etwas skeptisch. Hältst du das für keine gute Lösung?“
„Nicht unbedingt, denn es erinnert mich an einen Käfig, und Babys sind keine Tiere. Sie sind neugierig auf alles um sie herum und müssen ihrem Drang nachgeben können, alles zu untersuchen. Andererseits lässt es sich wahrscheinlich nicht vermeiden, sie auch einmal in ein Laufgitter zu setzen, wenn man in der Küche kurz etwas erledigen will oder zur Toilette muss.“ Plötzlich errötete sie. Warum habe ich das gesagt?, überlegte sie entsetzt. Damals hätte sie es nicht gewagt, über so etwas Intimes zu reden. „Es tut mir leid, es ist mir einfach herausgerutscht“, entschuldigte sie sich.
Vincenzo schüttelte den Kopf. „Bin ich so ein Tyrann, dass du Hemmungen hast, etwas ganz Natürliches zu erwähnen?“
Sie zuckte nur die Schultern.
„Komm, verrat es mir“, forderte er sie sanft auf.
„Als wir noch verheiratet waren, hast du mich nicht gerade ermutigt, frei und offen mit dir über alles zu reden.“ Sie sah ihm in die Augen. „Vielleicht war es sogar besser so. Eine Frau soll geheimnisvoll und unirdisch wirken, nicht wahr? Allerdings halte ich das für eine altmodische Vorstellung.“
Ihm fiel auf, dass sie über ihre Ehe in der Vergangenheit sprach. Doch sie hatte wahrscheinlich recht, die war Vergangenheit.
„Außerdem war ich viel zu unsicher und wusste nicht, wie weit ich bei dir gehen konnte“, fuhr sie fort. „Es fiel mir schwer, zu entscheiden, was ich dir anvertrauen konnte und was ich besser für mich behielt.“ Ihr war irgendwann klar geworden, dass sie einen der begehrtesten Junggesellen Siziliens geheiratet hatte, und diese Entdeckung hatte ihr Selbstbewusstsein schwer erschüttert. Ihrer neuen Rolle hatte sie sich nicht gewachsen gefühlt, sie war zu unerfahren gewesen. Statt das Eheleben zu genießen und sich zu freuen, dass sie Vincenzos Frau war, war sie vor lauter Angst und Selbstzweifeln völlig gehemmt und blockiert gewesen. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum sie so lange nicht schwanger geworden war.
„In Rom warst du unglücklich“, stellte er unvermittelt fest.
„Na ja, ich habe mich ziemlich einsam gefühlt“, gab sie zu. „Oder besser gesagt, ich war isoliert. Es gab für mich nichts zu tun, außer dass ich vormittags Italienisch lernte. Du warst den ganzen Tag im Büro und hast meinen Vorschlag, mir einen Job zu suchen, rundweg abgelehnt.“
Ungeduldig schüttelte er den Kopf. Das Thema hatten sie erschöpfend behandelt. „Du hast doch gar keine abgeschlossene Ausbildung, Emma“, erinnerte er sie. „Du hast das Catering College ohne Abschluss verlassen. Was hattest du dir denn vorgestellt? Als was wolltest du arbeiten? Hätte ich zulassen sollen, dass meine Frau Cremetörtchen verkauft?“, fragte er ohne jeden Anflug von Spott oder Sarkasmus.
Nachdenklich sah Emma ihn an. Wurde er plötzlich vernünftig? Nein, bestimmt nicht, denn dann hätte er sich radikal geändert, was in der kurzen Zeit gar nicht möglich war.
„Ach, vergiss es, Vincenzo. Es ist doch nicht mehr wichtig. Doch jetzt musst du mich entschuldigen, Gino braucht sein Essen“, erklärte sie betont ruhig.
11. KAPITEL
Emmas Innenleben glich einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Oft wechselte ihre Stimmung innerhalb weniger Stunden zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Sie war zurück in Vincenzos Armen und in seinem Bett, und für alle Außenstehenden war sie wieder seine Ehefrau. Doch der Schein trog.
Sie spielten nur das perfekte Ehepaar, nur Gino gegenüber zeigten sie echte und tiefe Gefühle. Dass sie beide ihren Sohn heiß und innig liebten, half Emma über einiges hinweg. Es kam ihr vor wie ein Rettungsanker, an den sie sich klammerte. Alles andere war zwar verlockend und verführerisch, aber auch sehr gefährlich.
Es wäre ihr leichtgefallen, sich ausschließlich auf die Nächte mit Vincenzo zu konzentrieren, die ihr vorkamen wie reine Magie. Sie liebten sich leidenschaftlich und hemmungslos, und immer wieder nahm er sie in die Arme und presste sie an seinen warmen nackten Körper.
Fast hätte sie glauben können, er versuche, die letzten unerfreulichen Monate in Rom, als sich ihre Beziehung zusehends
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