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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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der sämtliche logistischen Nachteile aufwog. In Kenntnis der späteren Ereignisse gelangt man jedoch zu der Ansicht, dass er, wenn er schon fünf Leute mitnehmen wollte, besser daran getan hätte, sich für Crean als für Oates oder Edgar Evans zu entscheiden. Es war logisch, dass Lashly und Teddy Evans zurückgeschickt wurden – schließlich hatten sie von Corner Camp an über die ganze Strecke die Schlitten gezogen –, aber auf Crean traf das nicht zu; er war immer noch ungeheuer stark und einsatzfähig und bezeichnete sich selbst als »den wilden Mann aus Borneo«.
    Doch Scott hatte seine Entscheidung getroffen. Am 4. Januar brach die Pol-Gruppe auf, und er war optimistischer Stimmung:
    »Es war natürlich schon spät, als wir uns heute morgen auf den Weg machten; die Schlitten mussten bepackt und die endgültige Trennung der beiden Gruppen vorbereitet werden. Es war herrlich zu sehen, wie fein säuberlich, dank U.O. Evans, alles auf einem kleinen Schlitten verstaut werden konnte. Ich machte mir Sorgen, wie wir ihn ziehen konnten, und war froh zu sehen, dass wir leicht vorankamen. Bowers zieht zu Fuß zwischen Wilson und mir, aber hinter uns; er muss mithalten und wirft uns zum Glück nicht alle aus dem Takt.«
    Teddy Evans, Crean und Lashly folgten ihnen für den Fall irgendeines Missgeschicks nach, doch sobald Scott zuversichtlich genug war, blieben beide Gruppen stehen, verabschiedeten sich und sahen einander zum letzten Mal an. Es muss sich um eine Gruppe wild aussehender Männer gehandelt haben, mit eisverkrusteten Bärten, Wetter gegerbten Gesichtern und aufgesprungenen Lippen. Scott schilderte den Abschied: »Teddy Evans ist schrecklich enttäuscht, hat aber alles gut weggesteckt und sich wie ein Mann verhalten. Der gute alte Crean weinte, und selbst Lashly war gerührt.«
    Ebenso wie Wright hatten auch Cherry-Garrard und Bowers während des Marschs und schon davor an Teddy Evans Kritik geübt. Bowers hatte Evans der »Aufwiegelung« bezichtigt, weil er Scott vor seinen Leuten und den Offizieren kritisierte. Doch auf einer Expedition wie der von Scott »der zweite Mann« zu sein, ist, wie die Geschichte lehrt, eine undankbare Aufgabe, und es wäre falsch, Evans allzu scharf, mehr als Scott, zu verurteilen ... Evans schrieb später in einem privaten Zusammenhang, dass er sich von Scott nicht gut behandelt gefühlt habe. Aber in seinem im Strand Magazine veröffentlichten Bericht war zu lesen:
    »Die Aufregung war groß; es stand fest, dass es mit fünf gesunden Männern – der Pol war nur 268 Kilometer entfernt – bloß noch um eine Frage von zehn oder elf Tagen guter Schlittenleistung ging. Das letzte Lebewohl war sehr bewegend; Oates war weit mehr betroffen als alle anderen der Süd-Gruppe ... Ich glaube, seine letzte Bemerkung war: ›Ich fürchte, Teddy, du wirst keinen großen Abhang vor dir haben, wenn du zurückgehst, aber der gute alte Christopher wartet auf dem Schelfeis auf dich und darauf, verspeist zu werden.‹«
    Oates, der selbst unglaublich viel Fleisch aß, hatte mit einiger Sehnsucht an Christopher zurückgedacht. Der letzte Hilfstrupp der Süd-Gruppe rief dreimal Hurra, drehte seinen Schlitten um und begann den langen Marsch nach Hause. Oates, der hinten zog, winkte mehrere Male zurück. Teddy Evans schrieb: »Wir sahen uns oft um, bis die kleine Gruppe nur noch ein winziger schwarzer Punkt am südlichen Horizont war, und schließlich war sie ganz verschwunden.«
    Evans konnte nicht wissen, dass »wir die letzten waren, die sie lebend sahen, und dass unsere drei Hurrarufe auf dieser trostlosen und einsamen Höhe des Plateaus die letzte Anerkennung war, die sie je erfahren sollten.« Die Pol-Gruppe befand sich bereits auf dem Marsch in die Legende. Von da würden nur noch ihre eigenen Aufzeichnungen Zeugnis ablegen.
    Und so kehrte die letzte Hilfsgruppe nach Norden zurück, um sich ihrerseits allerhand Gefahren ausgesetzt zu sehen. Teddy Evans hatte Bowers eine kleine seidene Fahne seiner Frau mitgegeben, die er am Pol hissen sollte. Dafür trug er einen Brief von Scott an Kathleen bei sich, in dem er sich zufrieden mit ihren Fortschritten äußert und seine Lieblingsthemen, wie seine Stärke und seine Führungsqualitäten, anspricht: »Kein Mann wird oder kann sagen, dass ich nicht geeignet war, die Leute auf der letzten Etappe zu führen.« 10 Evans trug auch eine mündliche Botschaft mit sich, die bei der vor ihnen liegenden Katastrophe eine Rolle spielen sollte. Scott hatte seine

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