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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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Rittmeister Oates an diesem Abend zum ersten Mal so richtig aus sich herausging:
    »Er erzählte uns alles über sein Zuhause und seine Pferde ... Er redete und redete, und seine großen, freundlichen braunen Augen funkelten, als er sich an seine harmlosen Jungenstreiche in Eton erinnerte ... Schließlich streckte Kapitän Scott den Arm aus und griff liebevoll nach ihm in der Art, wie sie für unseren Expeditionsleiter so charakteristisch war, und sagte: ›Sie komisches altes Haus, Sie sind ja jetzt ganz schön aus Ihrem Schneckenhaus herausgekrochen, Soldier. Wissen Sie, dass wir alle hier herumgesessen sind und uns fast vier Stunden lang unterhalten haben? Es ist Neujahr und ein Uhr früh!‹«
    Dieser plötzliche Erguss war ein Zeichen dafür, dass Oates sich nach dem Leben in Indien, der Wildschweinhetz, dem Polospiel und den Annehmlichkeiten seines Zuhauses in Gestingthorpe sehnte.
    Am Silvesterabend hatte Scott angeordnet, dass die Leute aus Teddy Evans’ Team ihre Skier im Depot zurücklassen müssten – genau genommen eine merkwürdige Entscheidung; denn wie er selbst einräumte, war es leichter, auf Skiern zu fahren, als einfach weiterzustapfen. Am Neujahrstag war Scott fröhlich und bemerkte, dass die Aussichten sich zu bessern schienen, dass sie nur 315 Kilometer vom Pol entfernt waren und noch eine Menge Lebensmittel hatten. Vielleicht war er auch deshalb so gut gelaunt, weil er im Begriff stand, seine endgültige Entscheidung über den Weg zum Pol zu treffen. Am 3. Januar begab er sich zu Teddy Evans’ Zelt. Als er eintrat, hustete Crean. Scott sagte: »Sie haben aber eine böse Erkältung, Crean«, worauf der scharfsinnige Ire antwortete: »Ich höre etwas zwischen den Zeilen, Sir.« 4 Scott teilte ihnen mit, er habe beschlossen, dass Teddy Evans’ Team nach Cape Evans zurückkehren solle. Diese Nachricht war wahrscheinlich keine Überraschung. Lashly und Teddy Evans hatten am längsten die Schlitten gezogen, und zumindest Evans war erschöpft. Doch Scott schickte dann alle bis auf Teddy aus dem Zelt und ließ die wirkliche Bombe platzen. Er sagte, er wolle Bowers in die Pol-Gruppe aufnehmen, und bat Teddy Evans um seine Zustimmung. Evans hatte, obwohl ihm seine Mannschaft für die Rückreise auf diese Weise gefährlich ausgedünnt wurde, keine andere Wahl, als sich damit einverstanden zu erklären. Scott war erfreut und schrieb in sein Tagebuch: »Bowers soll in unser Zelt kommen, und wir werden morgen als Fünfmanngruppe weiterziehen. Wir haben 5 1 / 2 Lebensmitteleinheiten – praktisch mehr als eine Monatsration für fünf Personen –, damit müssten wir durchkommen.«
    Scotts Entscheidung, fünf Männer statt vier zum Pol mitzunehmen, ist niemals zufriedenstellend erklärt worden. Debenham glaubte, Scott habe so viele mitnehmen wollen, damit sie alle am Erfolg teilhaben würden, aber das ist wahrscheinlich nicht alles. Es ist auch nicht klar, warum Scott ausgerechnet diese vier ausgewählt hat. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, dass er von Anfang an beabsichtigt hatte, Wilson und Unteroffizier Evans auf dem Marsch zum Pol bei sich zu haben. Er hatte eine persönliche Hochachtung vor dem Doktor, der für ihn eine Quelle großer spiritueller Kraft war. Auch für den stämmigen Waliser empfand er eine besondere Zuneigung, die auf die Tage der Discovery zurückging, und er schätzte seine Stärke, seine Ausdauer und seinen Erfindungsreichtum. Hinzu kam, dass Scott darauf achten musste, jemanden vom Mannschaftsdeck dabeizuhaben. Doch Wilson schien Evans’ Zuverlässigkeit in Stresssituationen angezweifelt zu haben. Ehe Atkinson zurückgekehrt war, hatten die beiden Mediziner gemeint, dass von allen Seeleuten Lashly die beste Wahl für den Pol wäre. Im Nachhinein glaubte auch Cherry-Garrard, dass Lashly hätte gehen sollen.
    Was Oates anbelangte, so musste ein weiterer Faktor berücksichtigt werden: Sein Auftritt am Pol würde dem Militär einen Anteil am Ruhm einräumen. Wilson hatte Atkinson mitgeteilt: »Scott war darauf erpicht, dass [Oates] weiterging, er wollte einen Repräsentanten des Militärs [dabeihaben].« 5 Scott kam es niemals in den Sinn, dass Oates überhaupt nicht darauf erpicht sein könnte. Doch Oates hatte Teddy Evans gesagt, sein persönlicher Ehrgeiz gehe nur dahin, den höchsten Punkt des Beardmore zu erreichen. Er rechnete nicht damit, für die Reise nach Süden ausgewählt zu werden, und hatte, obwohl er es nicht offen aussprach, zu dieser Zeit wahrscheinlich wenig Lust,

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