In den eisigen Tod
Treffpunkt ein. Wilson notierte, dass sie schrecklich hungrig waren – dies war eine Folge des Schlittenziehens, und was das bedeutete, wurde im Hinblick auf die Zukunft nicht richtig eingeschätzt. Sie hatten sich damit amüsiert, The Pickwick Papers zu lesen, und sahen, wie Teddy Evans es ausdrückte, mit ihren Haaren und Bärten voller Rentierhärchen, die aus ihren Schlafsäcken stammten, so aus, als hätten sie gerade einen »Stierkampf in einer Scheune« hinter sich. Sie erhielten die Anweisung, der Hauptgruppe voran zu marschieren und in Abständen Steinhaufen als Wegmarken zu errichten und Lagerplätze auszuwählen.
Scott war jetzt zu dem Schluss gekommen, dass es für die Ponys leichter wäre, sich tagsüber, wenn die Temperaturen höher waren, auszuruhen, und nachts, wenn der stärker gefrorene Boden eine für sie günstigere Auftrittfläche bieten würde, zu marschieren. Die Hunde, die in bester Form waren und von Meares und Dimitri getrieben wurden, folgten hinterher, aber die Ponys hatten nach wie vor große Mühe, und Scotts Stimmung verdüsterte sich. Oates verglich Scotts Gesicht mit »einem müden Seestiefel«. Am 24. November wurde das erste Pony erschossen – ein Ereignis, das Scott als traumatisch empfand und dem er nicht beiwohnen konnte. Oates, der schoss, hielt es für einen brutalen Akt, während Bowers versuchte, sich zu trösten: »Ein Jahr Pflege und gutes Futter, drei Wochen Arbeit bei guter Behandlung ... und dann ein schmerzloses Ende. Sollte das irgend jemand grausam finden, kann ich es weder verstehen noch gutheißen.«
Day und Hooper wurden jetzt nach Cape Evans zurückgeschickt und nahmen einen Schlitten und zwei kranke Hunde mit. Atkinson schloss sich den Männern an, die die Schlitten selbst zogen. Zwei Tage später wurde das Middle-Barrier-Depot angelegt, doch sie kamen über den weichen Boden des Ross-Schelfeises nur enttäuschend langsam voran; zudem war die Landschaft eintönig und deprimierend. Am 28. November wurde ein weiteres Pony erschossen, und sein Treiber, Wright, übernahm nun selbst das Schlitten ziehen. Es waren nur noch acht Ponys übrig.
Am nächsten Tag überschritt die Gruppe den südlichsten Punkt, den Scott 1902 erreicht hatte, und ihre Stimmung hob sich. Nunmehr trennten sie weniger als 130 Kilometer vom Beardmore-Gletscher, und vor ihnen lagen noch die dramatischen Gipfel des Mount Markham. Was ihnen ebenfalls Auftrieb gab, war die Tatsache, dass ihr hoosh jetzt um das Fleisch der Ponys bereichert wurde. Der Hunger hatte inzwischen die Oberhand über die Sentimentalität gewonnen, und das frische Fleisch lieferte ihnen die Vitamine, an denen es ihrer Kost üblicherweise fehlte. Sie hatten keinen Zitronensaft mitgenommen – Atkinson hatte während des Winters einen Vortrag über Skorbut gehalten, und Debenham hatte dazu in seinem Tagebuch vermerkt: »Obwohl das Vorkommen von Skorbut in der Marine abgenommen hat, seit Zitronensaft zum Bestandteil der Rationen gemacht wurde, herrscht allgemein die Ansicht vor, dass Zitronensaft selbst kein vorbeugendes Mittel ist.« Sie zogen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ungefähr dreieinhalb Kilometern in der Stunde weiter, aber die Ponys mussten durch kniehohen Schnee stapfen. Am 1. Dezember wurde das Southern-Barrier-Depot angelegt, und Oates tötete erneut ein Pony.
Bowers schrieb bezeichnenderweise in sein Tagebuch: »Meares und Dimitri zerlegen das ganze Fleisch, denn die Hunde erledigen den gesamten Marsch in drei Stunden, und für den Rest des Tages haben die beiden wenig anderes zu tun. Die Hunde leisten Hervorragendes; wenn man sieht, wie gut unsere beiden Teams waren, muss ich sagen, dass Amundsens Chancen, uns mit seinen 120 Hunden zuvorzukommen, gut stehen.«
Während sie mit dem Rest der Ponys nach wie vor nur stückchenweise vorankamen, bemerkte Scott, von welch entscheidender Bedeutung Schneeschuhe sein konnten: »Zweifellos sind diese Schneeschuhe die Sache für Ponys ...« Hier stellt sich die Frage, warum die Wintermonate, insbesondere nach der Erfahrung auf der Reise, auf der die Vorratslager errichtet wurden, nicht für einen Versuch genutzt wurden, irgendwelche effizienten Schneeschuhe zu fabrizieren. Darüber hatte man nach einem von Oates’ Vorträgen über den Umgang mit Pferden diskutiert, aber es scheint wenig getan worden zu sein. Vielleicht misstraute Oates im Grunde immer noch den Schneeschuhen und hielt sie bloß für eine Marotte des pingeligen Scott.
Sie näherten sich
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