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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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weiterziehen. Teddy Evans beschrieb, wie Oates während des Schneesturms einen Großteil der Zeit hinter einer Mauer angewehten Schnees kauernd verbrachte, um bei seinen Ponys zu sein: »Wir mussten nach dem Blizzard über ihn lachen, als er das eiskalte Wasser aus seinen Kleidern wrang. Der Sack mit seinen persönlichen Sachen war in einem entsetzlichen Zustand. Sein durchweichter Tabak hatte alles verfärbt, und als er seine Ersatzsocken und -handschuhe ausdrückte, rann eine Menge nikotingefärbten Wassers heraus.« 16 Doch trotz seiner Bemühungen konnten die Ponys, die bis zum Bauch im Schnee standen, kaum noch taumeln und mussten mit der Peitsche angetrieben werden – eine Aufgabe, die die Männer grässlich fanden. Am selben Abend tötete Oates an einer Stelle nahe dem Gletscherzungenrand, die passenderweise Shambles Camp genannt wurde, das letzte der Ponys. Wilsons Erleichterung war mit Händen zu greifen. »Gott sei Dank ... wir übernehmen nun selbst die schwerere Arbeit« – ein Gefühl, das Amundsen schon deshalb unverständlich gefunden hätte, weil immer noch drei Viertel ihrer Reise vor ihnen lag. Der unsentimentale und vollkommen pragmatische Norweger hatte seine Pläne nämlich bis ins letzte Detail ausgearbeitet: »In meinen Kalkulationen habe ich genau den Tag errechnet, an dem ich einen Hund töten würde, weil dann seine Nützlichkeit beim Ziehen der abnehmenden Vorräte auf den Schlitten enden und seine Nützlichkeit als Nahrungslieferant für die Menschen beginnen sollte.« 17
    Scott teilte jetzt seine Leute für den Aufstieg auf den Beardmore-Gletscher in drei schlittenziehende Teams auf. Er selbst nahm Wilson, Oates und Unteroffizier Evans in seine Gruppe auf. Teddy Evans zog mit Atkinson, Wright und Lashly weiter. Scott hatte die Geduld mit Teddy Evans verloren, weil er glaubte, dass dieser sein Team nicht tipptopp in Ordnung halte und ihr immer langsameres Vorankommen auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen sei. Bowers teilte Scotts Meinung und bemerkte, dass es ihm leid tue, an Evans ein Nachlassen seiner Kräfte feststellen zu müssen. Doch Evans vertrat mit einigem Recht den Standpunkt, dass er und seine Mannschaft schon viel länger als irgend jemand sonst Schlitten zögen und dass es daher ganz natürlich sei, wenn sie über ein geringeres Durchhaltevermögen verfügten. Bowers, Cherry-Garrard, Crean und Keohane bildeten die dritte Gruppe und sollten die Lasten gemeinsam ziehen. Das war eine aufreibende Sache. Die schweren Schlitten bei diesem warmen Wetter durch den tiefen nassen Schnee zu ziehen, war eine so schweißtreibende Arbeit, dass einige der Männer nur Unterhemden trugen. Die milden Temperaturen bedeuteten auch, dass die Schneebrillen schnell beschlugen und ständig trocken gewischt werden mussten. Diejenigen, die auf sie verzichteten, litten zur Strafe unter Schneeblindheit. Dennoch wurde am 11. Dezember unterhalb des Gletschers das Lower-Glacier-Depot eingerichtet. Meares und Dimitri kehrten nun mit den Hunden nach Hause zurück. Bowers hatte noch am Tag zuvor gemeint: »Die Hunde sind wunderbar in Form und werden ihn und Dimitri in Windeseile zurückbringen.« Cherry-Garrard teilte diese Meinung und schrieb, dass Amundsen sich offensichtlich für die richtigen Transportmittel entschieden hatte.
    Meares hatte einen Brief von Scott an Kathleen bei sich:
    »Die Dinge sind nicht so rosig, wie sie sein könnten, aber wir sind guten Mutes und sagen uns, dass sich das Glück wieder wenden muss. Bislang allerdings zeigt jede Wende, welch außergewöhnlich großes Glück Shackleton hatte. Damit will ich Dir nur sagen, dass ich mit dem Rest wie auch mit den alten Zeiten Schritt halten kann und dass ich an Dich denke, wann immer ich meine müden Glieder in meinem sehr bequemen Schlafsack ausstrecke. – P.S. Der Gedanke an Dich ist sehr erfreulich.« 18
    Unterdessen setzte Kathleen ihre vielen gesellschaftlichen Aktivitäten in London mit großem Schwung fort und war genau »das Gegenteil der mitleiderregenden Strohwitwe«, als die Scott sie bezeichnete. 19 In Tagebüchern, die Scott zu lesen niemals die Chance haben sollte, schilderte sie solche Ereignisse wie einen Lunch mit H.G. Wells, einem »widerlichen kleinen Halunken«, den sie allerdings witzig und schlau fand, und Nansen, der ihr mit der Zeit immer treuer ergeben war und ihr schrieb: »Es ist schön zu wissen, dass es eine Frau gibt, die der, von der man immer geträumt hat, der man aber nie begegnet ist, so ähnlich

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