In den Faengen der Nacht
wirklich tun wollte, war, sie ein letztes Mal berühren und ihre weiche Haut spüren. »Es ist schon in Ordnung. Ich habe wirklich ein langes Leben gehabt.«
Susan spürte Tränen in ihren Augen brennen. Sie konnte nicht fassen, dass er das für sie tun wollte. Dass er sich selbst dazu verdammte, ein Schatten zu werden, nur um ihr das Leben zu retten.
Und in diesem Moment begriff sie, dass sie ihn wirklich liebte.
Mehr noch, sie wollte nicht leben, wenn er starb.
Der Daimon führte sie zum Fenster.
»Mach den Riegel auf, Susan«, sagte Paul höhnisch. »Dann kann Ravyn zu dir ans Fenster kommen und dir beim Rausklettern helfen.«
Sie zog die Vorhänge gerade weit genug zurück, um den Riegel öffnen zu können. Aber als sie das tat, durchschoss sie ein Gedanke. Sie wusste, wie sie beide hier herauskommen könnten.
Wie sie Ravyn retten könnte.
»Ich hab es entriegelt«, sagte sie.
Terrence nickte und trat vom Fenster weg in eine sichere Ecke des Raumes neben Ben.
»Gut«, sagte Paul leise lächelnd, »jetzt geh, und genieße das Tageslicht, Dark-Hunter.«
Susans Herz hämmerte, als sie Ravyn spürte, wie er hinter sie trat. Sie schloss die Augen und genoss seine Stärke. Die Hitze seines Körpers wärmte sie.
Und ihre Überzeugung wuchs.
»Ich weiß, dass ich dich gerade erst getroffen habe, Susan«, flüsterte Ravyn ihr ins Ohr. »Aber ich glaube, ich liebe dich.«
Sie blieb, die Hand auf dem Riegel, stehen, und eine Welle von Ärger durchflutete sie. Sie starrte ihn über die Schulter hinweg an. »Du glaubst es? Du glaubst , dass du mich liebst? Du weißt es nicht?«
Er war völlig verblüfft und schaute sie verärgert an. »Warum bist du so wütend? Ich werde hier sterben … für dich. Und zwar stilvoll.«
»Dann könntest du einfach tot umfallen und den Mund nicht mehr aufmachen, um mich stinkwütend zu machen! Du glaubst es? Glauben? Was ist das? Offenbar ist es nur eine Wunschvorstellung, denn wenn du auch nur eine Sekunde nachgedacht hättest, dann hättest du gewusst, dass es mich aufregen würde!« Sie hätte ihn am liebsten wirklich umgebracht, packte den schweren Vorhang, und bevor irgendjemand begriff, was sie tat, zerrte sie mit aller Kraft an ihm.
Die Gardinenstange wurde aus der Wand gerissen. Noch immer wütend auf den Kerl hinter ihr, trat sie zurück, damit der Vorhang über Ravyn fallen und ihn schützen konnte, während der Raum vom Tageslicht geflutet wurde.
Die beiden Daimons schrien vor Schmerzen, als sie vom Licht getroffen wurden, und gingen beide in Flammen auf. Susan hielt sich die Hand vor die Augen. Wenn sie doch nur auch ihre Nase hätte schützen können! Der Gestank von verbranntem Fleisch war ekelerregend.
Und in weniger als einer Minute waren die beiden tot, schwarze, schwelende Haufen Asche auf dem grünen Perserteppich.
»Ben!«, schrie Paul gequält. »Nein!« Er stürzte sich auf sie. »Du verdammte Hure! Dafür bring ich dich um.«
In diesem Moment warf sich Ravyn, jetzt in Leopardengestalt, auf ihn. Die beiden trafen hart auf dem Boden auf. Ravyn versetzte Paul einen heftigen Schlag gegen die Schulter.
Paul rollte zur Seite, kam auf die Füße und hielt den verletzten Arm fest, dann rannte er ins nächste Zimmer und auf die Treppe zu, und Ravyn sprang hinter ihm die Stufen hinauf.
Susan folgte ihnen und blieb stehen, als ein riesenhafter Mann aus den Schatten am obersten Absatz der Treppe trat. Er trug Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover und eine Motorradjacke. Ravyn hielt auf halbem Weg die Treppe hinauf inne, während Paul weiterrannte und sich neben den Mann stellte.
»Stryker«, keuchte er und wies auf die beiden, »töte sie!«
Als er den Namen des Daimons nannte, klappte Susan die Kinnlade herunter. Das war also ihr berüchtigter Anführer, den Nick erwähnt hatte. Groß und schmal, mit kurzem, pechschwarzem Haar und einer schwarzen Sonnenbrille sah er nicht aus wie die anderen Daimons, die alle blond waren.
Aber auch so bot er einen Ehrfurcht gebietenden Anblick. Es ging eine Aura von brutaler, kalter Macht von ihm aus. Er hatte ein Auftreten, das besagte, dass er sich auf Grausamkeit freute und dass er wegen des Blutes hier war.
Und es ging um ihr Blut.
Ravyn verwandelte sich zurück in Menschengestalt und rief Kleidung herbei, dann trat er dem Daimon mit grimmigem Gesicht entgegen.
»Warum sollte ich sie töten wollen?«, fragte Stryker Paul gelangweilt.
Pauls Zorn verwandelte sich in Verwirrung. »Er ist ein Dark-Hunter. Tod allen
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